Montag, 29. April 2024

Archiv

Google
Rohleder: Nur bei Missbrauch Eingriff der EU notwendig

Nur beim Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung müsse und dürfe es für Google auch Sanktionen geben, sagte Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands BITKOM, im Deutschlandfunk. Hingegen sei Google sein herausragender Markterfolg nicht vorzuwerfen, sagte er über die Planungen des Europaparlaments für schärfere Aufsicht über Suchmaschinen.

Bernhard Rohleder im Gespräch mit Sandra Schulz | 28.11.2014
    Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer IT-Verband BITKOM e.V., aufgenommen am 11.07.2013 während der ZDF-Talksendung "Maybrit Illner"
    Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des IT-Verbandes BITKOM (picture alliance / dpa / Karlheinz Schindler)
    Silvia Engels: Über die Resolution des EU-Parlaments, Betreiber von Internet-Suchmaschinen gegebenenfalls aufzuspalten, sprach meine Kollegin Sandra Schulz gestern mit Bernhard Rohleder. Er ist Hauptgeschäftsführer des Verbandes BITKOM. Der vertritt über 2200 Unternehmen der digitalen Wirtschaft. Sie fragte, ob diese Resolution Konsequenzen haben wird, obwohl sie nicht bindend ist.
    Bernhard Rohleder: Ich gehe fest davon aus, dass die Resolution insofern Konsequenzen hat, als sich die öffentliche Meinung unter anderem auch daran ausrichtet, sich damit auch ändern wird, und dass natürlich die Europäische Kommission sich von den Argumenten, die das Europäische Parlament vorgetragen hat, nicht wird vollständig lösen können, selbst wenn sie es wollte, was bislang unbekannt ist.
    Sandra Schulz: Inwiefern, meinen Sie, wird sich die öffentliche Meinung ändern?
    Rohleder: Das Europäische Parlament hat ja schon für Aufmerksamkeit gesorgt. Wir haben derzeit ohnehin eine Debatte in Deutschland, aber auch in vielen anderen Ländern der EU um die Frage des Datenschutzes, um die Frage von Marktmonopolen, und insofern wird hier zusätzliche Aufmerksamkeit auf diese Phänomene gerückt, gelegt. Und damit wird sicherlich auch die öffentliche Debatte wieder befeuert.
    Schulz: Und Sie meinen, die Verbraucher wenden sich dann von Google eher ab?
    Rohleder: Verbraucher verhalten sich häufig ganz anders, als sie das in Meinungsumfragen angeben. Wir haben das sehr schön gesehen bei studiVZ. Das war ein deutsches Netzwerk, das mit die besten Datenschutz-Grundeinstellungen hatte. Und trotzdem haben Verbraucher massenhaft studiVZ verlassen - das gibt es mittlerweile nicht mehr - und sind zu Facebook gewandert. Das Bewusstsein und das eigene praktische Handeln unterscheiden sich hier doch recht häufig.
    Schulz: Dann verstehe ich Sie aber zwischen den Zeilen richtig, dass Sie den Vorstoß aus Brüssel vom EU-Parlament jetzt richtig finden?
    Marktbeherrschende Stellung darf nicht missbraucht werden
    Rohleder: Wir sind der Meinung, dass marktbeherrschende Stellungen, wenn so eine vorliegt, nicht missbraucht werden dürfen. Und hier läuft ohnehin derzeit ein Verfahren bei der Europäischen Kommission, bei der Wettbewerbskommissarin. Und dieses Verfahren, das muss sehr aufmerksam mach vorne getrieben werden. Man sollte sich auch nicht zu sehr unter politischen Druck setzen lassen an dieser Stelle. Es muss sehr sorgfältig auch jetzt abgewogen werden. Und wenn die Europäische Kommission und wenn die Wettbewerbsbehörden zu dem Schluss kommen, dass marktbeherrschende Stellung erstens vorliegt und zweitens missbraucht wird, dann muss sie auch tätig werden.
    Schulz: Das Verfahren läuft ja jetzt schon seit mehreren Jahren. Brauchen Sie als Branche da nicht auch schneller Klarheit?
    Rohleder: Ja. Die Branche entwickelt sich extrem schnell weiter und die Situation, die wir heute haben, ist eine ganz andere als die, die wir vor drei Jahren hatten. Insofern wünschen wir uns natürlich, dass die Politik hier erstens schneller agiert, aber dass sie auch nicht überhastend agiert, sondern sehr sorgfältig abwägt. Und das ist gerade jetzt, wo es um die Frage geht, insbesondere inwieweit Suchmaschinen eigene Angebote gegenüber den Angeboten von Wettbewerbern, die mit Suchmaschinen gar nichts zu tun haben, bevorzugt, das muss man sich ganz genau anschauen. Und dann müssen im Fall eines Missbrauchs auch Konsequenzen gezogen werden.
    Schulz: Google hat ja einen Marktanteil von 85 Prozent. Kann es da überhaupt Zweifel daran geben, dass das eine marktbeherrschende Stellung ist?
    Rohleder: Die Anteile von Google in den unterschiedlichen Angeboten, die Google hat - Google bietet ja auch Betriebssysteme zum Beispiel für mobile Endgeräte an -, sind jeweils differenziert zu betrachten. Am höchsten ist er im Bereich der Suchmaschinen. In Deutschland liegt Google hier bei 91 Prozent, das ist eine sehr starke Stellung. Aber es gibt auch Alternativen zu Google. Und das ist letztlich eine Frage, wer bietet das beste Angebot im Markt. Und wenn die Kunden der Meinung sind, dass das Google tut, dann ist Google dafür zunächst mal nicht zu kritisieren.
    Schulz: Warum - das wollte ich Sie gerade fragen - hat das Unternehmen denn in Europa diese Marktmacht? Sind die Konkurrenten hier in Europa so schwach? In den USA ist der Marktanteil zum Beispiel niedriger.
    Google in Europa herausragend erfolgreich
    Rohleder: Google hat sich hier in Europa herausragend erfolgreich aufgestellt, das seit einigen Jahren schon. Und insofern ist das eine Mischung aus erstens gutem Marketing und zweitens aber auch einem guten Produkt. Und diese Mischung hat zu diesem wirklich herausragenden Markterfolg geführt, wozu man Google auch wirklich beglückwünschen darf.
    Schulz: Aber wenn Google die mit großem Abstand meistgenutzte Suchmaschine, wenn die das verbindet mit dem Angebot kommerzieller Dienste, ist das nicht auch per se der Missbrauch, der jetzt kritisiert wird?
    Rohleder: Die Frage ist nicht, ob das verbunden wird, die Suchmaschine mit eigenen kommerziellen Diensten, sondern ob diese Dienste diskriminierend anderen, alternativen, konkurrierenden Diensten gegenüber bevorzugt werden. Das ist die entscheidende Frage, mit der sich die Europäische Kommission und die Wettbewerbsbehörden auseinandersetzen müssen. Die Frage ist noch nicht beantwortet und insofern will ich dem jetzt hier auch gar nicht vorgreifen, sondern wenn dieser Missbrauch vorliegt, dann muss gehandelt werden. Wenn er nicht vorliegt, dann darf aber auch nicht gehandelt werden.
    Engels: Ein Interview von Sandra Schulz mit Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Verbandes BITKOM.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.