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Goppel: Die jetzige Situation beschädigt das Amt des Bundespräsidenten

Die Entscheidung, ob er zurücktreten soll oder nicht, könne dem Bundespräsidenten niemand abnehmen, sagt der ehemalige CSU-Generalsekretär Thomas Goppel. Es lägen sehr viele unaufgeklärte Sachverhalte vor. Die Art und Weise der Auseinandersetzung gehe ihm "auf den Keks".

Thomas Goppel im Gespräch mit Christoph Heinemann | 17.02.2012
    Christoph Heinemann: Und am anderen Telefon ist Thomas Goppel, Mitglied des bayrischen Landtages und ehemaliger CSU-Generalsekretär. Guten Morgen!

    Thomas Goppel: Guten Morgen!

    Heinemann: Muss Christian Wulff zurücktreten?

    Goppel: Die Entscheidung kann ihm niemand abnehmen, das wissen wir auch alle. Diejenigen, die ständig da hinterher sind, dass er es möglichst bald tut, tragen ihren Teil dazu bei, dass der Druck ständig erhöht wird. Unabhängig davon, dass auch ich wie jeder andere auch sagt, es kann nicht sein, dass so viele unaufgeklärte Sachverhalte vorliegen, bei denen man dann am Ende immer mehr oder immer weniger Vertrauen verspürt gegenüber einer Persönlichkeit, die dieses Vertrauen auch ausstrahlen muss, ob sie mag oder nicht. Und von daher ist die logische Schlussfolgerung vieler nicht geklärter Tatbestände, dass man dann irgendwann diesem Druck nicht standhalten kann. Aber bitte nicht alles ganz allein bei dem, der keine Antwort gibt im Moment, aus welchem Grund auch immer. Denn wenn ich nachzähle und überprüfe, dann werden täglich neu alte Sachverhalte neu miteinander kombiniert und immer wieder dafür gesorgt, dass der Druck sich immer noch mehr erhöht. Und der Kessel ist nicht nur deswegen heiß, weil er auf einer Flamme steht, sondern weil die Flamme ständig anders angefacht wird.

    Heinemann: Herr Goppel, hat Christian Wulff das Amt beschädigt?

    Goppel: Die Situation, die wir jetzt im Augenblick diskutieren, beschädigt das Amt von A bis Z. Und dabei ist immer nicht nur einer schuld, sondern es sind immer mehrere. Und Anlass dafür zu sagen, dass hätte es so nicht gebraucht, und dieses jetzt einseitig alles jetzt auf die eine Person zu legen, die natürlich weiß, dass das im Prinzip ihre Entscheidung ist, wie es geht, weil auch die Verfassung beziehungsweise unsere Grundordnung dazu vorsieht, selbst zurücktreten oder nicht, das entbindet die anderen nicht von ihrer Verantwortung. Ich mache ausdrücklich den Unterschied zwischen Verantwortung und Schuld, ja, damit wir uns da richtig verstehen.

    Heinemann: Herr Goppel, wäre ein zweiter vorzeitiger Rücktritt eines Bundespräsidenten eine Niederlage für Angela Merkel?

    Goppel: Die Personen sind in dem Fall in dem Zusammenhang, die anderen Personen, schon gar kein Problem. Das ist eine Niederlage für unsere Art und Weise, mit solchen Ämtern umzugehen. Und wie gesagt, mich stört, weil das immer wieder im Thema ist, wenn mit dem Finger auf einen gezeigt wird, zeigen immer drei Finger auf einen selbst zurück. Da ist jeder eine ganze Portion mit dabei. Und die Art und Weise der Auseinandersetzung der letzten Wochen geht sicher nicht nur mir auf den Keks.

    Heinemann: Inwiefern?`

    Goppel: Ich finde, dass wir in einer solchen Geschichte nicht so miteinander umgehen und diskutieren können. Es bleibt alleweil der Druck, der ständig um den Bundespräsidenten sich weiter erhöht, und das nimmt auch jeder billigend in Kauf, der immer wieder mit einem alten Vorwurf neu auf den Tisch kommt. Das, was gestern Abend jetzt der Auslöser für die momentane Diskussion ist, ist nichts Neues. Es ist lediglich die Feststellung, dass man an dieser Position nicht weiterkommt, ohne dass jemand was erklärt. Das ist richtig, diese Erklärung muss sein. Wenn die Erklärung nicht anders geht, als durch den Rücktritt, liegt die Entscheidung beim Bundespräsidenten.

    Heinemann: Herr Goppel, ganz kurz, eine Frage zum Schluss.

    Goppel: Ich durchschaue jedoch nicht bei der Art und Weise der Diskussion. Die Diskussion, die jetzt im Moment geführt wird, ist, dass Sie alle schon Kommentare zu etwas sprechen, was nicht da ist, das finde ich nicht gut.

    Heinemann: Ganz kurz, einen Namen, wem trauen Sie das Amt zu?

    Goppel: Auch das ist nicht die Frage, die wir jetzt miteinander bewältigen. Erst gilt die Frage zu stellen, ob wir sie haben, die Frage.

    Heinemann: Thomas Goppel, Mitglied des bayrischen Landtages und ehemaliger CSU-Generalsekretär. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören!

    Goppel: Danke!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.