Heinlein: Am Telefon nun Wolfgang Götz. Er ist der Vorsitzende der Deutschen Parkinson-Vereinigung. Guten Tag.
Götz: Guten Tag.
Heinlein: Herr Götz, Parkinson gehört zu den Krankheiten, die, so sagen manche Forscher, mit Hilfe der Gentechnik behandelt werden können. Wie groß sind denn Ihre Hoffnungen?
Götz: Unsere Hoffnungen sind sehr gedämpft, denn bei Parkinson ist ja das Hauptproblem, dass bisher die eigentliche Ursache der Krankheit noch nicht bekannt ist. Deshalb sind alle Versuche, durch irgendwelche Genmanipulationen oder eben auch durch bestimmte Zellveränderungen Heilungen zu erzeugen, ein Schritt zu kurz gesprungen, denn jede Zelle, die dem Patienten auf irgendeinem Weg zugeführt wird, wird dem gleichen Schädigungsmechanismus ausgesetzt sein wie die ursprüngliche Zelle, und von daher werden sich bestenfalls, so jedenfalls unsere Erwartungen, temporäre Besserungen ergeben, aber keine Heilung, weil wir die Ursache noch nicht kennen.
Heinlein: Zu kurz gesprungen, sagen Sie, sei diese Diskussion. Wie weit sollte man denn in dieser Diskussion springen?
Götz: Vor allen Dingen sollte man in dieser Diskussion sehr sachlich bleiben und keine zu großen Hoffnungen bei den Patienten erwecken. Es ist derzeit ein ganz großes Problem in der Diskussion, und wir stehen auf dem Standpunkt, dass vor allen Dingen die Versachlichung auch dazu beitragen muss, dass die Forschung an adulten Stammzellen keineswegs in den Hintergrund treten darf. Die Diskussion um den Import embryonaler Stammzellen ist unserer Meinung nach aus einer Reihe von Gründen zu sehr hochgespielt worden. Wir sind im Prinzip gegen Forschung an embryonalen Stammzellen, mit Ausnahme der Embryos, die aus der Fortpflanzungsmedizin sozusagen über sind und ohnehin - man kann es nicht anders sagen - weggeworfen würden. Das wäre ein pragmatischer Kompromiss, aber das Schwergewicht liegt für uns auf der Forschung mit adulten Stammzellen. Da fördern wir auch bereits verschiedene Arbeitsgruppen.
Heinlein: Also, verstehe ich Sie richtig: Welche Entscheidungen erwarten Sie denn heute vom Nationalen Ethikrat und dann anschließend im Januar von den politischen Parteien? Sollten Sie embryonale Stammzellen importieren, ja oder nein?
Götz: Wie gesagt, wir sind im Prinzip gegen den Import von embryonalen Stammzellen, weil es aus der Fortpflanzungsmedizin diese übrig gebliebenen Embryonen ja auch in Deutschland gibt. Die müsste man nicht importieren. Ansonsten sollte das Schwergewicht, und damit auch eben das Geld für die Forschungsförderung, durch die Stammzellen angelegt werden.
Heinlein: Wie bewerten Sie nun die ethischen Bedenken der Gentechnik-Gegner, die sagen, embryonale Stammzellen sind Leben, an denen nicht geforscht werden darf, so oder so?
Götz: Für uns beginnt mit der Vereinigung von Eizelle und Samen das Leben, und von daher setzt eben auch da der Schutz ein.
Heinlein: In der letzten Woche in den USA gab es auf das erste Klonen eines menschlichen Embryonen hin viel Kritik in Deutschland. Ist dies auch für Sie ein Tabubruch, trotz möglicher Hoffnungen auf Heilungen Ihrer und anderer schwerer Krankheiten?
Götz: Es ist eindeutig ein Tabubruch und für mich ist der Homunkulus aus Faust dann nicht mehr weit weg, und ich denke, wir sollten als Wissenschaftler nicht alles tun, was wir tun können.
Heinlein: Ist denn die Meinung, die Sie hier heute vertreten, Mehrheit in Ihrer Vereinigung und bei anderen Vereinigungen, etwa Alzheimer oder Diabetes?
Götz: Ich kann nicht für die anderen Verbände sprechen. Bei uns ist es so, dass wir die Diskussion auf breiter Ebene führen. Das, was ich hier vorgetragen habe, ist die im Vorstand der Deutschen Parkinson-Vereinigung erarbeitete Position, die wir allerdings noch mit unserem ärztlichen Pendant, mit der Deutschen Parkinson-Gesellschaft, diskutieren werden. Wir haben sie dort vorgebracht, und das Ziel ist, dass die Parkinson-Gemeinschaft, also der Patientenverband, die DPV und der ärztliche Verband, die Deutsche Parkinson-Gesellschaft, möglichst eine einheitliche Position in der Öffentlichkeit vertreten.
Heinlein: Aber zu dieser einheitlichen Position gehört auch, dass ein Verbot der Forschung, ein generelles Verbot der Gentechnik aus Ihrer Sicht der falsche Weg ist?
Götz: Ein generelles Verbot der Forschung wäre mit Sicherheit der falsche Weg, denn es muss Grenzen geben, die auch gemeinsam erarbeitet und akzeptiert werden müssen, denn dazu ist eben auch der internationale Verbund inzwischen viel zu eng. Wenn die Bundesrepublik isoliert ein Verbot an diesen Forschungsthemen beschließen würde, gebe es diese Möglichkeit, das zu umgehen. Von daher sind wir gezwungen - und ich halte es in diesem Fall auch für einen Gewinn -, die Diskussionen eben auf breiter Ebene, auch z.B. mit den Amerikanern und innerhalb der Europäischen Union zu führen. Nur wenn wir zu gemeinsam getragenen Entscheidungen kommen, besteht auch die Hoffnung, dass sie auf breiter Ebene durchgesetzt werden können.
Heinlein: Heute Mittag hier im Deutschlandfunk, Herr Wolfgang Götz. Er ist der Vorsitzende der Deutschen Parkinson-Vereinigung. Herr Götz, ich danke für das Gespräch und auf Wiederhören.
Götz: Auf Wiederhören.
Link: Deutsche Parkinson-Vereinigung
Götz: Guten Tag.
Heinlein: Herr Götz, Parkinson gehört zu den Krankheiten, die, so sagen manche Forscher, mit Hilfe der Gentechnik behandelt werden können. Wie groß sind denn Ihre Hoffnungen?
Götz: Unsere Hoffnungen sind sehr gedämpft, denn bei Parkinson ist ja das Hauptproblem, dass bisher die eigentliche Ursache der Krankheit noch nicht bekannt ist. Deshalb sind alle Versuche, durch irgendwelche Genmanipulationen oder eben auch durch bestimmte Zellveränderungen Heilungen zu erzeugen, ein Schritt zu kurz gesprungen, denn jede Zelle, die dem Patienten auf irgendeinem Weg zugeführt wird, wird dem gleichen Schädigungsmechanismus ausgesetzt sein wie die ursprüngliche Zelle, und von daher werden sich bestenfalls, so jedenfalls unsere Erwartungen, temporäre Besserungen ergeben, aber keine Heilung, weil wir die Ursache noch nicht kennen.
Heinlein: Zu kurz gesprungen, sagen Sie, sei diese Diskussion. Wie weit sollte man denn in dieser Diskussion springen?
Götz: Vor allen Dingen sollte man in dieser Diskussion sehr sachlich bleiben und keine zu großen Hoffnungen bei den Patienten erwecken. Es ist derzeit ein ganz großes Problem in der Diskussion, und wir stehen auf dem Standpunkt, dass vor allen Dingen die Versachlichung auch dazu beitragen muss, dass die Forschung an adulten Stammzellen keineswegs in den Hintergrund treten darf. Die Diskussion um den Import embryonaler Stammzellen ist unserer Meinung nach aus einer Reihe von Gründen zu sehr hochgespielt worden. Wir sind im Prinzip gegen Forschung an embryonalen Stammzellen, mit Ausnahme der Embryos, die aus der Fortpflanzungsmedizin sozusagen über sind und ohnehin - man kann es nicht anders sagen - weggeworfen würden. Das wäre ein pragmatischer Kompromiss, aber das Schwergewicht liegt für uns auf der Forschung mit adulten Stammzellen. Da fördern wir auch bereits verschiedene Arbeitsgruppen.
Heinlein: Also, verstehe ich Sie richtig: Welche Entscheidungen erwarten Sie denn heute vom Nationalen Ethikrat und dann anschließend im Januar von den politischen Parteien? Sollten Sie embryonale Stammzellen importieren, ja oder nein?
Götz: Wie gesagt, wir sind im Prinzip gegen den Import von embryonalen Stammzellen, weil es aus der Fortpflanzungsmedizin diese übrig gebliebenen Embryonen ja auch in Deutschland gibt. Die müsste man nicht importieren. Ansonsten sollte das Schwergewicht, und damit auch eben das Geld für die Forschungsförderung, durch die Stammzellen angelegt werden.
Heinlein: Wie bewerten Sie nun die ethischen Bedenken der Gentechnik-Gegner, die sagen, embryonale Stammzellen sind Leben, an denen nicht geforscht werden darf, so oder so?
Götz: Für uns beginnt mit der Vereinigung von Eizelle und Samen das Leben, und von daher setzt eben auch da der Schutz ein.
Heinlein: In der letzten Woche in den USA gab es auf das erste Klonen eines menschlichen Embryonen hin viel Kritik in Deutschland. Ist dies auch für Sie ein Tabubruch, trotz möglicher Hoffnungen auf Heilungen Ihrer und anderer schwerer Krankheiten?
Götz: Es ist eindeutig ein Tabubruch und für mich ist der Homunkulus aus Faust dann nicht mehr weit weg, und ich denke, wir sollten als Wissenschaftler nicht alles tun, was wir tun können.
Heinlein: Ist denn die Meinung, die Sie hier heute vertreten, Mehrheit in Ihrer Vereinigung und bei anderen Vereinigungen, etwa Alzheimer oder Diabetes?
Götz: Ich kann nicht für die anderen Verbände sprechen. Bei uns ist es so, dass wir die Diskussion auf breiter Ebene führen. Das, was ich hier vorgetragen habe, ist die im Vorstand der Deutschen Parkinson-Vereinigung erarbeitete Position, die wir allerdings noch mit unserem ärztlichen Pendant, mit der Deutschen Parkinson-Gesellschaft, diskutieren werden. Wir haben sie dort vorgebracht, und das Ziel ist, dass die Parkinson-Gemeinschaft, also der Patientenverband, die DPV und der ärztliche Verband, die Deutsche Parkinson-Gesellschaft, möglichst eine einheitliche Position in der Öffentlichkeit vertreten.
Heinlein: Aber zu dieser einheitlichen Position gehört auch, dass ein Verbot der Forschung, ein generelles Verbot der Gentechnik aus Ihrer Sicht der falsche Weg ist?
Götz: Ein generelles Verbot der Forschung wäre mit Sicherheit der falsche Weg, denn es muss Grenzen geben, die auch gemeinsam erarbeitet und akzeptiert werden müssen, denn dazu ist eben auch der internationale Verbund inzwischen viel zu eng. Wenn die Bundesrepublik isoliert ein Verbot an diesen Forschungsthemen beschließen würde, gebe es diese Möglichkeit, das zu umgehen. Von daher sind wir gezwungen - und ich halte es in diesem Fall auch für einen Gewinn -, die Diskussionen eben auf breiter Ebene, auch z.B. mit den Amerikanern und innerhalb der Europäischen Union zu führen. Nur wenn wir zu gemeinsam getragenen Entscheidungen kommen, besteht auch die Hoffnung, dass sie auf breiter Ebene durchgesetzt werden können.
Heinlein: Heute Mittag hier im Deutschlandfunk, Herr Wolfgang Götz. Er ist der Vorsitzende der Deutschen Parkinson-Vereinigung. Herr Götz, ich danke für das Gespräch und auf Wiederhören.
Götz: Auf Wiederhören.
Link: Deutsche Parkinson-Vereinigung