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Grünen-Antrag abgelehnt
Bundestag weiter gegen Tempolimit auf Autobahnen

Deutschland ist das einzige Land in der EU, in dem es kein Tempolimit gibt. Und dabei bleibt es vorerst auch. Ein Grünen-Antrag für eine Maximal-Geschwindigkeit auf Autobahnen fand im Bundestag keine Mehrheit. Laut Umfragen ist eine Mehrheit der Bundesbürger für ein Tempolimit.

Von Dieter Nürnberger | 17.10.2019
Autos auf der Stadtautobahn, verschwommen.
Hohe Verkehrsdichte auf der Berliner Stadtautobahn A100 nahe der Autobahnausfahrt Schmargendorf. (imago images / photothek)
Letztlich war das Abstimmungsergebnis wenig überraschend: Mit einer großen Mehrheit von 498 zu 126 Stimmen wurde im Bundestag der grüne Vorstoß für ein Tempolimit von 130 Kilometer pro Stunde auf Autobahnen abgelehnt.
Die Grünen hatten damit gerechnet, und doch wollten sie die Bundesregierung vorführen, ihr - eingebettet in die gegenwärtige Debatte über Klimaschutz im Verkehrsbereich - ein unzureichendes Engagement vorwerfen.
Cem Özdemir, der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, begründete den Grünen-Antrag: "Dagegen haben Sie einen quasi religiösen Eifer, den Sie beim Thema Tempolimit hervorheben statt endlich dafür zu sorgen, dass wir sofort und umsonst Klimagase einsparen, indem wir endlich den deutschen Sonderweg beim Thema Nein zum Tempolimit beenden."
CDU-Politiker verweist auf Landstraßen-Unfallstatistik
Deutschland ist das einzige Land in der EU, in dem es kein Tempolimit gibt. Die Grünen argumentierten mit internationalen Studien und auch Erfahrungen. Seit 2002 gelte beispielsweise auf einer Teilstrecke zwischen Berlin und Hamburg Tempo 130. Und seitdem seien Unfälle und hierbei getötete Verkehrsteilnehmer zurückgegangen, die Verletztenzahl sogar annährend halbiert worden. Für die Regierungsfraktionen verwies der CDU-Verkehrsexperte Gero Storjohann darauf, dass 60 Prozent der Verkehrstoten auf Landstraßen registriert würden. Deutsche Autobahnen seien sicher:
"Das deutsche Straßensystem mit Autobahnen ist auf hohe Geschwindigkeiten - ich nenne da durchaus 130 oder auch 150 Kilometer pro Stunde - ausgelegt. Das ist nicht vergleichbar mit beispielsweise Zypern, wo Sie 100 fahren dürfen. Und doch jeder dort 120 km/h fährt, weil er weiß, dass er sowieso nicht kontrolliert wird."
Das Tempolimit ist ein Dauerthema. In der heutigen Bundestagsdebatte waren deshalb viele altbekannte Argumente zu hören. Die AfD spricht beispielsweise ohnehin von einer ideologischen Verkehrswende - die Bürger sollten umerzogen werden, so der Abgeordnete Wolfgang Wiehle:
"Man erkennt das Muster: Jedes Jahr hat sein neues Umweltthema, was dann hysterischerweise hochgepeitscht wird."
Mehrheit der Bürger ist für ein Tempolimit
Uneinigkeit gab es vor allem zudem hinsichtlich der ökologischen Auswirkungen eines Tempolimits. Es bringe zu wenig an Schadstoffreduzierungen in der Luft, war von vielen Abgeordneten zu hören. Doch Experten widersprechen: So hat das Ökoinstitut 2018 konkret nachgerechnet. Tenor: Es lohne sich.
Ruth Blanck ist Mobilitätsexpertin des Instituts: "Wir haben berechnet, dass das rund ein bis zwei Millionen Tonnen im Jahr bringen würde. Das entspricht ein bis zwei Prozent der PKW-Emissionen in Deutschland. Das ist also gar nicht so wenig. Wir haben zudem ausgerechnet, was beispielsweise die Kaufprämie für Elektroautos bringt: Für 2020 sind wir da auf einen Wert von lediglich 0,1 Millionen Tonnen gekommen."
Unterstützung erfuhr der grüne Antrag lediglich durch die Fraktion der Linken. Durch die heute klare Abweisung des Grünen-Antrags steht fest, dass es vorerst kein übergeordnetes Tempolimit auf Autobahnen geben wird. Doch die gesellschaftliche Debatte darüber wird wohl weitergehen. Denn stets hat sich eine Mehrheit der Bundesbürger - zumindest in Umfragen - dafür ausgesprochen.