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Gewässerschutz
Schüler engagieren sich als "Plastikpiraten"

Die Plastikbelastung in Meeren und Flüssen nimmt jedes Jahr dramatisch zu - auch deutsche Gewässer sind betroffen. Mit dem Projekt "Plastikpiraten" sollen nun Schülerinnen und Schüler für das Problem sensibilisiert werden. Dabei legen sie auch selbst Hand an: Mit feinmaschigen Netzen fischen sie in Flüssen nach Mikroplastik und sammeln Müll am Ufer ein.

Von Johannes Kulms | 16.09.2016
    Plastikmüll am Strand
    Plastikmüll in und an Gewässern belastet zunehmend die Umwelt. (dpa/ picture alliance/ Lars Halbauer)
    Der Falckensteiner Strand ist der längste Badestrand von Kiel. Er liegt auf dem westlichen Ufer der Förde - dem im Zentrum endenden Meeresarm der Ostee.
    Wenn es warm wird, kann es am Falckensteiner Strand auch schnell mal etwas voller werden. Doch wie viel Müll bleibt dann eigentlich zurück – zusätzlich zum angetriebenen von Meeresseite? Und wie verteilt er sich am Strand? Das wollten Acht- und Neuntklässner des Friedrich-Schiller-Gymnasiums Preetz an diesem Morgen herausfinden.
    "Wir haben neun Kreise eingezeichnet: Drei ganz nah am Wasser, drei weiter weg und drei ganz weit weg, also wo kein Wasser ist", erklärt Neuntklässler Kenneth. Jeder Kreis hatte einen Durchmesser von drei Metern. Und jeder Müllrest innerhalb dieses Kreises, der größer als einen halben Zentimeter war, wurde aufgesammelt und in eine Tabelle eingetragen.
    Strand ist dreckiger als voher angenommen
    "Und dabei ist herausgekommen, dass im mittleren Abschnitt, der halt ab und zu mal Kontakt zum Wasser hat, wo die meisten Leute liegen, dass da mit Abstand am meisten Müll liegt."
    Die Unterrichtseinheit am Strand hat auf jeden Fall etwas gebracht, meint Kenneths Schulkameradin aus der 8. Klasse, die die Ergebnisse überraschend fand.
    "Es hat halt gezeigt, wie viel Müll eigentlich wirklich am Strand liegt. Und auch, wenn man das auf den ersten Blick nicht sieht und denkt, der Strand ist sauber und wirklich auch mal nach Müll sucht, dann findet man schon einiges."
    Mit ihrer Arbeit haben die Preetzer Schülerinnen und Schüler an diesem Vormittag den Startschuss gegeben für die Jugendaktion "Plastikpiraten – Das Meer beginnt hier". Die Ergebnisse sollen Eingang finden in die Forschung. Die Müll-Recherche erfolgt im Rahmen des Wissenschaftsjahres Meere und Ozeane, ausgerufen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Ministerialdirigent Wilfried Kraus hat den Berliner Schreibtisch zumindest für ein paar Stunden verlassen und ist an die Förde gereist. Er meint: Die Plastikpiraten seien mehr als nur eine PR-Aktion. Sondern ein gelungenes Beispiel für Citizen-Science.
    "Also, erstmal ist es so, dass die Schülerinnen und Schüler eine gewisse Art oder Methodik wissenschaftlicher Arbeit lernen – das ist schon mal ganz wichtig, dass sie den Wert lernen. Und dass sie auch lernen, dass sie eine ganz relevante Arbeit machen."
    Nicht nur an der Kieler Förde – deutschlandweit sollen tausende Schülerinnen und Schüler in den nächsten zwei Monaten in und an Fließgewässern nach Plastikmüll Ausschau halten. Denn anders als am Meer sei die Verteilung von Plastikmüll in den Flüssen noch recht wenig erforscht, sagen die Initiatoren.
    Die Ergebnisse werden anschließend in eine digitale Karte eingetragen und zusammen mit der "Kieler Forschungswerkstatt" wissenschaftlich ausgewertet.
    Hoffung auf mehr Nachwuchs in der Wissenschaft
    Die Aktion soll die Jugendlichen für die Umweltprobleme sensibilisieren. Aber sie könnte aus Sicht von Headhuntern auch einen anderen wichtigen Effekt erzielen, meint Kathrin Knickmeier von der Kieler Forschungswerkstatt. Die Meeresbiologin arbeitet bereits seit 2012 mit Schülerinnen und Schülern am Plastikthema.
    "Das Thema Meere und Ozeane ist ein Thema, womit man Schülerinnen und Schüler sehr gut erreichen kann. Und wir benutzen dieses Thema auch, um ihnen Naturwissenschaften nahe zu bringen. Weil sie dadurch den naturwissenschaftlichen Erkenntnisweg durch die Teilnahme an solchen Projekten sehr schön kennenlernen können. Und natürlich hoffen wir auch auf Nachwuchs. Für Naturwissenschaften begeistern ist auch ein Thema."
    Kristine Pape zumindest erscheint hochzufrieden. Die Preetzer Bio- und Geografie-Lehrerin nippt an einer Flasche Limo und blickt auf die Förde.
    "Ich glaube, was in der Schule viel zu kurz kommt häufig ist, dass man wirklich Wissenschaft mitgestaltet, miterlebt. Also, wie funktioniert Forschung, wie funktioniert Wissenschaft. Wir reden sehr viel darüber aber das wirklich Miterleben kommt einfach zu kurz."
    Papes Schülerinnen und Schüler haben sich als künftiges Forschungsobjekt die Schwentine ausgesucht – der Fluss mündet in die Kieler Förde – und enthält sicherlich auch einiges an Plastik.