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Großbritannien
Brexit-Poker bis zur letzten Sekunde

Für Dienstag ist im britischen Parlament eine Abstimmung über den Austrittsvertrag mit der EU geplant. Spekulationen über eine Verschiebung wies ein Regierungssprecher zurück. Für das Brexit-Abkommen ist wohl keine Mehrheit zu erkennen - Premierministerin Theresa May droht ein Debakel.

Von Friedbert Meurer | 09.12.2018
    Die britische Flagge auf dem Victoria Tower des Westminster-Palasts in London
    Der Victoria Tower von Westminster in London, hier hat das Parlament seinen Sitz: Mehr als 100 Abgeordnete der konservativen Partei wollen gegen das Brexit-Abkommen mit der EU stimmen. (AFP/ Daniel Leal-Olivas)
    Wird es den Showdown am Dienstag geben?
    Ganz offensichtlich gibt es Kräfte in der Regierung, die auf Premierministerin Theresa May einreden und ihr ein Debakel voraussagen. Mehr als 100 Abgeordnete aus den eigenen Reihen wollen gegen das Brexit-Abkommen mit der EU stimmen. Es sieht so aus, als könnte die Abstimmung im Parlament May eine Niederlage bringen, die sie politisch nicht überleben würde. Deshalb hat es eine gewisse Plausibilität, dass sie die Abstimmung vielleicht doch noch verschiebt.
    Glaubt wirklich jemand, dass die EU nochmal nachverhandelt?
    Die Brexiteers sagen, das könnte funktionieren. Ein Szenario ist, dass es in Großbritannien zur Abstimmung kommt, die May verliert, woraufhin sie dann auf dem nächsten EU-Gipfel doch noch ein paar Zugeständnisse holen kann. Dann gäbe es eine zweite Abstimmung, die dann durchgehen würde. Doch die Stimmung im Land ist schon so, dass die EU als eisern und unnachgiebig eingeschätzt wird. Nach allem, was man von der EU hört, wird sie den Vertrag nicht noch einmal aufmachen - höchstens die politische Erklärung, um ein, zwei beruhigende Sätze für die Briten hineinzuschreiben. Doch das wird ihnen wohl nicht ausreichen. Man darf in Brüssel nicht unterschätzen, dass die Nordirland-Klausel im Abkommen in Großbritannien wirklich ans Eingemachte geht. Wenn die Klausel bleibt, die besagt, dass Großbritannien im Notfall auf Jahrzehnte in der Zollunion mit der EU bleiben muss, dann kann der Vertrag an der Nordirland-Klausel scheitern. Das ist denkbar.
    Was taugen Vorschläge wie ein Norwegen-Modell als Plan B?
    Die Idee mit dem Norwegen-Modell ist aufgekommen, weil alle anderen Modelle gegen die Wand laufen. Es würde zumindest helfen, das Nordirland-Problem zu lösen, gleichzeitig aber neue Probleme aufwerfen. Die Gegner sagen, dieses Modell sei noch schlimmer, als in der EU zu bleiben. In Westminster sitzen derzeit ständig irgendwelche Grüppchen zusammen und lassen die Köpfe rauchen. Anträge werden ausgearbeitet und zurückgezogen. Jeder lanciert sein Modell - hier wird gepokert mit der Zukunft des Landes bis zur allerletzen Sekunde.