Im Dezember 2008 hatte die Kinderkrippe "Baby Loup" eine Mitarbeiterin entlassen, die sich geweigert hatte, ihren Ganzkörperschleier abzulegen. Sie klagte gegen die Entscheidung und erhielt in verschiedenen Instanzen Recht. An diesem Donnerstag dürfte die Generalstaatsanwaltschaft empfehlen, der Aufhebung der Entlassung nicht Folge zu leisten.
Nicht mehr lange, und es wird hier keine Kinderstimme mehr zu hören sein. Der Schriftzug "Baby Loup" auf der blauen Betonwand am Eingang wird nach 22 Jahren verschwinden, die Kinderkrippe wird umziehen. "Zu viel Druck zu viele Beschimpfungen", hatte die Belegschaft im Frühjahr befunden.
Der Neuanfang soll im Nachbarort geprobt werden. Auch dort will die private Einrichtung rund um die Uhr für die Kleinsten der Kleinen und ihre Eltern, vor allem aber für die vielen alleinerziehenden Mütter, da sein – in jedem Notfall. Und Notfälle sind an der Tagesordnung in diesen östlichen Vororten von Paris, die zu den ärmsten Frankreichs zählen.
Nicht mehr lange, und es wird hier keine Kinderstimme mehr zu hören sein. Der Schriftzug "Baby Loup" auf der blauen Betonwand am Eingang wird nach 22 Jahren verschwinden, die Kinderkrippe wird umziehen. "Zu viel Druck zu viele Beschimpfungen", hatte die Belegschaft im Frühjahr befunden.
Der Neuanfang soll im Nachbarort geprobt werden. Auch dort will die private Einrichtung rund um die Uhr für die Kleinsten der Kleinen und ihre Eltern, vor allem aber für die vielen alleinerziehenden Mütter, da sein – in jedem Notfall. Und Notfälle sind an der Tagesordnung in diesen östlichen Vororten von Paris, die zu den ärmsten Frankreichs zählen.
Mitarbeiterin weigerte sich Ganzkörperschleier abzulegen
Der Umzug wird organisiert, obwohl eine Schadensersatzdrohung über der Kinderkrippe schwebt. Im Dezember 2008 hatte die Leitung der Einrichtung eine Mitarbeiterin entlassen, die sich geweigert hatte, ihren Ganzkörperschleier abzulegen.
Die Frau mit marokkanischen Wurzeln, die sich im Laufe der Jahre zu einer strenggläubigen Muslimin entwickelt hatte, klagte gegen ihre Entlassung, bekam zunächst von der französischen Antidiskriminierungsbehörde und später auch vor dem Kassationshof Recht. Die Krippe sei in privater Trägerschaft und unterliege damit nicht dem Prinzip der Laizität, sei also nicht der religiösen Neutralität verpflichtet, argumentierten beide Institutionen. Aber schon da war die Anwältin der Klägerin, Julie Gyon, vorsichtig: "Man kann die Sache nicht als definitiv entschieden ansehen."
Die Frau mit marokkanischen Wurzeln, die sich im Laufe der Jahre zu einer strenggläubigen Muslimin entwickelt hatte, klagte gegen ihre Entlassung, bekam zunächst von der französischen Antidiskriminierungsbehörde und später auch vor dem Kassationshof Recht. Die Krippe sei in privater Trägerschaft und unterliege damit nicht dem Prinzip der Laizität, sei also nicht der religiösen Neutralität verpflichtet, argumentierten beide Institutionen. Aber schon da war die Anwältin der Klägerin, Julie Gyon, vorsichtig: "Man kann die Sache nicht als definitiv entschieden ansehen."
Fall spaltet Frankreichs Gerichtsbarkeit
Und sie sollte Recht behalten. Die Anwälte der Gegenseite, die Vertreter der Kinderkrippe, bemühten die Berufungsinstanzen. Heute werden sich die Juristen dort äußern und womöglich für eine mittlere Sensation sorgen, denn der führende Staatsanwalt deutet an, dass er der Sichtweise des Kassationshofes nicht folgen will.
"Theoretisch", sagt der Anwalt der Kinderkrippe, Richard Malka, "muss das Berufungsgericht dem Kassationshof folgen, aber es hat immer auch die Möglichkeit Widerstand zu leisten." Damit wäre Frankreichs Gerichtsbarkeit in diesem Fall so gespalten wie die Gesellschaft. Auf der einen Seite die schleiertragende Mitarbeiterin, die sich diskriminiert sieht, mit allen Eltern, die für ihre Kinder Halal-Fleisch und das Einhalten der Gebetszeiten in der Krippe gefordert hatten.
Auf der anderen Seite die nicht muslimischen Familien und die Leitung der Einrichtung, die auf das Einhalten der Laizitäts-Regeln pochen. Letztere haben mit der Philosophin Elisabeth Badinter eine prominente Fürsprecherin gefunden: "Die Entscheidung vor dem Berufungsgericht heute geht weit über die Angelegenheiten einer einzelnen Kinderkrippe hinaus"," sagte sie im französischen Rundfunk. ""Die Laizität und unsere Art des Umgangs damit stehen auf dem Spiel."
"Theoretisch", sagt der Anwalt der Kinderkrippe, Richard Malka, "muss das Berufungsgericht dem Kassationshof folgen, aber es hat immer auch die Möglichkeit Widerstand zu leisten." Damit wäre Frankreichs Gerichtsbarkeit in diesem Fall so gespalten wie die Gesellschaft. Auf der einen Seite die schleiertragende Mitarbeiterin, die sich diskriminiert sieht, mit allen Eltern, die für ihre Kinder Halal-Fleisch und das Einhalten der Gebetszeiten in der Krippe gefordert hatten.
Auf der anderen Seite die nicht muslimischen Familien und die Leitung der Einrichtung, die auf das Einhalten der Laizitäts-Regeln pochen. Letztere haben mit der Philosophin Elisabeth Badinter eine prominente Fürsprecherin gefunden: "Die Entscheidung vor dem Berufungsgericht heute geht weit über die Angelegenheiten einer einzelnen Kinderkrippe hinaus"," sagte sie im französischen Rundfunk. ""Die Laizität und unsere Art des Umgangs damit stehen auf dem Spiel."
Kleinkinder nicht mit Ideologie belasten
Die Institutionen der Republik, beklagt Badinter, gerieten immer stärker unter den Druck religiöser Gruppierungen, nicht nur muslimischer. Aber gerade Kleinkinder dürften mit so viel Ideologie nicht belastet werden. Keine Religion habe das Recht, die Regeln des Laizitäts-Gesetzes von 1905 auszuhebeln, das die Trennung von Staat und Kirche festschreibt.
Und auch das Gesetz von 2004, mit dem das zur Schau stellen religiöser Symbole an Frankreichs öffentlichen Schulen verboten wurde, funktioniere, aber es reiche eben nicht mehr aus. Die Gesetzeslücke für private Einrichtungen müsse geschlossen werden. "Muss man immer wieder schrittweise zurückweichen, weil der Vorwurf der Islamophobie droht? Nein!"," sagt Badinter. ""Dass es immer heißt, 'wir brauchen' kein weiteres Gesetz, das speist die Erfolge von Marine Le Pen."
Und auch das Gesetz von 2004, mit dem das zur Schau stellen religiöser Symbole an Frankreichs öffentlichen Schulen verboten wurde, funktioniere, aber es reiche eben nicht mehr aus. Die Gesetzeslücke für private Einrichtungen müsse geschlossen werden. "Muss man immer wieder schrittweise zurückweichen, weil der Vorwurf der Islamophobie droht? Nein!"," sagt Badinter. ""Dass es immer heißt, 'wir brauchen' kein weiteres Gesetz, das speist die Erfolge von Marine Le Pen."
Religiöse Symbole an Schulen nicht erlaubt
Denn die Franzosen wüssten, meint die Philosophin, dass in manchen Schulen, den Krankenhäusern, in Unternehmen Dinge vor sich gingen, die nicht im Einklang mit den Regeln der Republik stünden. Entsprechend würden sie ihre Stimmen an der Wahlurne den Rechtsextremen geben, sollten die Institutionen der Republik nicht reagieren.
Zum Beginn des neuen Schuljahres hatte Frankreichs Bildungsminister in allen öffentlichen Schulen eine Charta verteilen lassen. Darin musste die Regierung schriftlich klarstellen, dass religiöse Symbole verboten seien und auch niemand das Recht habe, aus religiösen Gründen dem Unterricht fern zu bleiben. Eine Antwort auf alltägliche Auseinandersetzungen in den Klassenräumen.
Diese Charta des Bildungsministers begrüße sie, sagte Elisabeth Badinter, aber der Fall der Kinderkrippe "Baby Loup" zeige, dass der Gesetzgeber darüber hinaus gefordert sei. Vor den Kommunalwahlen wolle zwar niemand das heiße Eisen anfassen. Umso mehr sei es ein Erfolg, sollte sich das Berufungsgericht heute gegen den Kassationshof stellen und damit die Entlassung der verschleierten Frau für rechtens erklären.
"Das ist in erster Linie ein Sieg für die Republik"," eilt der Anwalt der beklagten Kinderkrippe der Entscheidung voraus. ""Es kann sich nur jeder republikanische Gesinnte freuen, wenn die Verantwortlichen im Staat die Laizitäts-Regeln achten."
Weitere Informationen zum Thema finden Sie bei Deutschlandradio.de:
Frankreichs Probleme mit dem Burkaverbot
Zum Beginn des neuen Schuljahres hatte Frankreichs Bildungsminister in allen öffentlichen Schulen eine Charta verteilen lassen. Darin musste die Regierung schriftlich klarstellen, dass religiöse Symbole verboten seien und auch niemand das Recht habe, aus religiösen Gründen dem Unterricht fern zu bleiben. Eine Antwort auf alltägliche Auseinandersetzungen in den Klassenräumen.
Diese Charta des Bildungsministers begrüße sie, sagte Elisabeth Badinter, aber der Fall der Kinderkrippe "Baby Loup" zeige, dass der Gesetzgeber darüber hinaus gefordert sei. Vor den Kommunalwahlen wolle zwar niemand das heiße Eisen anfassen. Umso mehr sei es ein Erfolg, sollte sich das Berufungsgericht heute gegen den Kassationshof stellen und damit die Entlassung der verschleierten Frau für rechtens erklären.
"Das ist in erster Linie ein Sieg für die Republik"," eilt der Anwalt der beklagten Kinderkrippe der Entscheidung voraus. ""Es kann sich nur jeder republikanische Gesinnte freuen, wenn die Verantwortlichen im Staat die Laizitäts-Regeln achten."
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