Ich befreite mich nun vollends von ihm, seinen elend langweiligen Gassi-Gängen und der noch elenderen Hundedecke auf seinem Bettvorleger. Der finale Befreiungsschlag gelang mir über ein geradezu biblisch tierisches Opfer: Ich fand über die HundeVZ-App einen Doppelgänger, keinen echten Pinscher, einen unter Depressionen leidenden herrenlosen Köter, steckte ihm mein altes HTC-Handy zwischen die Zähne und schubste ihn auf die Straße, wo ihn der 132er Bus seelenruhig, breit bereift unter sich nahm.
Ich habe dann mit Tara, meiner Freundin, der Labradorin, vom Busch aus zugesehen, wie Herrchen mich (also meinen Doppelgänger) samt Smartphone vom Asphalt kratzte. Tara sieht etwas besser als ich und meinte, er hätte wie ein Schlosshund geweint. Was, Tara, ist bitte ein Schlosshund?
Wir haben seitdem eine irre Zeit. Meistens treiben wir uns auf früher verbotenem Terrain herum, dem Friedhof. Aber ab und an packt uns das weitläufigere Abenteuer. Wir entern dann mittags, wenn das Sommergewitter den Himmel verdunkelt, den seit 100 Menschenjahren unten an der wunderschön duftenden Birke geparkten Audi und brausen sechszylindrig davon — die Labradorinnen wie eine Yin Yang-Form am Rücksitz ineinander verschlungen, ich vorn am Steuer.
Einmal haben wir vor lauter Übermut mein altes Herrchen per SMS zu einem Trip eingeladen. Dummerweise hatte er die Smartbrille von Tante Annie auf der Nase; so dachte er, die Reise wäre eine Täuschung, ein Trugbild virtueller Realität.
Zu diesem sehr wichtigen Thema können wir Hunde aus der Siedlung oben am Friedhof nur verkünden: Wir sind Gegner von Fake. Wir lieben das Echte, das Wilde, das analoge Digitale!