Christoph Heinemann: Es gibt Zufälle und geplante Koinzidenzen. Pünktlich zum Start der weltgrößten Solarmesse, der Intersolar in München, über die wir dann auch ab 13:35 Uhr hier im Deutschlandfunk berichten werden, kommt der Vermittlungsausschuss des Bundestages zusammen, um über die Kürzung der Solarförderung in Deutschland zu diskutieren. Diese terminliche Überschneidung dürfte auf Zufall beruhen, eine andere vermutlich nicht. Heute meldet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", die Energiewirtschaft verlange 15 Milliarden Euro Schadenersatz für die Verluste, die ihnen der Ausstieg aus der Atomkraft beschere.
Mitgehört hat Josef Göppel, CSU-Bundestagsabgeordneter und Obmann der Union im Bundestagsausschuss für Umwelt und Reaktorsicherheit. Guten Tag.
Josef Göppel: Guten Tag!
Heinemann: Herr Göppel, haben Sie Verständnis für die Forderungen der Energiewirtschaft?
Göppel: Die Energieversorger werden kaum einen Parlamentarier finden, der für sie Verständnis hat, denn der Ausstieg aus der Atomenergie, den Frau Merkel gemacht hat, ist fast lupenrein derjenige, den Rot-Grün im Jahr 2000 gemacht hat, mit denselben Fristen, und die Kraftwerksbetreiber haben sich auf den rot-grünen Vertrag, den sie 2000 unterschrieben haben, eingestellt.
Heinemann: Nur, dass die Bundesregierung, die schwarz-gelbe, erst genau das Gegenteil gemacht hat, nämlich die Laufzeiten verlängert.
Göppel: Ja, aber die Laufzeitverlängerung hatte nur sechs Monate Bestand. Es kann niemand einem Gericht plausibel darlegen, dass in diesen sechs Monaten massive Veränderungen gegenüber dem zehnjährigen Vorlauf stattgefunden haben aus der rot-grünen Zeit. Deswegen halten wir die Forderungen für völlig unberechtigt.
Heinemann: Also der Wortbruch mit einer Frist von sechs Monaten ist kein Wortbruch?
Göppel: Dies kann nicht als Wortbruch bezeichnet werden, weil Investitionen in diesem Zeitraum auch nicht getätigt wurden.
Heinemann: Woher wissen Sie das?
Göppel: Die Investitionen müssten sichtbar gewesen sein. Es ist in keinem deutschen Kraftwerkstandort in diesen sechs Monaten eine sichtbare Investition geschehen.
Heinemann: Wie nennt man das, wenn man "hü" sagt und "hott" macht?
Göppel: Die Ereignisse in Japan haben im Deutschen Bundestag, auch in der Mehrheit in der Koalition, in der Mehrheit der Fraktionen das Umdenken damals bewirkt. Ich persönlich hatte auch schon gegen die Verlängerung im Jahr 2010 votiert. Das spielt hier aber keine Rolle. Es hat dieses grundlegende Umdenken gegeben im Hinblick auf Sicherheitsaspekte für die deutsche Bevölkerung.
Heinemann: Herr Göppel, Rot-Grün war vergleichsweise verlässlich.
Göppel: Ich sage noch mal: Das was Frau Merkel eingeleitet hat, ähnelt bis aufs Detail in den Fristen für die restlichen Laufzeiten dem rot-grünen Vertrag, den Schröder und Fischer mit der Kernkraftwirtschaft gemacht haben, und daraus können keine Schadenersatzforderungen erwachsen, weil die Kernkraftwirtschaft das damals selbst unterschrieben hat.
Heinemann: Wieso hat Frau Merkel dann die Laufzeiten erst verlängert?
Göppel: Dies ging zurück auf die Ankündigungen in der Bundestagswahl. Es hat sich dann eine Mehrheit gebildet dafür. Man wollte Zeit gewinnen für die Energiewende, das war das Motiv für die Verlängerung. Aber man hat dann gesehen, dass auch der Aufwuchs der erneuerbaren Energien schneller vonstatten geht. In diesem Zusammenhang muss ich auch erwähnen, dass die bisherigen Subventionen für die Atomenergie sich auf 7,5 Cent für jede Kilowattstunde belaufen. Das ist noch mehr als doppelt so viel, als heute mit 3,5 Cent für die erneuerbaren Energien in Frage steht.
Heinemann: Wo wir gerade über Geld reden, Herr Göppel, die Unternehmen der Energiewirtschaft mussten ja für die Laufzeitverlängerung in den Förderfonds für erneuerbare Energien einzahlen. Sollte ihnen wenigstens dieses Geld erstattet werden?
Göppel: Das ist in der Diskussion. Entscheidend ist aber die betriebswirtschaftliche Betrachtung jedes einzelnen Unternehmens und seiner Situation.
Heinemann: Sprechen wir über die Solarförderung. Die Bundesregierung sagt, wir wollen mehr erneuerbare Energien, deshalb kürzen wir jetzt die Förderung derselben. Können Sie uns die innere Logik dieser Aussage bitte erklären?
Göppel: Die Solarenergie ist die beliebteste erneuerbare Energie. Das hat seinen Grund darin, dass sie sehr kleinteilig angewendet werden kann auf Hausdächern auch in den Städten, und dass die Solarenergie eine Technik ist, die einmal installiert keine Mühe mehr macht. Da dreht sich nichts, da ist wenig Instandhaltungsaufwand nötig und man hat ein Stück Unabhängigkeit in der eigenen Stromversorgung. Das heißt, der Erfolg, die Installation der Solarenergie ist so rasch vorangeschritten, dass man die Tagesspitzen nun brechen muss in der Mittagszeit, genau darin liegt das Problem, für eine bessere Integration in den gesamten Strommarkt.
Heinemann: Herr Göppel, in Italien subventioniert der Staat Stromkunden, die sich europäische Solaranlagen aufs Dach montieren. Wieso fördert die Bundesregierung auch die chinesische Solarindustrie?
Göppel: Es gibt bei uns in den Unions-Parteien eine Reihe von Leuten, die genau das für richtig halten – ich auch. Wenn ein unlauterer Wettbewerb vorliegt, also seitens der Chinesen, dann ist es gerechtfertigt, dass die Europäer sich dagegen wehren. Die Amerikaner haben ja übrigens wegen des unlauteren Wettbewerbs Zollaufschläge von über 100 Prozent auf chinesische Solarzellen nun erhoben.
Heinemann: Und die kommen irgendwann auch in Deutschland?
Göppel: Ich hoffe sehr, dass die Europäische Kommission dieses Verfahren jetzt einleitet, denn wir Deutsche allein können das nicht machen, das muss an der EU-Außengrenze geschehen.
Heinemann: Josef Göppel (CSU), er ist Bundestagsabgeordneter und Obmann der Union im Bundestagsausschuss für Umwelt und Reaktorsicherheit. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
Göppel: Gerne! Auf Wiederschauen!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mitgehört hat Josef Göppel, CSU-Bundestagsabgeordneter und Obmann der Union im Bundestagsausschuss für Umwelt und Reaktorsicherheit. Guten Tag.
Josef Göppel: Guten Tag!
Heinemann: Herr Göppel, haben Sie Verständnis für die Forderungen der Energiewirtschaft?
Göppel: Die Energieversorger werden kaum einen Parlamentarier finden, der für sie Verständnis hat, denn der Ausstieg aus der Atomenergie, den Frau Merkel gemacht hat, ist fast lupenrein derjenige, den Rot-Grün im Jahr 2000 gemacht hat, mit denselben Fristen, und die Kraftwerksbetreiber haben sich auf den rot-grünen Vertrag, den sie 2000 unterschrieben haben, eingestellt.
Heinemann: Nur, dass die Bundesregierung, die schwarz-gelbe, erst genau das Gegenteil gemacht hat, nämlich die Laufzeiten verlängert.
Göppel: Ja, aber die Laufzeitverlängerung hatte nur sechs Monate Bestand. Es kann niemand einem Gericht plausibel darlegen, dass in diesen sechs Monaten massive Veränderungen gegenüber dem zehnjährigen Vorlauf stattgefunden haben aus der rot-grünen Zeit. Deswegen halten wir die Forderungen für völlig unberechtigt.
Heinemann: Also der Wortbruch mit einer Frist von sechs Monaten ist kein Wortbruch?
Göppel: Dies kann nicht als Wortbruch bezeichnet werden, weil Investitionen in diesem Zeitraum auch nicht getätigt wurden.
Heinemann: Woher wissen Sie das?
Göppel: Die Investitionen müssten sichtbar gewesen sein. Es ist in keinem deutschen Kraftwerkstandort in diesen sechs Monaten eine sichtbare Investition geschehen.
Heinemann: Wie nennt man das, wenn man "hü" sagt und "hott" macht?
Göppel: Die Ereignisse in Japan haben im Deutschen Bundestag, auch in der Mehrheit in der Koalition, in der Mehrheit der Fraktionen das Umdenken damals bewirkt. Ich persönlich hatte auch schon gegen die Verlängerung im Jahr 2010 votiert. Das spielt hier aber keine Rolle. Es hat dieses grundlegende Umdenken gegeben im Hinblick auf Sicherheitsaspekte für die deutsche Bevölkerung.
Heinemann: Herr Göppel, Rot-Grün war vergleichsweise verlässlich.
Göppel: Ich sage noch mal: Das was Frau Merkel eingeleitet hat, ähnelt bis aufs Detail in den Fristen für die restlichen Laufzeiten dem rot-grünen Vertrag, den Schröder und Fischer mit der Kernkraftwirtschaft gemacht haben, und daraus können keine Schadenersatzforderungen erwachsen, weil die Kernkraftwirtschaft das damals selbst unterschrieben hat.
Heinemann: Wieso hat Frau Merkel dann die Laufzeiten erst verlängert?
Göppel: Dies ging zurück auf die Ankündigungen in der Bundestagswahl. Es hat sich dann eine Mehrheit gebildet dafür. Man wollte Zeit gewinnen für die Energiewende, das war das Motiv für die Verlängerung. Aber man hat dann gesehen, dass auch der Aufwuchs der erneuerbaren Energien schneller vonstatten geht. In diesem Zusammenhang muss ich auch erwähnen, dass die bisherigen Subventionen für die Atomenergie sich auf 7,5 Cent für jede Kilowattstunde belaufen. Das ist noch mehr als doppelt so viel, als heute mit 3,5 Cent für die erneuerbaren Energien in Frage steht.
Heinemann: Wo wir gerade über Geld reden, Herr Göppel, die Unternehmen der Energiewirtschaft mussten ja für die Laufzeitverlängerung in den Förderfonds für erneuerbare Energien einzahlen. Sollte ihnen wenigstens dieses Geld erstattet werden?
Göppel: Das ist in der Diskussion. Entscheidend ist aber die betriebswirtschaftliche Betrachtung jedes einzelnen Unternehmens und seiner Situation.
Heinemann: Sprechen wir über die Solarförderung. Die Bundesregierung sagt, wir wollen mehr erneuerbare Energien, deshalb kürzen wir jetzt die Förderung derselben. Können Sie uns die innere Logik dieser Aussage bitte erklären?
Göppel: Die Solarenergie ist die beliebteste erneuerbare Energie. Das hat seinen Grund darin, dass sie sehr kleinteilig angewendet werden kann auf Hausdächern auch in den Städten, und dass die Solarenergie eine Technik ist, die einmal installiert keine Mühe mehr macht. Da dreht sich nichts, da ist wenig Instandhaltungsaufwand nötig und man hat ein Stück Unabhängigkeit in der eigenen Stromversorgung. Das heißt, der Erfolg, die Installation der Solarenergie ist so rasch vorangeschritten, dass man die Tagesspitzen nun brechen muss in der Mittagszeit, genau darin liegt das Problem, für eine bessere Integration in den gesamten Strommarkt.
Heinemann: Herr Göppel, in Italien subventioniert der Staat Stromkunden, die sich europäische Solaranlagen aufs Dach montieren. Wieso fördert die Bundesregierung auch die chinesische Solarindustrie?
Göppel: Es gibt bei uns in den Unions-Parteien eine Reihe von Leuten, die genau das für richtig halten – ich auch. Wenn ein unlauterer Wettbewerb vorliegt, also seitens der Chinesen, dann ist es gerechtfertigt, dass die Europäer sich dagegen wehren. Die Amerikaner haben ja übrigens wegen des unlauteren Wettbewerbs Zollaufschläge von über 100 Prozent auf chinesische Solarzellen nun erhoben.
Heinemann: Und die kommen irgendwann auch in Deutschland?
Göppel: Ich hoffe sehr, dass die Europäische Kommission dieses Verfahren jetzt einleitet, denn wir Deutsche allein können das nicht machen, das muss an der EU-Außengrenze geschehen.
Heinemann: Josef Göppel (CSU), er ist Bundestagsabgeordneter und Obmann der Union im Bundestagsausschuss für Umwelt und Reaktorsicherheit. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
Göppel: Gerne! Auf Wiederschauen!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.