Archiv

Glücksspielsucht
Hoffnung auf das große Geld und ihre Folgen

In Gaststätten, Dönerbuden oder Spielhallen stehen Automaten, die Münzgeld oder Scheine schlucken - und für einen kurzen Moment für das große Geld hoffen lassen. Dieser Moment der Hoffnung kann süchtig machen.

Von Christina Sartori |
    Es gibt verschiedene niedrigschwellige Hilfsangebote für Glücksspielsüchtige und ihre Angehörigen. Dr. Jörg Petry, Projektleiter für Bereiche pathologisches Glücksspiel und pathologischer PC-Internet-Gebrauch bei der allgemeinen Hospitalgesellschaft in Düsseldorf nennt einige:
    "Es fängt an bei Telefonhotlines, die gibt es bundesweit und in einzelnen Bundesländern, inzwischen auch auf Türkisch z. B., dann kommen Foren im Internet, unser Fachverband betreut so ein Forum. Und dann fängt schon an die Beratungsstellen, die ja kostenfrei sind, wo die Angehörigen und der Betroffene jederzeit auch kurzfristig einen Beratungstermin bekommt."
    Wurde die Glücksspielsucht ärztlich festgestellt, gibt es die Möglichkeit, sich behandeln zu lassen, notfalls sogar durch den mehrwöchigen Aufenthalt in einer Klinik. Noch besser wäre es aber, wenn man die Sucht durch Präventionsmaßnahmen verhindern könnte, sagt Jörg Petry, aber es mangelt am Geld:
    "Eigentlich sollte man ja Prävention machen, um das Problem zu verhindern und da gibt es keine systematische Finanzierung."
    Doch nicht nur das Geld ist ein Problem - es gibt auch kaum Studien dazu, welche Präventionsmaßnahmen wirklich sinnvoll sind, um Glücksspielsucht zu verhindern, bedauert Petry:
    "Dieses Gebiet ist natürlich wissenschaftlich sehr schwierig, das sind ja Wirkungen, die man langfristig erzielen will, und das sind auch Wirkungen, die sich auf die Einstellungen und das Wissen beziehen. Und wo es noch mangelt an guten Befunden. Da sind wir auch noch in den Anfängen."
    Aber gute Erfahrungen gibt es mittlerweile schon, berichtet Ilona Füchtenschnieder, Vorsitzende des Fachverbandes Glücksspielsucht. Zum Beispiel, wenn ehemalige Glücksspielsüchtige jungen Menschen ihre leidvolle Geschichte erzählen - dann ist das Interesse groß:
    "Diese Erfahrung haben wir gemacht und das nutzen wir auch: Dass Klienten, die die Sucht überwunden haben, eben in Schulklassen gehen, Jugendklubs gehen und das die dort erzählen, weil das hat einfach eine andere Authentizität."
    Außerdem ist für die Prävention die Beobachtung wichtig, dass mehr Automaten zu mehr Glücksspielern führen, erläutert Jörg Petry von der Hospitalgesellschaft in Düsseldorf:
    "Wir haben eine Korrelation zwischen Größe des Angebotes und Anzahl der Betroffenen, also Automatendichte korreliert mit der Anzahl der pathologischen Glücksspieler."
    Ilona Füchtenschnieder fasst diesen Zusammenhang mit einem bekannten Spruch zusammen:
    "Gelegenheit macht Diebe."
    Eine weitere Präventionsmöglichkeit, die sich in der Praxis bewährt hat, ist die Sperre: Wer glücksspielsüchtig ist, kann sich selber sperren lassen. Dazu reicht es, dass der Betroffene persönlich oder per Post einen Antrag stellt. Die Sperre gilt dann bundesweit in allen staatlichen Spielcasinos: unbefristet, mindestens aber ein Jahr.
    "Wir haben durch Gerichtsverfahren durchgesetzt, dass in den Spielbanken, in den Automatenkasinos, Ausweiskontrollen stattfinden. Seit dem das ist haben wir in den Beratungsstellen deutlich weniger Kasinospieler. Das ist ganz auffällig und da sieht man das strukturelle Prävention die sinnvollere Prävention ist."
    Diese Form der Prävention würde die Vorsitzende des Fachverbandes Glücksspielsucht e. V. gerne ausweiten:
    "Das müsste jetzt übertragen werden auf den Bereich der Spielhallen: Wir brauchen dringend das Sperrsystem auch für Spielhallen, das ich mich ausschließen kann, und dann hätten wir ein System wo die Betroffenen sich selbst auch schützen können."
    Obwohl es kaum Forschung zur wirkungsvollen Prävention von Glücksspielsucht gibt, zeigt die Erfahrung, dass es sinnvoll wäre, den Zugang zu Geldspielgeräten zu erschweren. Doch das durchzusetzen ist schwierig, schließlich verdient eine ganze Branche sehr gut an Geldspielgeräten. So bleibt es wohl erst mal bei der Erkenntnis: Durch einen Glücksspielautomaten wird nur einer reich: der Besitzer des Automaten.