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Josef Terhalle betreibt ein Holzbauunternehmen in Ahaus-Ottenstein. Schon seit vielen Jahren ermutigt er seine Auszubildenden, im Ausland Erfahrungen zu sammeln. Den Ausfall in der Austauschzeit kann der Betrieb gut verkraften und wenn die Lehrlingen wiederkommen, können sie ihre Erfahrungen in die Produktion einbringen. Das hilft auch der Firma, sagt der Chef.

Von Eva Bendix | 25.07.2009
    Braun gebrannte, muskulöse Arme schieben ein Holzbrett durch die heulende Säge. Die braunen Augen des 20-Jährigen verfolgen genau den Schnitt. Jens Gruber hat gerade seinen Gesellen als Zimmerer abgeschlossen. Dafür ließ er sich drei Jahre bei der Holzfirma Terhalle ausbilden. Zuvor hatte er als Realschüler ein Praktikum bei einem Architekten ausprobiert. Da wurde ihm schnell klar.

    "Jetzt, wo ich noch jung bin, muss ich nach draußen, kann mein Leben auf dem Bau genießen und danach, wenn ich älter bin und das mit den Knochen nicht mehr so gut verkrafte, vielleicht gehe ich dann aufs Büro."
    Ein junger Mann, der richtig anpacken und dabei auch Karriere machen will: Mit dreißig seinen Meister schaffen und sich dann selbstständig machen. Jens Gruber plant und handelt. So bewarb er sich im vergangenen Jahr beim EU-Projekt: grenzüberschreitende Verbundausbildung im Handwerk. Vier Monate seiner Lehrzeit verbrachte er in den Niederlanden.
    "Ich habe niederländisch gelernt. Das heißt, wenn wir demnächst auf einer niederländischen Baustelle sind, dass ich mich mit den Bauarbeitern auch besser verständigen könnte. Ansonsten, die Arbeiten waren ziemlich die gleichen, ich habe nicht viele andere Sachen gelernt."
    Da die Austauschfirma in den Niederlanden so schnell keine Bleibe für ihn finden konnte, klemmte Jens Grube kurzerhand das Campingmobil seines deutschen Chefs an sein Auto und schlief darin.

    Sein Chef, Josef Terhalle, geht gern mal ungewöhnliche Schritte, wenn es seinen Auszubildenden und letztendlich auch seinem Betrieb hilft.

    "Ich frag die, wie es ihnen gefallen hat und dann kommen die Äußerungen zurück, was den meisten sehr gut gefallen hat und was extrem schlecht gewesen ist. Und dadurch ziehe ich für meinen Betreib auch Rückschlüsse, wo man noch dran arbeiten kann. In den Niederlanden zum Beispiel ist es so das gewesen, dass Arbeiten mehr vorbereitet werden als hier in Deutschland und wir nehmen das als Ansporn, dass wir gewissen Arbeiten auch mehr in die Werkstatt verlagern und die Baustellenzeiten damit verkürzen."

    Es ist nicht das erste Mal, dass Josef Terhalle einen Lehrling ermutigt, ins Ausland zu gehen. Seit fast 18 Jahren schickt der Chef seine Auszubildenden über die Grenze. Seinen Betrieb muss er während dieser Zeit nicht groß umorganisieren.

    "Wir haben sehr viele Lehrlinge hier, und wenn ein Lehrling mal ausfällt, dass überbrücken wir schon."
    Was Josef Terhalle an dem Austauschprojekt allerdings nervt, ist der bürokratische Aufwand.

    "Es wird gefördert von der EU und in Anführungsstrichen: Das bisschen Förderung wird quasi mit Verwaltung wieder aufgefressen."

    Dennoch lässt der Firmenchef immer wieder seine Lehrlinge Erfahrungen auf dem internationalen Parkett machen und öffnet im Gegenzug seine Tür für Austauschlehrlinge. Die kamen bislang aus Norwegen, Schottland Frankreich, Niederlanden und einmal sogar aus Japan.

    Betreut werden sie vom Zimmerermeister Georg Garming:

    "Sie bekommen den Betrieb gezeigt, wir kümmern uns um die Unterkunft und dann gehen die mit den Kolonnen zur Baustelle und sind da im Arbeitsgeschehen mit eingebunden. Wir hatten aktuell zwei französische Austauschlehrlinge hier, wobei der eine sehr gut Deutsch kann und der andere gen null. Und wir hatten versucht das zu komprimieren, dass die beiden zusammen auf der Baustelle waren und laut Aussage unserer Gesellen konnten die anschließend besser französisch, wie der Kollege deutsch."

    Georg Garming hatte auch seinen heimischen Lehrlingen ans Herz gelegt, ins Ausland zu gehen. Der eine sägte in einer Tischlerei in Frankreich, Jens Gruber in den Niederlanden.

    "Bei dem niederländischen Betrieb war der Ausbildungseffekt nicht allzu groß, weil da eine grundsätzlich andere Art der Fertigung ist. Bei dem Kollegen, der in Frankreich war, die Franzosen legen sehr viel Wert auf handwerkliche Ausführung, wo auch noch per Hand aufgezeichnet wird und da war der Lerneffekt schon erheblich."

    Trotz des unterschiedlichen Lerneffektes im Ausland, haben sie etwas gemeinsam mitgebracht.

    "Wesentlich selbstbewusster. Man kann bei beiden Probanden nicht sagen, dass sie schüchtern waren, Aber von der Ausstrahlung sind sie selbstbewusster geworden und gehen selbstbewusster an die Arbeit ran."