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Brexit-Beratungen im Unterhaus
"Die Konservativen stehen vor dem Nervenzusammenbruch"

Heute beginnen im britischen Unterhaus die fünftägigen Beratungen über den Brexit-Vertrag. Es wird mit einer Ablehnung des von Premierministerin Theresa May ausgehandelten Deals gerechnet. Doch was kommt dann?

Von Friedbert Meurer | 04.12.2018
    Prime Minister's Questions: Premier Theresa May am 22. März 2017 im britischen Parlament
    Wird das Unterhaus den Brexit-Plan ablehnen? (dpa / PA Wire)
    Ein Thema dominierte auf der Westminster-Party des Magazins "The Spectator" die Gespräche. Wie wird das Brexit-Drama im Unterhaus enden? Alle sind sich immerhin darin einig: so turbulent ging es schon lange nicht mehr in der britischen Politik zu.
    "Ich bin seit 30 Jahren Abgeordnete. So etwas habe ich noch nicht erlebt", meint zum Beisepil Diane Abbott von Labour. "Die Zeiten sind verrückt und die Konservativen stehen vor dem Nervenzusammenbruch." "Erinnern Sie sich an das große Reformgesetz von 1832?", fragt der konservative Angeordnete Jesse Norman sarkastisch. "Das Unterhaus brannte danach ab. Gott wollte uns strafen."
    Ein Plan B – nur was soll das sein?
    Abgestraft werden wird wohl vor allem Premierministerin Theresa May. Ihr Vertrag mit der EU wird wohl abgelehnt. Also fordert Oppositionsführer Jeremy Corbyn einen Plan B von ihr. "Es ist jetzt klar, dass das Parlament das gesetzt nicht billigen wird. Die Premierministerin sollte die Realitäten anerkennen und einen Alternativ-Plan für das ganze Land vorlegen."
    Ein Plan B – nur was soll das sein? May hat der EU angeboten, dass das Vereinigte Königreich bis auf weiteres in der Zollunion bleibt. Für die Brexiteers ist das Verrat. Aber ihre Alternative findet auch keine Mehrheit im Unterhaus: nämlich ohne Vertrag die EU zu verlassen. Also Neuwahlen? Ein zweites Referendum? Theresa May greift Labour für dieses Gedankenspiel frontal an.
    "Sie wollen Chaos anrichten und den Brexit verhindern. Sie wollen den Willen des britischen Volkes ignorieren. So betrügen sie die vielen, die für den Brexit gestimmt haben."
    "Weiß May was, was wir nicht wissen?"
    Dass das Unterhaus am 11. Dezember "Nein" sagen wird, scheint wahrscheinlich. Dann, so die Mutmaßung, wird Theresa May kleine Veränderungen in Brüssel erzielen und es kommt zu einer zweiten Abstimmung. Das glaubt auch ihre Parteifreundin Anna Soubry. "Es muss einen Plan B geben. Sie wirkt so voller Selbstvertrauen. Wenn ich sie mir anschaue: Weiß die Premierministerin etwas, was wir nicht wissen? Aber vielleicht ist sie mit sich im Reinen. ‚Ich habe alles gegeben. Und wenn sie es nicht wollen, dann höre ich eben auf‘."
    Fünf Tage lang wird das Unterhaus über den Vertrag mit der EU debattieren. Labour will sofort einen Misstrauensantrag gegen May stellen, wenn am Ende ihr Vertrag abgelehnt wird. Falls das misslingt, wird die Opposition wohl ein zweites Referendum beantragen. Nicht nur die Konservative Nicky Morgan ist nicht von der Aussicht beglückt, dass der Streit dann noch einmal von vorne beginnen soll.
    "So etwas habe ich noch nicht gesehen. Das ist alles völlig unvorhersehbar. Für die, die das mögen, ist das spannend. Wir alle freuen uns aber darauf, wenn die Zeiten wieder einmal langweilig werden."