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"Grüne Kohle" als Brennstoff

Der matschige Inhalt einer Biotonne taugt auf den ersten Blick nicht als Brennstoff. Doch getrocknet ist der Unterschied zu fossiler Kohle nicht mehr groß. Forscher haben sich daran gemacht, beliebige Biomasse in eine Art "grüne Kohle" zu verwandeln. Inzwischen hat die Industrie das Verfahren aufgegriffen.

Von Eva Firzlaff |
    Im Herbst fallen in den Parks einer Stadt Unmengen von Laub an. Im Frühjahr werden Sträucher geschnitten, im Sommer die Wiesen gemäht. Deutschlandweit werden in den Kommunen bislang 4,3 Millionen Tonnen Grünabfälle erfasst und meist in großen Anlagen kompostiert. Es wird jedoch nur etwa ein Zehntel der eingesetzten Menge zu Kompost, daneben entstehen Kohlendioxid, Wasser und Methan.

    "Wir haben ein Verfahren, wo wir wirklich alle Bioabfälle, also Holz, Grünschnitt und auch Gras in einem Verfahren umsetzen können. Wir können dadurch viel mehr Energie verfügbar machen und wir können mehr CO2-Emissionen einsparen. Das heißt, es ist ein Verfahren, das der heutigen Biomassenutzung überlegen ist."

    Sagt der Geschäftsführer von Suncoal Industries Friedrich von Ploetz. Die Firma ist eine der Ersten, die die Forschung des Max-Planck-Institus Potsdam in die Praxis umsetzt. Das Verfahren heißt Hydrothermale Carbonisierung, kurz HTC, und macht technisch das gleiche, wie die Natur vor vielen Millionen Jahren, als Biomasse im Moor versank, unter Luftabschluss und Druck zu Kohle wurde. Das allerdings dauerte mehrere Millionen Jahre, technisch geht es in wenigen Stunden:

    "Die Biomasse fällt in den Kessel rein, bis sechs Zentimeter Stückgröße, und dann wird es gekocht. Das ist wie ein Schnellkochtopf, ein bisschen größer, wir haben hier mehrere Kubikmeter. In den großen Anlagen werden das 50 bis 60 Kubikmeter sein. Also richtig große Töpfe, da wird es drei Stunden bei 200 Grad Celsius gekocht. Und dann haben sie Kohleschlamm. Das heißt, die Biomasse zerfällt, ähnlich wie wenn man Kartoffeln kocht, am Anfang sind sie hart und am Ende kann man sie relativ leicht zermatschen. Das passiert hier mit Holz, Gras, Laub und aller anderen Biomasse auch."

    Anschließend wird der Kohleschlamm gepresst und getrocknet. Aus vier Tonnen Abfall, aus dem noch Fremdstoffe, wie Sand und Steine, entfernt werden müssen, entsteht etwa eine Tonne Kohle. Hat man reine Bioabfälle, dann ist das Verhältnis eins zu 0,8:

    "So, hier sehen Sie den Staub. Das ist vergleichbar zu Braunkohlestaub, also sehr feinkörniges Material, das sehr gut in Staubfeuerungen eingesetzt werden kann und das ist das Granulat, das ist das einfachste Produkt, das wir herstellen, was auch für Biomassefeuerung geeignet ist."

    Es sieht aus wie bröselige Braunkohle und hat auch den gleichen Heizwert. Trotzdem spart die Kohle aus dem Reaktor verglichen mit fossiler Kohle CO2-Emissionen ein, weil bei der Verbrennung nur soviel CO2 freigesetzt wird, wie die Pflanzen vorher gebunden haben. Bei der Kompostierung ist die CO2-Bilanz die gleiche, doch die Energie geht verloren. Für Biogasanlagen müssen eigens Pflanzen angebaut werden, die Fläche geht für die Erzeugung von Lebensmitteln verloren. Bei der grünen Kohle ist das anders, sagt Dr. Tobias Wittmann, er ist zweiter Geschäftsführer und technischer Leiter von Suncoal:

    "Biogasanlagen nutzen vor allem Maissilage und Gülle. Das sind keine Substrate, die wir für zweckmäßig halten für unsere Anlage. Rein technisch kann man sie natürlich nutzen, aber sie haben relativ hohe Preise für das Material zu zahlen, muss ja angebaut werden. Wir setzen auf biogene Reststoffe aus Abfallbiomasse, die feucht ist und momentan nicht sinnvoll energetisch genutzt werden kann."

    Suncoal Industries sucht nun Anwender. Obwohl die Technik teurer ist als Kompostierung, wären die Entsorgungskosten für den Grünabfall nicht höher, weil ja das Produkt – die Kohle – viel wertvoller ist als Kompost:

    "Unsere Anlage kann 60.000 Tonnen Frischmasse einsetzen und erzeugt daraus 20.000 Tonnen Suncoal, die dann trocken ist. 60.000 Tonnen im Jahr bedeuten, acht Lkw pro Tag fahren Biomasse in die Anlage. Das ist schon eine erhebliche Menge, das gibt es auch nur in großen Kommunen."

    Deshalb auch guckt man über Deutschland hinaus, in Regionen, wo aufgrund mehrerer Vegetationsperioden oder der größeren Fläche mehr Bioreststoffe anfallen. Geschäftsführer von Ploetz nennt ein Beispiel:

    "Wenn Sie sich die Zuckerindustrie in Brasilien anschauen, dann fallen dort in großen Mengen Reststoffe an, die sogenannte Bagasse. Wenn Sie diese Reststoffe zu Biokohle verarbeiten, würden sie bis zu 200 Millionen Tonnen Biokohle pro Jahr produzieren."

    In der Heizung zu Hause darf die Biokohle bisher nicht verfeuert werden, weil sie noch nicht zu den dafür zugelassenen Brennstoffen gehört, einfach, weil es sie noch nicht gab, als die entsprechende Verordnung verfasst wurde.

    Weiterführende Informationen unter:

    Bundesverband Hydrothermale Carbonisierung

    SunCoal Industries