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Griechische Reparationsforderungen
Bundesregierung bleibt gelassen

Bis zu elf Milliarden Euro: Aus Griechenland kommt die Forderung, dass Berlin für einen Zwangskredit zahlen soll, den Athen während der deutschen Besatzung gewährt hatte. Die Bundesregierung bleibt gelassen. Aus ihrer Sicht fehlt der Forderung die rechtliche Grundlage.

Von Theo Geeers | 10.02.2015
    Mehrere Euro-Banknoten liegen auf einem Tisch.
    Der so genannte Zwei-plus-Vier-Vertrag aus dem Jahr 1990 hatte auch das Ziel, durch den Krieg entstanden Rechtsfragen abschließend zu regeln. (AFP PHOTO / ARIS MESSINIS)
    "Wir haben immer nur gehört: Die Sache könne erst nach der Wiedervereinigung diskutiert werden, um dann eine Gegenpartei zu haben, die tatsächlich als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches agieren kann. Aber nichts ist passiert."
    So beschreibt John Milios, der Chefökonom der neuen griechischen Regierungspartei Syriza, das Problem aus griechischer Sicht. Erst wurden diverse Regierungen in Athen immer wieder vertröstet, dann gerieten die Reparationen selbst bei ihnen in Vergessenheit, jetzt aber ist die Regierung Tsipras entschlossen, das Thema wieder auf die Tagesordnung zu bringen.
    Dabei geht es nicht um Reparationen für Kriegsschäden, sondern allein um die Rückzahlung einer Zwangsanleihe aus dem Jahr 1942. Diese hatte das Deutsche Reich der griechischen Notenbank auferlegt, um Besatzungskosten der Wehrmacht zu decken. Weil seit Kriegsende keine Zins- und Zinseszinszahlungen mehr erfolgten, sind aus den damals 476 Millionen Reichsmark bis Ende 2011 gut 8,2 Milliarden Euro geworden, eine Sonderkommission der griechischen Regierung errechnete jüngst sogar elf Milliarden Euro.
    Gelassene Stimmung in Berlin
    Trotz der gewaltigen Summe bleibt die Bundesregierung gelassen. Aus ihrer Sicht hat sich die Reparationsfrage seit Jahren erledigt.Angesprochen auf die Wahrscheinlichkeit, dass Reparationen doch noch fließen könnten, erklärte Vizekanzler Sigmar Gabriel erst gestern:
    "Die Wahrscheinlichkeit ist null, weil wir eine klare rechtliche Antwort haben. nämlich, dass spätestens mit den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen all diese Themen beendet worden sind.
    Es gibt noch ein Verfahren, hat nichts mit Griechenland zu tun, und ich glaube, dass es keinen Sinn macht, auf dem Weg weiter zu reden."
    70 Jahre nach Kriegsende hat die Reparationsfrage aus deutscher Sicht ihre Berechtigung auch deshalb verloren, weil Griechenland mehrfach auf seine Ansprüche verzichtet habe. Zum ersten Mal 1960, als Griechenland aus einem Globalentschädigungsabkommen 115 Millionen D-Mark erhielt, so Martin Jäger, der Sprecher des Finanzministeriums.
    "Das war 1960 und der Artikel 3 hält fest, dass Wiedergutmachung damit abschließend geregelt ist."
    Keine rechtliche Grundlage
    Die Bundesregierung verweist zweitens auf den Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990. Damals vereinbarten die Bundesrepublik und die DDR auf der einen und die vier früheren Siegermächten USA, Russland, Großbritannien und Frankreich auf der anderen Seite, dass Deutschland nach dem Fall der Mauer nicht nur seine volle Souveränität wieder erlangte.
    Der Zwei-plus-Vier-Vertrag hatte auch das Ziel, durch den Krieg entstanden Rechtsfragen abschließend zu regeln. Im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass die Reparationsfrage nicht mehr gesondert geregelt werden sollte. Der Zwei-plus-Vier-Vertrag wiederum – so die Sicht der Bundesregierung - sei wiederum - ebenfalls 1990 - mit der Charta von Paris als rechtlich bindend anerkannt worden. Diese Charta wiederum hat auch Griechenland unterschrieben, so der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Jäger..
    "Und in diesem Kontext hat auch Griechenland sich dies völkerrechtlich zu eigen gemacht. Deshalb sehen wir für eine solche Forderung keine Grundlage."