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Große Reden
Edward VIII: "... die Frau, die ich liebe"

Ein Mann, eine Frau, ein Königreich. Und eine Rede im Radio. Als Edward VIII in den 30er-Jahren auf die Krone verzichtete, löst er ein politisches Beben aus. Die Radioansprache des verliebten Königs wirkt in Großbritannien bis heute nach.

Friedbert Meurer über die Abdankung von Edward dem VIII. | 10.07.2017
    König Edward VIII (1894-1972)
    Die Rede Edwards dauerte nur etwa sechs Minuten. Es sei ihm unmöglich, die Last der Verantwortung eines Königs zu tragen, ohne die Hilfe und Unterstützung der Frau, die er liebe. (imago stock&people)
    Audiodatei der Rede von Edward VIII. "the Woman I love" (11.12.1936):
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    Schloss Windsor am 11. Dezember 1936. "Hier spricht Ihre königliche Hoheit, Prinz Edward." Edward VIII. war seit wenigen Stunden nicht mehr britischer König, sondern nur noch "Prinz". Das britische Parlament hatte gerade eben seiner Abdankung zugestimmt.
    "Vor wenigen Stunden habe ich meine Pflichten als König und Kaiser von Indien niedergelegt. Mein Bruder ist jetzt mein Nachfolger, der Herzog von York. Als allererstes spreche ich ihm von ganzem Herzen meine Loyalität aus."
    Liebe statt Krone
    Die Rede Edwards dauerte nur etwa sechs Minuten. Es sei ihm unmöglich, die Last der Verantwortung eines Königs zu tragen, ohne die Hilfe und Unterstützung der Frau, die er liebe. Die Millionen Britinnen und Briten am Radio waren geschockt. Aufgrund der Zensur wusste die Öffentlichkeit lange nicht Bescheid und hatte erst wenige Tage zuvor von der Beziehung ihres Königs zu Wallis Simpson erfahren, einer zweifach geschiedenen US-Amerikanerin.
    "Ich habe weder das Land noch das Empire vergessen", beteuerte Edward in seiner Radioansprache, die weltweit übertragen wurde. "25 Jahre lang habe ich doch als Thronnachfolger und dann als König versucht zu dienen."
    Ein König, der seine Land im Stich lässt, es verrät - so ist Edward VIII. in die Geschichtsbücher eingegangen. Zahllose Briten hatten im Ersten Weltkrieg ihr Leben geopfert, und Edward wollte noch nicht einmal auf eine Ehe mit dieser Frau verzichten? Der erfolgreiche TV-Mehrteiler "The Crown" schildert die Bitterkeit der Royals damals. Edwards eigene Mutter Mary bezeichnet ihren eigenen Sohn als "Monster".
    "Euer Vater ist unter der Last der Verantwortung als König gestorben. Ich werde Edward nie seine Selbstsucht und Schwäche verzeihen, dass er einfach die Last an seinen Bruder weitergereicht hat."
    Erschütterung für die britische Monarchie
    Ohne den Rücktritt Edwards wäre Elisabeth die zweite heute nicht Queen - Edwards Bruder bestieg als George VI. den Thron und starb früh. Dier Abdankung Edwards hat die britische Monarchie erschüttert wie kein anderes Ereignis im 20. Jahrhundert. Ein König tritt freiwillig ab und stellt damit den Automatismus der Thronfolge in einer Monarchie in Frage. Der Verfassungsrechtler Vernon Bogdanor kommt allerdings zu einem anderen Schluss: die Abdankung hatte keine Verfassungskrise zur Folge, im Gegenteil.
    "Die Abdankung hat die Krise gelöst. Die Monarchie blieb unversehrt. Für die königliche Familie dagegen war das ein traumatisches Ereignis, das sich nie wiederholen sollte."
    Private Interessen dürfen nicht über royale Pflichten gestellt werden - das ist die Lehre aus der Abdankung. Queen Elisabeth verbot in den 50er Jahren ihrer Schwester Margaret, den Mann ihrer Wahl zu heiraten - auch er war geschieden. Die Eheprobleme zwischen Charles und Diana belasteten in den 90ern ebenfalls die Monarchie.
    Bei allem vordergründigen Jubel für die Royals in Großbritannien - er muss nicht von ewiger Dauer sein. In dem aktuellen BBC-Spielfilm "King Charles III." besteigt Charles nach dem Tod Elisabeths den Thron. Anders als seine Mutter will er ein politischer Monarch sein - und löst im Streit um ein Gesetz das Unterhaus auf.
    Das unerhörte Handeln von Charles löst bürgerkriegsähnliche Zustände im Land aus. Auch Charles wird zur Abdankung gezwungen, durch eine Intrige seines Sohnes William. In Wahrheit hat auch Edward VIII. nicht abgedankt, er wurde zum Rücktritt gezwungen - von der Politik, der Kirche und dem Hof. Ihnen war sein Reformgeist ohnehin suspekt.
    Frischluft für das Königreich
    "Ich wollte ein moderner König sein", blickte Edward in einem Interview in der BBC 1969 zurück, drei Jahre vor seinem Tod. "Ich wollte nur die Fenster öffnen und ein wenig frische Luft hereinlassen." Auch der Verfassungsrechtler Vernon Bogdanor betont, dass Edward vor allem das soziale Elend im zeitgenössischen Großbritannien bedrückte.
    "Er führte nicht nur ein glamouröses Leben. Er sorgte sich für die sozial Benachteiligten und wurde von vielen in der Bevölkerung dafür bewundert. Er besuchte Slums, klopfte dort an eine Tür, und als die Frau des Hauses öffnete, sagte er: "Ich bin der König. Darf ich reinkommen?"
    Verräter oder Reformer? In seiner historischen Rede wehrte sich Edward VIII. gegen den Vorwurf des Verrats. Zehn Monate später besuchte er mit Wallis Simpson Adolf Hitler in Deutschland, ein Foto zeigt ihn mit dem Hitler-Gruß. Edward hatte deutsche Wurzeln, sprach fließend deutsch - sein Kokettieren mit den Nazis wird ihm nicht verziehen. Dass er über seinen Bruder seine Nichte Elisabeth zur Königin gemacht hat, das wird ihm heute als seine größte Leistung ausgelegt.
    "Ich wünsche meinem Bruder und Ihnen allen Glück und Wohlfahrt. Gott segne Sie! Gott schütze den König!"