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Großbritannien und die EU
May spricht von möglicher Brexit-Verschiebung

Die britische Premierministerin Theresa May hält jetzt doch eine Verschiebung des Brexit für möglich. Großbritanniens Wirtschaftslenker und Devisenhändler reagieren mit Erleichterung. Die dürfte jedoch von kurzer Dauer sein, warnen Analysten.

Von Friedbert Meurer | 26.02.2019
May spricht am Rednerpult und blickt zur Seite. Dahinter sieht man Parlamentarier auf den Sitzbänken.
Theresa May bei ihrer Rede im britischen Unterhaus (House Of Commons / PA Wire / dpa)
Immer und immer wieder hatte Theresa May eine Verschiebung ausgeschlossen. Großbritannien werde auf jeden Fall am 29. März die EU verlassen – mit oder ohne Vertrag. Jetzt nimmt sie die Kehrtwende vor und will das Unterhaus darüber abstimmen lassen, den Brexit zu verschieben.
"Wenn das Unterhaus erneut gegen den Vertrag mit der EU stimmt und es außerdem ablehnt, am 29. März ohne Vertrag die EU zu verlassen, dann werden wir am 14. März das Parlament über eine kurze, begrenzte Verlängerung unseres Austritts entscheiden lassen."
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Mehr Beiträge zum Brexit finden Sie in unserem Portal "Countdown zum Brexit" (AFP / Tolga Akmen)
Drei Tage gilt es rot im Kalender anzukreuzen: Am 12. März wird das Unterhaus noch einmal über den EU-Vertrag und dann gegebenenfalls am 13. März darüber abstimmen, ob man ohne Vertrag die EU verlässt. Das wird hochwahrscheinlich abgelehnt, um dann am 14. März die Verschiebung des Brexits zu beantragen. Im Gespräch sind zwei Monate, also bis zu den Europawahlen im Mai. Kenneth Clarke, der Alterspräsident des Hauses, bezweifelt das aber:
"Wie lange soll der Verzug dauern? Ist es nicht eher so, dass wir diese ganze Pantomime fortsetzen werden, und nach drei Monaten ist die Öffentlichkeit bestürzt, dass wir nicht weitergekommen sind, und dass das Chaos ziemlich ähnlich sein wird wie jetzt."
Erleichterung bei der Wirtschaft
In der britischen Wirtschaft aber ist man erst einmal erleichtert, dass ein Exit aus der EU ohne Vertrag unwahrscheinlich geworden ist. Theresa May behauptete zwar im Parlament, der "No Deal" bleibe weiter eine Möglichkeit. Aber der heutige Tag hat gezeigt, dass ihr ihre eigene Regierung und eine Mehrheit des Parlaments darin nicht folgen wollen.
Erleichterung herrschte auch am Devisenmarkt. Das Pfund kletterte gegenüber dem Dollar so hoch wie seit zwei Jahren nicht mehr. Analysten warnen aber, dass sehr schnell wieder Unsicherheit darüber spürbar werden wird, wie es denn weitergehen soll.
Mark Carney, der Gouverneur der Bank von England, beteuerte pflichtgemäß vor einem Ausschuss des Parlaments, einem möglichen Wirtschaftseinbruch geldpolitisch entgegensteuern zu wollen. "Wenn es doch zum 'No Deal' kommt und es keine Übergangsperiode gibt, dann werden wir die Wirtschaft stimulieren, so gut es geht. Wir tun unser Möglichstes, aber wir sollten nicht zu sehr anpreisen, was wir tun könnten."
Carney dürfte erleichtert sein, dass er geldpolitisch im Moment erst einmal nicht aktiv werden muss. Verhalten fällt das Echo in der britischen Wirtschaft übrigens auf den Kurswechsel von Labour-Chef Jeremy Corbyn aus. Corbyn befürwortet jetzt ein zweites Referendum. Weite Teile der Wirtschaft wären zwar für den Verbleib in der EU, wünschen sich aber endlich klare und verlässliche Aussichten, wie es mit Großbritannien weitergehen soll.