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Grünen-Konzept
Weniger Flüge, mehr Bahnverkehr

Für mehr Klimaschutz planen die Grünen, Inlandsflüge deutlich teurer zu machen. Zugleich soll umweltfreundliches Zugfahren attraktiver werden - also billiger. Die Große Koalition will im September ein Gesamtpaket für mehr Klimaschutz verabschieden.

Von Barbara Schmidt-Mattern | 23.07.2019
Von ICE 1 bis ICE 4.
Nach dem Willen der Grünen soll Bahnfahren in Deutschland billiger werden, um Inlandsflüge letztlich ganz zu vermeiden (Deutsche Bahn AG / Kai Michael Neuhold)
Einträchtig sind Markus Söder und Winfried Kretschmann heute Morgen zum gemeinsamen Kabinettstreffen über den Bodensee geschippert. Die Ministerpräsidenten von Bayern und Baden-Württemberg - der eine CSU-Chef, der andere ein Grüner - kommen zwar aus unterschiedlichen politischen Himmelsrichtungen.
Doch die beiden tun sich gerne mal zusammen, und sei es auch nur gegen die Hauptstadt da oben im Norden:
"Der Süden ist am weitesten weg von Berlin, von den Kilometern her – manchmal übrigens auch von der Einstellung. Wir wollen einfach nur eines: Lasst uns ein bisschen machen, wie wir uns das vorstellen", stichelt Markus Söder.
Autofahrende Bürger zusätzlich belasten?
Doch trotz der gefeierten "Südschiene", von der sie in Bayern und Baden-Württemberg gerne sprechen, ist Söder schon mal allein vorgeprescht. In der Debatte um einen CO2-Preis auf Benzin und Heizöl stellt Bayerns Ministerpräsident jetzt Bedingungen: Eine Verteuerung klimaschädlicher Brennstoffe werde er, Söder, nur zustimmen, wenn im Gegenzug die Kfz-Steuer gesenkt und die Pendlerpauschale erhöht werde, sagte der CSU-Chef der Deutschen Presse-Agentur.
Und schon im Frühjahr hatte Söder erklärt: "Wir haben in den letzten 20 Jahren die Strompreise zwar verdoppelt, aber gleichzeitig bei CO2 keinen Schritt nach vorne gemacht, was die Reduktion bringt. Eine im Prinzip grüne industrielle Revolution bräuchte es mit neuen Technologien, um wirklich eine große Einsparung von CO2 zu erreichen."
Aber eben ohne die autofahrenden Bürger allzu sehr zu belasten, findet Söder. Die gleiche Sorge treibt auch Svenja Schulze um. Ganz Sozialdemokratin, will die Bundesumweltministerin allerdings nicht pauschal die Autofahrer entlasten, sondern mittels einer Klimaprämie vor allem ärmeren Bevölkerungsgruppen einen Ausgleich zahlen:
Moderat belastet würden hingegen Ein- und Zweipersonen-Haushalte aus den oberen Einkommensgruppen, also aus den Einkommensgruppen, die sich das auch leisten können."
Ob Klimaprämie oder eine Ausweitung der Pendlerpauschale, beim Thema CO2-Preis geht es in der schwarz-roten Koalition in Berlin momentan zu wie beim Pingpong-Spiel. Erst am 20. September will die Bundesregierung ein Gesamtpaket für mehr Klimaschutz verabschieden. Den Grünen, die im Bundestag auf der Oppositionsbank sitzen, dauert das alles zu lange. Außerdem hält ihre Abgeordnete Daniela Wagner von Markus Söders Plänen: nichts.
Zugfahren soll billiger werden
"Pendlerpauschale ausweiten, halte ich für grundsätzlich falsch, denn die Pendlerpauschalde ist eine einzige Zersiedelungspauschale. Sozialer Ausgleich muss aus meiner Sicht in anderen sozialen Kernbereichen stattfinden."
Auch die FDP lehnt die Überlegungen aus Bayern für eine Entlastung der Autofahrer ab. Oliver Luksic, Mitglied der Bundestagsfraktion, fordert stattdessen die Ausweitung des europäischen Emissionshandels. Neue Steuern seien hingegen Murks, meint Luksic:
"Das ist ja linke Tasche, rechte Tasche. Also am Ende des Tages führt‘s am Schluss doch immer zu weiteren Belastungen. Der Staat hat ja bisher noch nie irgendwo eine Steuer abgeschafft, die er mal eingeführt hat."
Die Grünen gehen unterdessen bereits einen Schritt weiter. In einem neuen Papier schlägt die Bundestagsfraktion vor, Fahrscheine für die Bahn deutlich billiger machen und Inlandsflüge im Gegenzug zu verteuern.
"Also die Kernidee ist die, dass wir sagen: Es kann nicht so sein, dass ausgerechnet die definitiv klimaschädlichste Fortbewegungsart am höchsten subventioniert wird, während die klimafreundlichste Fortbewegungsart, nämlich das Bahnfahren, viel stärker besteuert wird."
Forderung nach Modernisierung bei der Bahn
Konkret schlägt die Grünen-Abgeordnete unter anderem eine Senkung der Stromsteuer, sowie der Mehrwertsteuer für Bahntickets vor. Der Bund soll drei Milliarden Euro zusätzlich in das Schienennetz investieren, finanziert unter anderem durch die CO2-Abgabe und durch eine neue Kerosinsteuer. Sie soll zunächst nur in Deutschland für Inlandsflüge, später auch in der gesamten Europäischen Union eingeführt werden, so schwebt es den Grünen vor.
Die Bundesregierung reagierte zunächst nicht auf die Vorschläge - doch die Debatte um mehr Geld für die Bahn wird nach der Sommerpause an Fahrt aufnehmen. Allein die Kosten für Brückensanierungen haben sich zwischen 2015 und 2018 verdoppelt, wie aus einer Antwort der Bundesregierung an die Grüne Bundestagsfraktion jetzt hervorgeht.
Eine Sprecherin der Deutschen Bahn erklärte auf Anfrage unseres Hauptstadtstudios: Die rund 25.0000 Eisenbahn-Brücken in Deutschland seien "sicher und befahrbar".