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Grüne wollen Frage der Nebentätigkeit von Abgeordneten neu regeln

Klein: Die parlamentarischen Geschäftsführer der Bundestagsfraktionen kommen zusammen, um darüber zu sprechen, wie die Regeln für Nebenverdienste von Politikern, von Bundestagsabgeordneten in diesem Fall, verändert werden könnten und müssten: mit dem Ziel mehr Transparenz und Sanktionen bei Verstoß. Vor dieser Sendung hatte ich Gelegenheit, mit Volker Beck darüber zu sprechen. Er ist parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion und ich habe ihn zunächst gefragt, ob er schon irgendeine Art von möglichem Konsens der Fraktionen zu diesem Thema erkennen kann.

Moderation: Bettina Klein |
    Beck: Ich glaube die Diskussion der vergangenen Woche hat gezeigt, dass es dort Bedarf gibt zu gucken, wie kommt man zu einer Wirksamkeit der Prinzipien, die eigentlich auch heute schon gelten.

    Klein: Aber dass die Opposition mit ihnen sprechen wird, das steht doch fest?

    Beck: Dass wir darüber sprechen werden ja, aber die Frage ist noch nicht geklärt, ob die Opposition bereit ist, mit uns gemeinsam eine Überarbeitung der Verhaltensregeln und wo möglich auch des Abgeordnetengesetzes zu unternehmen. Ich hoffe, dass wir das gemeinsam hinkriegen, weil ich finde es gehört zu den guten Übungen des hohen Hauses, dass man in Statusfragen, also die Rechte und Pflichten von Abgeordneten, dies über die Parteigrenzen hinweg organisiert.

    Klein: Dennoch hat ja sowohl Ihre Fraktion als auch die der SPD schon am Wochenende gesagt, man würde neue Transparenzregeln notfalls auch gegen die Opposition durchsetzen. Lässt sich denn das wirklich praktisch umsetzen?

    Beck: Ja selbstverständlich. Das sind keine Regeln, die jetzt nun zwingend irgendwelche qualifizierten Mehrheiten brauchen. Wir brauchen dafür nur eine einfache Mehrheit. Dennoch würde ich es begrüßen, wenn man das im parteipolitischen Konsens hinbekommen könnte. Aber angesichts der öffentlichen Diskussion bleibt uns nichts anderes übrig, wenn uns das nicht gelingt, dass wir das notfalls mit unserer eigenen Mehrheit machen müssen.

    Klein: Können Sie sich vorstellen, worin ein Konsens realistischerweise bestehen könnte?

    Beck: Ich denke erst einmal, dass die Prinzipien, die wir in unseren Verhaltensregeln haben, eigentlich alle gemeinhin anerkannt sind. Dazu gehört beispielsweise, dass man eben Nebentätigkeiten angeben muss. Dazu gehört auch, dass man dem Präsidenten die Höhe der Einkünfte aus Nebentätigkeiten mitteilen muss, und dazu gehört auch, dass man keine Zahlungen für das Mandat entgegennimmt, sondern wenn man Nebeneinkünfte erzielt, dann sind die entweder aus Vermögen, oder sie sind eben aus einer Tätigkeit, die dann auch real stattgefunden haben muss. Ich glaube das müssen wir einfach gewährleisten, dass man das sicherer weiß. Es gab ja einige Fälle, wo man erhebliche Zweifel haben kann, ob das zulässig ist, wo Abgeordnete offensichtlich als Nebentätigkeit ein Vertragsverhältnis deklariert haben, wo der Zahlung, die sie empfangen haben, gar keine Leistung gegenüberstand. Da ist auf jeden Fall ein Grenzbereich erreicht, wo man sagen kann diese Abgeordneten haben ihr Geld für das Mandat und nicht für eine Leistung erhalten, und das ist ein Widerspruch zu den Verhaltensregeln. Das Problem ist: gegenwärtig hat der Präsident hier keine Möglichkeiten, in einer solchen Situation hinreichend den Fall aufzuklären, und wenn er es aufklärt, dann passiert auch nichts. Dann gibt es auch keine Sanktionen. Das ist auch ein bisschen unbefriedigend und deshalb müssten wir darüber reden, wie kommen wir zu einer besseren Kontrolle, auch zu einer Überprüfung, wo man dann sagen kann ich habe das dem Präsidenten gemeldet, das ist überprüft worden und das ist damit auch außerhalb der Kritik, weil das ist als korrekt beurteilt worden. Das wäre ein erheblicher Fortschritt auch zum Schutz der Abgeordneten und es wäre wahrscheinlich auch befriedigender, wenn diejenigen, die grob gegen die Verhaltensregeln verstoßen, dann hinnehmen müssen, dass sie hier von ihren Diäten wo möglich etwas abgezogen bekommen.

    Klein: Aber wie diese Sanktionen im einzelnen aussehen sollen, das steht ja offenbar noch nicht fest, nachdem man am Wochenende schon gehört hat man ist sich einig, dass die Sanktionen kommen, aber so genau wollten dann auch Ihre Kolleginnen und Kollegen eigentlich gar nichts dazu sagen?

    Beck: Ich glaube wir haben da unsere Vorstellungen schon im Hinterkopf, aber wenn wir ernsthaft mit der Opposition hier zu Ergebnissen kommen wollen, sollten wir das auch mal so besprechen wie das jeder vom Ansatz her sieht, um dann zu sehen, welche Regelungen finden dort eine Mehrheit. Wenn wir jetzt hier schon die fertigen Regelungen über die Presse oder in Rundfunkinterviews unseren Gesprächspartnern diktieren, dann würde ich schon auch Verständnis haben, dass die das Gefühl haben, wir geben ihnen gar keine echte Chance zu einer gleichberechtigten Partizipation.

    Klein: Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz ist ein bisschen konkreter geworden und hat gesagt, bestraft werden sollte, wenn Abgeordnete einer nicht gemeldeten Tätigkeit nachgehen oder erkennbar Gelder ohne Gegenleistung annehmen. Das haben Sie gerade schon gesagt. Erlaubt ist es ja bisher auch nicht. Es soll sanktioniert werden, sagen Sie, aber von der wirklich entscheidenden Neuregelung nämlich, zum Beispiel die Höhe der Nebeneinkünfte offenzulegen, ist da gar keine Rede mehr.

    Beck: Die Frage, in welchen Fällen die Veröffentlichung der Nebeneinkünfte tatsächlich ein öffentliches Interesse ist und wann das auch ein Eingriff in die Rechte des Abgeordneten als Bürger oder ein Eingriff in die Rechte seiner Vertragspartner wäre, das muss man im Detail noch diskutieren. Es gibt sehr viele bei unserer Fraktion, die hier mehr Transparenz und mehr Öffentlichkeit wollen. Man muss hier aber genau hinschauen, wann es dieses Interesse denn überhaupt geben kann. Ich sehe zum Beispiel bei einem selbständigen Unternehmer nicht, worin das Interesse der Öffentlichkeit besteht, dass man weiß wie viel Geld er denn dort verdient, und wenn das bei einem Unternehmen veröffentlicht würde, kann das je nach den Ergebnissen, die man im jeweiligen Jahr erzielt, durchaus auch Rückwirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens haben. Das berührt dann ganz erhebliche Interessen nicht nur des Abgeordneten, sondern auch seiner Kompagnons im Betrieb und wo möglich auch seiner Belegschaft, wo man auch nicht sagen kann das ist eine Auskunft, woran man beurteilen kann, ob der Unternehmer oder der Abgeordnete noch unabhängig ist. Das Ziel einer Reform muss ja sein, Einflüsse über Geldzahlungen abzuwehren von der Unabhängigkeit des Mandats. Es geht jetzt nicht darum, aus den Abgeordneten eine besondere Klasse Mensch zu machen wo man sagt, bei denen darf ich aber die Steuererklärung haben, bei allen anderen Bürgern gilt das Steuergeheimnis. Es kann vielmehr nur darum gehen, Regelungen zu schaffen, die transparent machen, dass der Abgeordnete nicht durch Nebentätigkeiten hier politisch beeinflusst wird.

    Klein: Von welchen Zeiträumen, Herr Beck, gehen Sie aus? Wann denken Sie wird eine solche Neuregelung im Konsens möglicherweise gefunden sein?

    Beck: Ich gehe davon aus, dass wir in dieser Woche einen ersten Austausch machen. Danach wissen wir wer mitmacht, wie wir den Prozess weiter gestalten werden, so dass wir in der ersten Jahreshälfte dieses Thema klären.

    Klein: Volker Beck, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Bundestag.