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GLS Bochum
Die weltweit erste Umweltbank

Am 12. August 1974 meldeten die Gründer der Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken ihr Institut im Genossenschaftsregister an. Damit konnte die erste sozial-ökologische Bank ihre Arbeit aufnehmen. Seit der Finanzkrise hat die GLS Bank mächtig Auftrieb bekommen.

Von Caspar Dohmen | 12.08.2014
    Der Propeller eines Windrades wird am 31.03.2014 nahe Visselhövede (Niedersachsen) montiert.
    Die GLS in Bochum legte nach dem Reaktorunglück 1986 in Tschernobyl den ersten Windkraftfonds auf. (picture alliance / dpa / Daniel Reinhardt)
    Pause bei der Generalversammlung der Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken, kurz GLS Bank. 4.000 Menschen sind am 13. Juni 2014 im RuhrCongress-Zentrum Bochum versammelt. Als Genossenschaftsmitglieder oder Kunden wollen sie wissen, was genau ihre Bank mit ihren Einlagen macht. Thomas Jorberg ist Chef der Alternativbank und fast von Anfang an dabei:
    "Naja, es gibt ja diesen alten Spruch: Also das Geld ist weder bös noch gut, es hängt davon ab, wie man es gebrauchen tut."
    Kurz nach der Gründung der GLS am 12. August 1974 begann er dort eine Lehre:
    "Zunächst mal sind wir 74 gegründet worden, und als eine Bank, die sowohl im sozialen als auch im ökologischen Bereich von Anfang an tätig war, und das Ziel hatte, das, was sie in der Finanzierung macht, ihren Kunden gegenüber transparent zu machen, sodass das Motiv der Anlage von Geld eben nicht nur der abstrakte Zinssatz ist, sondern das, was tatsächlich damit gemacht wird. Das war einmalig zu der Zeit und lange Zeit danach auch noch."
    Bürgschaftsmodelle als Vorgänger der Bank
    Eine von den anthroposophischen Ideen Rudolf inspirierte Gruppe und den Rechtsanwalt Wilhelm Ernst Barkhoff hatte jahrelang Waldorfschulen oder ökologisch wirtschaftende Bauern mit Bürgschaftsmodellen geholfen. Die Nachfrage wuchs - bald bedurfte es eines besonderen Geldinstituts. In drei Räumen des ehemaligen Restaurants gegenüber dem Schauspielhaus Bochum fand es eine erste Bleibe. Häufig diskutierten die Bankgründer und ihre Unterstützer bis in die frühen Morgenstunden über ihre ungewöhnlichen Konzepte, so Walter Burkhart, einer der ersten beiden Bankleiter:
    "Damals wurde halt gesagt, der Kunde kann selber wählen, wo es hingeht, also, kann sogar die Zinsen selber wählen."
    Aufschwung während der Umwelt- und Friedensbewegung
    Bis heute können Kunden auf Zinsen verzichten, also Zinsen verschenken und damit alternativen Projekten zu günstigen Krediten verhelfen. Inhaber eines Girokontos wählen aus, wofür die Bank deren Geld verwendet. Die Bank informiert ihre Kunden auch genau darüber, was sie mit allen anderen Einlagen macht: Sie listet zum Beispiel gewerbliche Kreditnehmer und deren Vorhaben detailliert auf. In den ersten Jahren kannten nur wenige Eingeweihte die Bank. Doch in den 1980er Jahren kam mit der Umwelt- und Friedensbewegung ein Aufschwung. Walter Burkhart:
    "Und damals war dann das erste Mal, dass Menschen gedacht haben, was ich da auf dem Sparkonto habe, bewirkt ja was, wofür ich dann eventuell gar nicht bin. Deshalb zieht das Geld von den Banken ab. Dann kam also Geld hierher."
    Zusammenschluss der Alternativbanken
    Nach dem Reaktorunglück 1986 in Tschernobyl legte die Bank den ersten Windkraftfonds auf. Zehn Jahre später half sie Bürgern im Schwarzwald bei der Gründung der Elektrizitätswerke Schönau - einer der heute führenden Ökostromanbieter. Verglichen mit Großbanken wie der Deutschen Bank ist die GLS ein Zwerg. Aber sie hat Verbündete: 2009 schlossen sich Alternativbanken aus aller Welt zur Global Alliance for Banking on Values zusammen. Bislang sind es 25.
    Sie kämpfen für einen fundamentalen Wandel im Bankensystem, fordern Transparenz, Nachhaltigkeit und Vielfalt und wehren sich gegen ein verbreitetes Klischee über Alternativbanken. Peter Blom, der Chef der niederländischen Triodos-Bank und Vorsitzender der Allianz:
    "Ja, das ist natürlich immer der Gedanke, das sind schöne Ideen, diese Alternativbanken, aber das kostet Geld."
    Das sei falsch, sagt Peter Blom am Rande einer Tagung auf eine Studie, die die Alternativbanken bei der Rockefeller-Stiftung in Auftrag gegeben haben:
    "Und wir haben nur die offiziellen Publikationen der Großbanken, der 25 größten Banken in der Welt, und diese Alternativbanken miteinander verglichen, und dann kommt man zu der erstaunlichen Konklusion, dass eigentlich die kleineren, nachhaltigen Banken, das relativ besser gemacht haben und viel stabiler gemacht haben."
    Optimismus für die Zukunft
    Ihr Geld verdienen die Alternativen mit der Finanzierung der realen Wirtschaft: Im Schnitt richten sie 72 Prozent ihrer Bilanzsumme als Kredite aus - Millionenkredite für regenerative Energieanlagen ebenso wie Mikrokredite für Bäuerinnen in Bangladesch. Bei den Großbanken waren es dagegen nur knapp 41 Prozent. Das nachhaltige Bankgeschäft werde sich durchsetzen, sagt Blom:
    "Ich glaube nicht, dass alle anderen Banken im nächsten Jahr das so machen, aber ich glaube das das, was wir heute machen in 20, 30 Jahren Mainstream ist."