Donnerstag, 09. Mai 2024

Archiv

Großbritannien
Ratlosigkeit bei Tories und Labour

Der Erfolg der Anti-EU-Partei UKIP bei den Europawahlen in Großbritannien hat die etablierten Parteien erschüttert. Als Konsequenz verschärften die Konservativen und Labour ihre ohnehin europakritischen Töne.

Von Jochen Spengler | 27.05.2014
    Das Logo der populistischen und EU-kritischen UKIP-Partei
    Die UKIP hat mit ihrem Wahlerfolg die etablierten Parteien überrascht. (picture-alliance / dpa / Andy Rain)
    Großbritannien geht weiter auf Distanz zu Europa. Die Wahl war ein Denkzettel für die etablierten Parteien und das politische Erdbeben, das Nigel Farage, Chef der Anti-EU-Partei UKIP, vorhergesagt hatte. "Die Volksarmee von UKIP hat heute abend gesprochen und für das außer-gewöhnlichste Ergebnis in der britischen Politik seit einhundert Jahren gesorgt", sagte Farage nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses.
    Das mag etwas übertrieben sein, aber UKIP hat den anderen Parteien im ganzen Land Stimmen weggenommen, 11 Punkte zugelegt und mit 28 Prozent die Europawahl klar gewonnen. Nun schicken die Rechtspopulisten 24 Abgeordnete ins ungeliebte Europaparlament.
    "Europa muss für Großbritannien mehr leisten"
    Für keine der beiden traditionell großen Parteien dürfte es künftig im Unterhaus noch zu absoluten Mehrheiten reichen. Die oppositionelle Labour-Partei wollte eigentlich stärkste Kraft werden, schlug sich aber schlechter als erwartet und lieferte sich mit den regierenden Konservativen ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Am Ende hatte Labour mit 25 Prozent knapp die Nase vorn. Die Partei stellt 20 Abgeordnete. Parteichef Ed Miliband gab sich zufrieden. "Labour hat wirklich zugelegt und die Tories auf den dritten Platz verwiesen zum ersten Mal überhaupt, aber was letzte Nacht ebenfalls zeigt, so wie auch die Stimmen für UKIP, ist, dass Europa für Großbritannien mehr leisten muss", sagte Miliband.
    Die Konservativen von Premier David Cameron erzielten 24 Prozent der Stimmen und kamen auf 19 EU-Parlamentssitze. Auch Cameron versteht das Ergebnis als Auftrag, die EU zu reformieren. "Die Menschen sind sehr desillusioniert von der EU, sie glauben nicht, dass die derzeitigen Regeln Großbritannien nützen und sie wollen Wandel", erklärte Cameron.
    "Nicht die Nerven verlieren"
    Gewaltig war der Absturz von Camerons Koalitionspartnern, den Liberaldemokraten. Sie hatten sich klar zu Europa bekannt, was sich nicht ausgezahlt hat. Der liberale Stimmenanteil halbierte sich auf unter 7 Prozent, die Zahl der Europaabgeordneten schrumpfte von 11 auf einen. Parteichef Nick Clegg, der es als einziger Politiker gewagt hatte, Nigel Farage im Fernsehduell herauszufordern, wies Rücktrittsforderungen aus der Parteibasis zurück. "Das einfachste in der Politik und im Leben ist es manchmal, einfach zu gehen, wenn es wirklich schwierig wird", sagte er. "Ich werde das nicht tun und meine Partei nicht. 2010 sind wir in eine Koalition eingetreten, um für die wirtschaftliche Erholung zu sorgen." Man werde nicht die Nerven verlieren und sich davon stehlen.
    Noch vor den LibDems auf Platz vier landeten die Grünen. Sie behaupteten knapp 8 Prozent und stellen drei Abgeordnete: einen mehr als bislang.