
In Berlin kommt der Internationalen Gewerkschaftsbund zu seinem dritten Weltkongress zusammen, die Schweizer stimmen über die Einführung eines Mindestlohns von 18 Euro ab: An diesem Wochenende scheint sich eine neue Stärke der Arbeitnehmerbewegung nach Jahren der Krise zu manifestieren. Doch weiterhin schwinde der Einfluss der klassischen Institutionen des sogenannten "demokratischen Klassenkampfes", sagt der Jenaer Arbeitssoziologe Klaus Dörre. Da organisierte, regulierte Arbeitsverhältnisse immer mehr auf dem Rückzug seien, nehme auch der Einfluss von Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und Tarifverträgen ab.
Doch zugleich nehmen "nicht-normierte" Konflikte außerhalb der sozialstaatlichen Regelungen zu, sagt Dörre mit Blick auf soziale Konflikte in Ländern wie Indien, Südafrika, Brasilien und auch China. Ebendort, im sich rasant kapitalistisch wandelnden China, dem Land mit der größten Gewerkschaft der Welt, werde sich die Zukunft der Arbeiterbewegung entscheiden, glaubt Dörre.

Für den Attac-Berater und das Mitglied im Institut der Solidarischen Moderne stehen für die europäischen Gewerkschaften große Aufgaben auf der Agenda: Wie darauf reagieren, dass in südeuropäischen Ländern die Mehrheit der Arbeitnehmer inzwischen nur noch prekär beschäftigt wird? Wie lässt sich Solidarität transnational organisieren? Mit Lohnforderungen allein würden hiesige Gewerkschaften große Gruppen der Gesellschaft nicht mehr erreichen, so Dörre.
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