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Griechenland
Regierung will Rechte von Einwandererkindern verbessern

Sie leben teilweise mehr als 20 Jahre in Griechenland, dennoch sind sie rechtlich gesehen Fremde: Einwanderer der zweiten Generation müssen jährlich ihre Aufenthaltserlaubnis gegen Geld verlängern. Die neue linksgeführte Regierung will nun die Einbürgerung erleichtern.

Von Rodothea Seralidou | 19.02.2015
    Die Protagonistinnen Eleni und Marianthi (v.l.)
    Die Protagonistinnen Eleni und Marianthi (v.l.) (Rodothea Seralidou)
    Gutgelaunt sitzen Eleni und Marianthi in einem Straßencafé der Athener Altstadt und tauschen Neuigkeiten aus. Die zwei Freundinnen sprechen akzentfrei Griechisch. Nur ihr Äußeres verrät, dass ihre Familien eingewandert sind.
    "Meine Eltern kommen aus Nigeria", lacht die 23-jährige Marianthi und streicht sich ihre langen Rastasträhnen aus dem Gesicht. "Sie sind zwei drei Jahre vor meiner Geburt eingewandert. Sie wollten die politischen Turbulenzen in Nigeria hinter sich lassen, Griechenland galt ja als sicheres Land."
    Ihre Freundin Eleni nickt. Auch sie hat eine peppige Rastafrisur. Und auch ihre Eltern sind Nigerianer, sagt die 22-Jährige:
    "Mein Vater kam mit einem Studentenvisum nach Griechenland. Zwei Jahre später holte er auch meine Mutter. Als sie mit ihrem Studium fertig waren, gab es aber keine Jobs. Und sie hatten kein Geld für die Rückreise. Also dachten sie, 'bleiben wir eben ein paar Jahre hier, bis wir das nötige Kleingeld zusammenkratzen'. "
    Fremde im eigenen Land
    Das war vor mehr als 20 Jahren. Mit der Geburt ihres ersten Kindes habe sich die Einstellung ihrer Eltern verändert, erklärt Eleni. Sie wollten, dass ihre Kinder in Griechenland aufwachsen und hier zur Schule gehen. Um das zu schaffen, war ihnen kein Job zu schade: Elenis Vater arbeitete als Straßenhändler auf dem Jahrmarkt, ihre Mutter als Putzfrau in noblen Häusern.
    Auch wenn sie ihr ganzes Leben in Athen verbracht haben. Für den Staat sind Eleni und Marianthi Fremde. Sie müssen jährlich ihre Aufenthaltserlaubnis erneuern und jedes Mal 150 Euro bezahlen. Damit soll nun Schluss sein, findet die neue griechische Migrationsministerin Anastasia Christodoulopoulou.

    "Unser wichtigstes Ziel ist, die Kinder, die hier geboren sind und hier zur Schule gegangen sind, einzubürgern. Sie kennen doch keine andere Heimat. Und sie sind die Migranten, die am besten integriert sind. Sie müssen auch auf dem Papier mit den griechischen Kindern gleichgestellt werden."
    Unklare Rechtslage
    Damit versucht die neue linksgeführte Regierung eine Gesetzeslücke zu schließen. 2010 hatte die damalige amtierende sozialistische Regierung schon einmal ein Gesetz für die Einwanderer zweiter Generation verabschiedet. Es wurde aber vom Obersten Gerichtshof aufgehoben. Die obersten Richter verlangten, dass in jedem einzelnen Fall geprüft werde, ob Kinder oder Jugendliche tatsächlich eine Beziehung zu Griechenland haben.
    Christodoulopoulou will diese Forderung nun mit ihrem Entwurf erfüllen. Zum Beispiel müssen Kinder einen griechischen Schulabschluss haben. Die Ministerin will in einem anderen Punkt weiter gehen, als die damalige sozialistische Regierung. Der Anspruch der Kinder auf die griechische Staatsbürgerschaft soll nicht mehr an den Aufenthaltsstatus der Eltern gebunden sein:
    "Die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ist in Zeiten so hoher Arbeitslosigkeit sehr schwierig geworden. Viele Einwanderer, die hier legal lebten, halten sich plötzlich illegal in Griechenland auf. Der Aufenthaltsstatus der Eltern wird deshalb bei der Einbürgerung der Kinder keine Rolle spielen."
    Das Gesetz durchs Parlament zu bekommen, werde kein Problem sein, sagt die Einwanderungsministerin. Auch wenn sich der kleinere Koalitionspartner, die rechts-konservativen "Unabhängigen Griechen" offen gegen ein so fortschrittliches Einbürgerungsgesetz stellen. Es blieben ja immer noch die Sozialisten, die Kommunistische Partei und die liberale Partei "Der Fluss", meint Christodoulopoulou Mit ihnen könne man rechnen und die nötige Mehrheit bekommen.
    Schon im nächsten Monat will sie den Gesetzesentwurf dem Parlament vorlegen. Die 22-jährige Eleni kann es kaum erwarten.
    "Dann wird mich Griechenland endlich anerkennen. Denn ich fühle mich als Griechin. Was macht mich so anders als die übrigen Griechen? Mein Blut?"
    "Für uns wird es schwer bleiben"
    Die zwei jungen Frauen wissen, dass mit der Staatsbürgerschaft nicht automatisch auch der Rassismus verschwindet, dem sie in ihrem Alltag begegnen. Sie sehen es aber als Anfang, sagt Marianthi:
    "Für uns, die zweite Generation, wird es schwer bleiben. Unsere Kinder werden es aber besser haben. In zwanzig Jahren wird es für die griechische Gesellschaft normal sein, dass es auch schwarze Griechen gibt."