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Golf
Abschlagen, putten, studieren

Seit diesem Wintersemester kann man an der Deutschen Sporthochschule in Köln Golf studieren. Der Studiengang soll Golfexperten mit wissenschaftlicher Ausbildung hervorbringen. Bisher klafft in der Ausbildung dort noch eine Lücke. Doch der Golfsport in Deutschland scheint eine Sättigung erreicht zu haben.

Von Arne Lichtenberg | 21.02.2015
    Golftrainer Jörg Fronczak gibt auf der Driving Range Instruktionen.
    Golftrainer Jörg Fronczak gibt auf der Driving Range Instruktionen. (Arne Lichtenberg - Deutschlandradio )
    Jörg Fronczak beobachtet die Abschläge seiner Schülerin auf der Driving Range. Aus dem Augenwinkel kontrolliert er immer wieder die zwei Monitore, auf denen die Weite und der Winkel des geschlagenen Balles angezeigt werden. Im Anschluss an den Abschlag kann er seiner Schülerin dann auf einem großen Flachbildschirm die Fehler ihres Schlages im Video aufzeigen. Seit 20 Jahren ist Fronczak schon als Trainer unterwegs. Erfahrungen hat er u.a. in Golfanlagen in Niedersachsen, Brandenburg oder Spanien gesammelt. Dennoch drückt er seit einigen Wochen wieder die Schulbank. Aus eigenem Interesse an der persönlichen Weiterbildung und weil sich der Golfmarkt verändert.
    "Der Markt wird immer umkämpfter. Eigentlich müssen wir alles können. Wir müssen Ahnung haben von betriebswirtschaftlichen Dingen, wir müssen Ahnung haben von organisatorischen Dingen, wir müssen Golfkompetenz haben, wir müssen soziale Kompetenz haben, wir müssen fachliche Kompetenz haben. All das ist ein hoher Anforderungscharakter, der da auf einen zukommt."
    14.400 Euro Investition für die berufliche Zukunft
    Neben seiner Tätigkeit als Golfcoach widmet sich Fronzcak während des Semesters in zwei bis drei Präsenzwochen seinem Studium. Der gesamte Master-Studiengang dauert sechs Semester und kostet stolze 14.400 Euro. Eine Investition, die sich für Fronczak lohnen soll. Denn er sieht noch einiges an Nachholbedarf bei seiner Sportart, von dem auch er bei seiner täglichen Arbeit profitieren will. "Wenn ich in anderen Sportarten schaue: Fußball, Tennis, Leichtathletik, Skifahren, da gibt es schon seit Jahrzehnten Lehrpläne, die sind eigentlich die Basis für das tägliche Handwerkszeug für die Professionals und für alle, die im Golflehrwesen unterwegs sind. Sowas gibt es im Golf seit geraumer Zeit, aber noch nicht so sehr im Umfang, wie es in anderen Sportarten gibt."
    Wolfgang Ritzdorf ist verantwortlich für den neuen Golf-Studiengang an der Sporthochschule. Er hat daran mitgewirkt, dass Golf für die Sportstudierenden seit über sechs Jahren als praktische Sportart angeboten wird. In Gesprächen mit dem Deutschen Golfverband und der Professional Golfers Association ergab sich dann die Idee für den neuen Weiterbildungsmaster. "Wir hatten schon Interesse daran, in einer Sportart mal exemplarisch so einen Master-Studiengang aufzulegen, und dann war eine Überlegung natürlich, wo gibt es auch einen Markt für sowas? Denn Leute auszubilden und nachher gibt es keine Beschäftigungsmöglichkeiten, hielten wir dann doch nicht für so vielversprechend."
    Aus mehreren Gründen sei die Entscheidung so auf Golf gefallen, sagt Ritzdorf. Auch weil die Sportart bei den nächsten Olympischen Spielen in Rio 2016 wieder dabei sein wird. Was in naher Zukunft neue Entwicklungen nach sich ziehen werde. Außerdem gebe es im wissenschaftlichen Bereich noch jede Menge weiße Flecken. "Zum Beispiel Konditionstraining im Golf. Das ist ein Bereich, der noch sehr wenig bearbeitet ist. Auch im Bereich der Neurowissenschaften, Technikerwerbs im Golf, der biomechanischen Betreuung im Golf, also da ist noch ganz viel Feld unbearbeitet."
    Erste Sättigungstendenzen im Golf zu erkennen
    Doch ob die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften im Golfsport in Zukunft da sein wird, darf aufgrund der jüngsten letzten Zahlen des Deutschen Golfverbandes bezweifelt werden. Im Vergleich zum Jahr 2012 wuchsen die Mitgliedszahlen in 2013 nur noch um 0,4 Prozent. Und auch neue Golfplätze gab es kaum noch. Es sind also erste Sättigungstendenzen zu erkennen. Doch Golftrainer Jörg Fronczak schreckt das nicht ab. Die Golfbranche sei heutzutage sehr viel vielseitiger als noch vor zehn oder 15 Jahren. "Heutzutage kommt der ein oder andere auch in der Golftourismusbranche unter, der andere geht ins Golfmarketing, der andere wiederum ins Merchandise oder den Verkauf. Ich selber kenne zwei oder drei Kollegen, die tatsächlich dann auch bei Schlägerherstellern arbeiten und dort ihre berufliche Zukunft finden."
    Der Masterabschluss soll den Absolventen helfen, sich besser auf die vielseitigeren Anforderungen des Marktes einzustellen. Auch Hanna Baum-Proske will davon profitieren. Die 32-Jährige reizt vor allem der wissenschaftliche Anspruch des Studiums. Als fully qualified Golf Professional hat sie zwar alle Qualifizierungsstufen für Golftrainer durchlaufen, aber noch keinen akademischen Abschluss. Der Weiterbildungsmaster bietet ihr die Möglichkeit, dies jetzt nachzuholen.
    Golflehrerin Hanna Baum-Proske auf dem Golfplatz
    Golflehrerin Hanna Baum-Proske belegt Golf als Studienfach. (Arne Lichtenberg - Deutschlandradio)
    Promotion in Golf scheint möglich
    "Mich interessiert vornehmlich auch die Arbeit an der Universität. Ich könnte mir gut vorstellen, im wissenschaftlichen Bereich dann auch weiterzuarbeiten. Ich durfte im letzten Jahr schon eine Studie hier mit begleiten im Kölner Golfclub, die wir zusammen in Kooperation mit der Deutschen Sporthochschule gemacht haben und werde das sicherlich nutzen, um dann nicht nur auf der Driving Range zu stehen, sondern auch in anderen Bereichen mitwirken zu können."
    Eventuell will Hanna Baum-Proske nach Abschluss des Studiengangs noch promovieren. Sie wäre dann ein Doktor Golf. Das wäre dann erneut komplettes Neuland für den Golfsport.