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Griefahn: Reform der Föderalismusreform möglich

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Monika Griefahn schließt auch nach einer Verabschiedung der Föderalismusreform Änderungen an dem Gesetzespaket nicht aus. Es könne immer passieren, "dass man nach zwei, drei Jahren feststellt, wir haben uns das anders gedacht, als es sich in der Ausführung darstellt", sagte die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien.

Moderation: Oliver Thoma |
    Oliver Thoma: Die Föderalismusreform, die Neuordnung der Zuständigkeiten von Bund und Ländern - lange überfällig, aber eben auch so lange umstritten. Am Freitag soll sie nun endlich beschlossen werden, vom Bundestag erst mal, aber die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit ist in Gefahr, und das liegt an der SPD. Dutzende von Abgeordneten hatten zumindest bis gestern ihre Zustimmung verweigert. Der Grund: zu wenige Kompetenzen für den Bund, vor allem bei der Bildung. Gestern Abend gab es dann eine Fraktionssitzung und einen neuen Kompromissvorschlag auf dem Tisch. Der betrifft vor allem die Hochschulförderung. Die darf dann beim Bund weiter gemacht werden. Der darf sich beteiligen, wenn alle Länder zustimmen.
    Stimmen jetzt also auch die Zweifler in der SPD zu?

    Monika Griefahn ist SPD-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses Kultur und Medien und jetzt am Telefon. Schönen guten Morgen!

    Monika Griefahn: Guten Morgen!

    Thoma: Werden Sie denn ja sagen zur Föderalismusreform am Freitag?

    Griefahn: Ja. Ich habe sehr intensive Diskussionen in den letzten Wochen geführt, aber grundsätzlich finde ich richtig, dass wir eine Föderalismusreform haben. Die Probleme, die den Bereich Kultur, aber auch den Bereich Bildung betreffen, sind besser geworden. Das einzige Problem, was bleibt, dass wir sozusagen nicht eine intensive gemeinsame Bildungsförderung machen wie zum Beispiel das Ganztagsschulprogramm. Das war aber eigentlich schon seit langem klar, dass dies eine ureigenste Kompetenz der Länder ist. Wir haben ja bereits einige Verfassungsgerichtsurteile, die auch Dinge, die der Bund entschieden hat, wieder in Frage gestellt hat wie die Juniorprofessoren. Insofern ist eine Klarstellung da auch sinnvoll.

    Thoma: Also Sie glauben schon, dass die Zwei-Drittel-Mehrheit am Freitag zu Stande kommt?

    Griefahn: Ich glaube das, gerade weil in dem Bereich der Hochschulförderung, was ja ein sehr wichtiger Bereich ist, besonders auch Wissenschaft und Lehre zu fördern, ein Kompromiss erzielt worden ist, auch in der Frage der Kultur ja weitgehend unbestritten ist, dass der Bund gemeinsam mit den Ländern Kulturförderung betreibt, dass wir auf europäischer Ebene einen Abstimmungsmechanismus brauchen, der natürlich auch garantiert, dass wir in Europa abstimmen können.

    Thoma: Gehen wir da vielleicht noch mal Punkt für Punkt heran. Beim Kompromiss zum Hochschulrecht ist es ja so, dass alle Länder zustimmen müssen, wenn der Bund sich beteiligen will. Ist das dann wirklich ein Fortschritt, denn es ist ja fast normal, dass ein Land nein sagt?

    Griefahn: Ja, aber es gibt natürlich durchaus Dinge, wo die anderen Länder jeweils dem einen Land nicht reinreden, was ein Interesse daran hat. Es gibt etliche Länder, die natürlich zum Beispiel das Exzellenz-Programm auch positiv begrüßen und sagen, es ist doch toll, wenn der Bund sich da beteiligt, und wenn dann mal eine Hochschule dabei ist, dann werden die anderen Länder nicht sagen, deine Hochschule darf aber nicht dabei sein.

    Thoma: Und das war dann der Durchbruch, der jetzt zur Zustimmung führt?

    Griefahn: Ja. Das ist denke ich ein ganz wichtiger Punkt, weil natürlich die Hochschule, die Lehre, die Förderung bei uns eine Sache war, die ja ein zentraler Punkt für Deutschland ist, dass wir in der Bildung weiterkommen. Wenn wir dann sagen, die Hochschule ist ein Teil unseres Gesamtbildungskonzeptes, dann ist das, glaube ich, ein wichtiger Punkt.

    Thoma: Bei der Kultur hat ja sogar der Kulturstaatsminister Bernd Neumann von der CDU am Wochenende gesagt, er sei nicht bereit, sich in der Kulturförderung dem Konsultationsverfahren der Länder unterzuordnen. Es hieß dann auch, der Bund soll künftig die Länder fragen, wenn eine Kulturinstitution oder ein Kulturprojekt aus Bundesmitteln gefördert werden soll. Ist das denn geklärt?

    Griefahn: Das ist insofern geklärt, als wir ja bereits in der ersten Fassung einen sehr umfangreichen Katalog hatten, was eigentlich Bundeskulturförderung bedeutet und wo eigentlich der Bund sowieso zuständig ist. Da sind ja auch Dinge hinzugekommen wie zum Beispiel die Repräsentanz der Hauptstadt Berlin, wo ja ein ganz wichtiger Anteil auch an Kultur dabei ist. Aber es ist eben auch darauf verwiesen worden, dass der Bund weiterhin Projekte anleiern kann, zum Beispiel mit der Bundeskulturstiftung, was wir ja auch in der Vergangenheit sehr intensiv gemacht haben. Der Kultur hat das eher genutzt.

    Thoma: Auch bei der Umwelt gab es Probleme. Sie waren ja lange Umweltministerin in Niedersachsen. Welche waren das, und wie sind die jetzt gelöst worden?

    Griefahn: Das ganz Wichtige ist, dass wir überhaupt jetzt den Anlass und die Möglichkeit haben, ein Umweltgesetzbuch hinzubekommen. Ich habe das schon in meiner Zeit als Umweltministerin probiert und bin wirklich kläglich gescheitert an der Abstimmung mit den Ländern. Jetzt ist der Kompromiss eben dahingehend, dass nicht die Abweichung so einfach erfolgen kann, wie das am Anfang gedacht war, sondern dass tatsächlich der Bund ein Umweltgesetzbuch regeln kann. Ich glaube, auch das ist ein ganz wichtiger Fortschritt für ein einheitliches Umweltgesetzbuch.

    Thoma: Also die Föderalismusreform ist auf dem Weg. Andererseits muss man natürlich sagen, die Leute kratzt das nicht so richtig. Da hat man vielleicht auch den Fehler gemacht, dass man das dem Bürger nicht ausreichend kommuniziert hat, oder?

    Griefahn: Ich glaube, bei allem, was mit Gesetzgebung und mit Dingen, die vom Staat kommen, zu tun hat, ist es so, dass der Bürger sagt, Hauptsache es passiert etwas, und nicht, dass irgendwo die Leute sich gegenseitig blockieren. Insofern werden die Bürger es dann merken, wenn die Länder zum Beispiel für mehr Bereiche selbstständig zuständig sind, dass dann die Länder auch alleine entscheiden. Wie gesagt dem Bürger ist es egal, ob es der Bund, das Land oder die Kommune macht. Er will, dass es gemacht wird. Ich hoffe, dass dies ein Schritt ist, der dazu beiträgt, dass das passiert.

    Thoma: Wie würden Sie denn dem Bürger sagen, dass dieses Projekt, die Föderalismusreform, so wichtig ist?

    Griefahn: Ich glaube, dass dies ein wichtiger Punkt ist. Ich bin ja selber Bürgerin und ärgere mich dann auch, wenn irgendwo irgendetwas nicht passiert, und sage, wer ist denn dort zuständig, und stelle fest, da sind drei verschiedene Ebenen zuständig, die sich gegenseitig behindern. Wenn ich dann weiß, die Kommune kann alleine entscheiden, das Land kann alleine entscheiden oder der Bund kann alleine entscheiden, dann glaube ich das ein ganz wichtiger Punkt, damit eben auch Entscheidungen vielleicht beschleunigt werden.

    Thoma: Glauben Sie, dass Nachbesserungen nötig sein werden, wenn man merkt, das ist doch so nicht praktikabel?

    Griefahn: Es ist natürlich ein riesiger komplexer Bereich, der jetzt geregelt worden ist, und da sind natürlich immer auch Haken im Detail. Da kann es immer passieren, dass man nach zwei, drei Jahren feststellt, wir haben uns das anders gedacht, als es sich in der Ausführung darstellt. Dann muss man das angucken. Aber ich glaube, das ist bei so einem komplexen Werk wie eine Verfassungsreform mit so vielen verschiedenen Ebenen, die behandelt worden sind, von Heimrecht über Beamtenrecht, Umweltrecht, Kultur und Bildung, kann das immer passieren und ich glaube, dass dies auch kein großes Problem ist, wenn man dann zugesteht, dass da Nachbesserungen nötig sein könnten.

    Thoma: Andere Dinge sind ja ausgeklammert worden, wie Länderreform, Zusammenlegung von Ländern zum Beispiel. Das muss man auch noch sagen.

    Griefahn: Ja gut, aber das ist zum Beispiel ein Punkt, wo man gesagt hat, das ist der zweite Schritt. Auch die Finanzreform muss angepackt werden. Auch dort gibt es ja zu viele Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten. Das haben sich aber alle vorgenommen, dass wir das auf jeden Fall anpacken, weil das ist natürlich auch im Interesse der Bürger, dass klar ist, wo kommen die Finanzen her und kann meine Kommune zum Beispiel etwas regeln?

    Thoma: Auch wenn die Föderalismusreform jetzt am Freitag durch den Bundestag geht, die Koalition ist im Moment schon so ein bisschen in der Krise, hat man den Eindruck. Der Bonus ist verspielt, die Zustimmung sinkt, und der Ton wird schärfer. SPD-Fraktionschef Struck will ja schon Gerhard Schröder als Kanzler zurück haben. Wie sehen Sie das im Moment?

    Griefahn: Na ja, ich meine es ist so, dass CDU und SPD natürlich von verschiedenen Kulturen, aber auch von verschiedenen politischen Ansichten kommen und man ist nicht nur, weil man jetzt zusammenarbeitet und versucht, Probleme zu lösen, nun auf einmal ein lebendes Ehepaar, sondern man ist eben eine Zweckgemeinschaft für Zeit, um die Sachen hinzubekommen. Dass da immer unterschiedliche Meinungen aufeinanderprallen, das ist doch klar, denn wir haben im Wahlkampf unterschiedliche Positionen vertreten. Dass das auch manchmal deutlich gemacht werden muss, damit nicht die Bürger denken, es ist sowieso alles eine Suppe und egal auf wen du draufhaust, das ist egal, glaube ich ist einfach auch noch mal deutlich, damit klar wird, was ist eine SPD-Position und was eine CDU-Position? Es gibt natürlich auch immer vor Ort dann wieder die Frage, zum Beispiel jetzt bei den Kommunalwahlen in Niedersachsen oder bei den Landtagswahlen in Berlin, für wen soll ich mich entscheiden? Wenn das egal ist ob CDU oder SPD, dann ist das manchmal schwierig. Also macht man auch noch mal deutlich, was die eigenen Positionen sind.

    Thoma: Die Union versteht dann nur nicht, warum man diese Position jetzt so spät deutlich machen muss, wenn jahrelang über die Föderalismusreform gestritten wird und in der letzten Woche muss es sich dann so noch mal zuspitzen, wie es jetzt geschehen ist.

    Griefahn: Na gut, das liegt natürlich daran, dass die Länder zum Teil - und das sind nicht alle gewesen, sondern einige wenige - mit sehr dogmatischen Forderungen da reingegangen sind und man natürlich versucht hat, im letzten Jahr oder in den letzten eineinhalb Jahren, wo man über Föderalismus diskutiert hat, auch Lösungen hinzubekommen. Wenn man dann eben auf eine Wand stößt und gar keine Bewegung sieht, dann ist es natürlich so, dass dann irgendwann solche Punkte nicht mehr hinter verschlossenen Türen, sondern öffentlich diskutiert werden. Aber das ist doch klar.

    Thoma: Monika Griefahn war das im Deutschlandfunk, die Vorsitzende des Bundestagsausschusses Kultur und Medien. Vielen Dank und schönen Tag noch.

    Griefahn: Auf Wiederhören.