Griep: Sie haben sicherlich Recht, dass die rund neun Prozent Beitragsleistung, die Deutschland zum drittgrößten Beitragszahler bei den Vereinten Nationen machen, ein gewichtiges Argument sind, aber ich glaube, es geht auch darüber hinaus. Wenn wir uns einmal die letzten Jahre anschauen, dann hat Deutschland doch durch erhebliche Beiträge auf der internationalen Bühne deutlich gemacht, dass es bereit ist auch eine erhöhte Verantwortung zu übernehmen und insofern halte ich es durchaus für begründet, dass jetzt der Außenminister auch offensiv für dieses Anliegen wirbt.
Birke: Für nicht begründet hält offenbar die US-Diplomatie den Anspruch Deutschlands. Ein führender US-Diplomat wird heute anonym in der Financial Times Deutschlands zitiert, das käme gar nicht in Frage. Damit wollen die USA wahrscheinlich ein bisschen Deutschland für ihr Verhalten während des Irak Krieges zur Rechenschaft ziehen?
Griep: Ich denke, hier sollte man nicht auf nicht genannte Diplomaten letztendlich das Hauptaugenmerk richten, sondern auf das Verhalten während der Abstimmung, wenn es dazu kommt, sowohl im Sicherheitsrat, wie auch in der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Dort brauchen sie ja auch eine Zweidrittelmehrheit unter der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, zusätzlich zu den neun Ja-Stimmen im Sicherheitsrat, einschließlich der fünf ständigen Mitglieder. Ich meine aber, dass wir bei der Frage "Ständiges Mitglied Deutschland: Ja oder Nein?" durchaus auch einmal Bilanz ziehen könnten, was denn in den letzten Jahren durch Deutschland im Bereich der Vereinten Nationen mit initiiert wurde und geleistet wurde. Da fallen mir schon einige Dinge ein. Wenn Sie zum Beispiel an den Bereich des Völkerrechtes denken, dort war Deutschland einer der Mitinitiatoren der Schaffung des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag oder wenn Sie an die Beiträge denken, an denen Deutschland sich im Rahmen von Friedensmissionen, die durch den UNO-Sicherheitsrat mandatiert wurden, beteiligt hat, dann ist das schon ein Bereich, wo ich denke, hier ließe es sich gut begründen, dass Deutschland auch einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat bekommt.
Birke: Nun heißt es aber immer, auch von den Leuten, die diesen Sitz fordern, Europa solle mit einer Stimme sprechen. Heißt das denn nicht im Umkehrschluss, dass auch Europa eigentlich nur mit einem Sitz im UNO-Sicherheitsrat vertreten sein sollte?
Griep: Ja, ich stimme diesem Ziel durchaus zu. Ich glaube, langfristig ist es sehr sinnvoll, gerade im Prozess des Zusammenwachsens der Europäischen Union, wenn man ein solches Ziel vor Augen hat und auch auf lange Sicht anstrebt. Nur die Realität glaube ich, spricht im Moment nicht dafür, dass wir davon ausgehen können, dass sich die beiden europäischen Länder, die gegenwärtig mit einem permanenten Sitz im Sicherheitsrat vertreten sind, England und Frankreich, von diesem ständigen Sitz verabschieden würden. Ich glaube, das wäre blauäugig und man sollte deswegen auch die Realitäten in Betracht ziehen. Insofern denke ich, kann man durchaus auch selbstbewusst einen deutschen ständigen Sitz anstreben. Das muss nicht heißen, dass auf lange Sicht ein europäischer Sitz von der Agenda verschwindet.
Birke: Aber entstünde nicht durch einen deutschen Sitz ein Ungleichgewicht zu Gunsten Europas? Würden nicht Asien, Afrika, Südamerika hinten runter fallen?
Griep: Ja, hier sprechen Sie einen sehr wichtigen Punkt an. Ich glaube, genau das sollte man vermeiden, dass die Diskussion sich nur auf Deutschland und Europa fokussiert. Ich glaube, es wäre sehr klug und wenn ich mich recht entsinne, hat Deutschland auch in den vergangenen Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass man insgesamt die Repräsentanz der Kontinente im Sicherheitsrat verbessert. Da wird der globale Süden immer wieder genannt und ich denke berechtigter Weise. Lateinamerika, Afrika, Asien sind allesamt bisher nicht durch ständige Sitze im Sicherheitsrat vertreten und hier könnte man den Bogen in der Tat etwas weiter spannen. Es gilt dann natürlich zu überlegen, wie eine solche Erweiterung des Sicherheitsrates auszugestalten wäre. Es muss ja durchaus nicht so sein, dass jedes neue ständige Mitglied auch ein Vetorecht bekommt. Hier gibt es verschiedene Modelle, die auch seit vielen Jahren immer wieder diskutiert werden. Das müsste man sicherlich genauer anschauen.
Birke: Müsste man sich nicht in einem erweiterten UNO-Sicherheitsrat generell vom Vetorecht verabschieden, um die UNO überhaupt handlungsfähiger zu machen?
Griep: Das ist nun eine sehr hypothetische Frage, denn auch für eine solche Entwicklung bräuchten Sie die eben angesprochenen Mehrheiten sowohl in der Generalversammlung, wie im Sicherheitsrat, dass heißt, die jetzigen ständigen Mitglieder müssten im Grunde zustimmen, ihr bereits seit mehr als fünf Jahrzehnten praktiziertes Vetorecht aufzugeben. Das halte ich für eher unrealistisch, dass es zu einer solchen Zustimmung käme. Die Frage ist gleichwohl berechtigt, und es gibt ja auch immer wieder Vorstöße im Hinblick auf eine größere Demokratisierung der Vereinten Nationen, dass die Generalversammlung, in der alle 191 Mitgliedsländer vertreten sind, beispielsweise eine größere Rolle spielen sollte. Ich glaube aber, dass ein Sicherheitsrat, der ja durch die UNO-Charta mit der Übernahme der Hauptverantwortung für Fragen des Friedens und der Sicherheit beauftragt wurde, dass der im Hinblick auf eine effiziente Entscheidungsfindung und Entscheidungsbildung durchaus davon profitieren könnte, dass er ein Vetorecht für einige Mitglieder bereithält. Ich halte hier schon sehr viel von dem Ansatz, die Entscheidungsfähigkeit und auch die Entscheidungsprozesse im Sicherheitsrat durch ein Vetorecht zu stärken. Ich halte das durchaus für nachvollziehbar und ich glaube, die Vergangenheit hat im großen und ganzen auch gezeigt, dass der Sicherheitsrat trotz oder wegen des Vetorechtes eine wichtige Rolle spielen kann.
Birke: Für nicht begründet hält offenbar die US-Diplomatie den Anspruch Deutschlands. Ein führender US-Diplomat wird heute anonym in der Financial Times Deutschlands zitiert, das käme gar nicht in Frage. Damit wollen die USA wahrscheinlich ein bisschen Deutschland für ihr Verhalten während des Irak Krieges zur Rechenschaft ziehen?
Griep: Ich denke, hier sollte man nicht auf nicht genannte Diplomaten letztendlich das Hauptaugenmerk richten, sondern auf das Verhalten während der Abstimmung, wenn es dazu kommt, sowohl im Sicherheitsrat, wie auch in der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Dort brauchen sie ja auch eine Zweidrittelmehrheit unter der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, zusätzlich zu den neun Ja-Stimmen im Sicherheitsrat, einschließlich der fünf ständigen Mitglieder. Ich meine aber, dass wir bei der Frage "Ständiges Mitglied Deutschland: Ja oder Nein?" durchaus auch einmal Bilanz ziehen könnten, was denn in den letzten Jahren durch Deutschland im Bereich der Vereinten Nationen mit initiiert wurde und geleistet wurde. Da fallen mir schon einige Dinge ein. Wenn Sie zum Beispiel an den Bereich des Völkerrechtes denken, dort war Deutschland einer der Mitinitiatoren der Schaffung des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag oder wenn Sie an die Beiträge denken, an denen Deutschland sich im Rahmen von Friedensmissionen, die durch den UNO-Sicherheitsrat mandatiert wurden, beteiligt hat, dann ist das schon ein Bereich, wo ich denke, hier ließe es sich gut begründen, dass Deutschland auch einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat bekommt.
Birke: Nun heißt es aber immer, auch von den Leuten, die diesen Sitz fordern, Europa solle mit einer Stimme sprechen. Heißt das denn nicht im Umkehrschluss, dass auch Europa eigentlich nur mit einem Sitz im UNO-Sicherheitsrat vertreten sein sollte?
Griep: Ja, ich stimme diesem Ziel durchaus zu. Ich glaube, langfristig ist es sehr sinnvoll, gerade im Prozess des Zusammenwachsens der Europäischen Union, wenn man ein solches Ziel vor Augen hat und auch auf lange Sicht anstrebt. Nur die Realität glaube ich, spricht im Moment nicht dafür, dass wir davon ausgehen können, dass sich die beiden europäischen Länder, die gegenwärtig mit einem permanenten Sitz im Sicherheitsrat vertreten sind, England und Frankreich, von diesem ständigen Sitz verabschieden würden. Ich glaube, das wäre blauäugig und man sollte deswegen auch die Realitäten in Betracht ziehen. Insofern denke ich, kann man durchaus auch selbstbewusst einen deutschen ständigen Sitz anstreben. Das muss nicht heißen, dass auf lange Sicht ein europäischer Sitz von der Agenda verschwindet.
Birke: Aber entstünde nicht durch einen deutschen Sitz ein Ungleichgewicht zu Gunsten Europas? Würden nicht Asien, Afrika, Südamerika hinten runter fallen?
Griep: Ja, hier sprechen Sie einen sehr wichtigen Punkt an. Ich glaube, genau das sollte man vermeiden, dass die Diskussion sich nur auf Deutschland und Europa fokussiert. Ich glaube, es wäre sehr klug und wenn ich mich recht entsinne, hat Deutschland auch in den vergangenen Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass man insgesamt die Repräsentanz der Kontinente im Sicherheitsrat verbessert. Da wird der globale Süden immer wieder genannt und ich denke berechtigter Weise. Lateinamerika, Afrika, Asien sind allesamt bisher nicht durch ständige Sitze im Sicherheitsrat vertreten und hier könnte man den Bogen in der Tat etwas weiter spannen. Es gilt dann natürlich zu überlegen, wie eine solche Erweiterung des Sicherheitsrates auszugestalten wäre. Es muss ja durchaus nicht so sein, dass jedes neue ständige Mitglied auch ein Vetorecht bekommt. Hier gibt es verschiedene Modelle, die auch seit vielen Jahren immer wieder diskutiert werden. Das müsste man sicherlich genauer anschauen.
Birke: Müsste man sich nicht in einem erweiterten UNO-Sicherheitsrat generell vom Vetorecht verabschieden, um die UNO überhaupt handlungsfähiger zu machen?
Griep: Das ist nun eine sehr hypothetische Frage, denn auch für eine solche Entwicklung bräuchten Sie die eben angesprochenen Mehrheiten sowohl in der Generalversammlung, wie im Sicherheitsrat, dass heißt, die jetzigen ständigen Mitglieder müssten im Grunde zustimmen, ihr bereits seit mehr als fünf Jahrzehnten praktiziertes Vetorecht aufzugeben. Das halte ich für eher unrealistisch, dass es zu einer solchen Zustimmung käme. Die Frage ist gleichwohl berechtigt, und es gibt ja auch immer wieder Vorstöße im Hinblick auf eine größere Demokratisierung der Vereinten Nationen, dass die Generalversammlung, in der alle 191 Mitgliedsländer vertreten sind, beispielsweise eine größere Rolle spielen sollte. Ich glaube aber, dass ein Sicherheitsrat, der ja durch die UNO-Charta mit der Übernahme der Hauptverantwortung für Fragen des Friedens und der Sicherheit beauftragt wurde, dass der im Hinblick auf eine effiziente Entscheidungsfindung und Entscheidungsbildung durchaus davon profitieren könnte, dass er ein Vetorecht für einige Mitglieder bereithält. Ich halte hier schon sehr viel von dem Ansatz, die Entscheidungsfähigkeit und auch die Entscheidungsprozesse im Sicherheitsrat durch ein Vetorecht zu stärken. Ich halte das durchaus für nachvollziehbar und ich glaube, die Vergangenheit hat im großen und ganzen auch gezeigt, dass der Sicherheitsrat trotz oder wegen des Vetorechtes eine wichtige Rolle spielen kann.