Engels: Ihrer Ansicht ein neuer Skandal rund um die Bundesbank?
Scheel: Also ich halte das für völlig überzogen, wie die Bundesbank sich hier verhält. Das hat ja im Prinzip auch Wirkungen auf den Bundeshaushalt, denn wenn man Führungskräften der Bank Villen baut und dann unter der Marktmiete vermietet, bedeutet das natürlich, dass die Überschüsse der Bundesbank, die ja normalerweise dem Bundeshaushalt zufließen, dann auch eben um diese Summen reduziert werden.
Engels: So etwas muss also verboten werden?
Scheel: Ich finde schon, dass der Bundesrechnungshof hier Recht hat. Es gibt ja seit Jahren diesen Streit zwischen dem Bundesrechnungshof und der Haushaltswirtschaft der Deutschen Bundesbank, die der Rechnungshof ja regelmäßig prüft. Es ist auch in der Vergangenheit wiederholt die Verminderung des Immobilienbestands im Haushalt der Bundesbank angemahnt worden und vieles mehr. Deswegen finde ich, dass sich der Rechnungsprüfungsausschuss des Deutschen Bundestags mit den Rechnungshofsberichten in Bezug auf die Deutsche Bundesbank jetzt auseinandersetzen muss, und dass wir uns überlegen sollten, ob wir nicht am Bundesbankgesetz etwas ändern.
Engels: Etwas ändern heißt, es soll ein Kontrollorgan für die Bundesbank geben?
Scheel: Die Bundesbank ist ja an sich unabhängig, was ihre inhaltliche Arbeit anbelangt. Das ist selbstverständlich richtig, und das muss auch so bleiben. Aber diese Unabhängigkeit kann ja nicht übertragen werden auf Immobiliengeschichten und alles mögliche. Ich finde, hier muss mal klar gesagt werden, so wie das ist, ist es für die Zukunft nicht mehr zu akzeptieren. Wir müssen hier auch Prüfungsmöglichkeiten letztendlich einräumen. Wir haben das bei anderen Bundesbehörden beispielsweise ja auch immer. Wir haben das beim Bundesverfassungsgericht. Da gibt es auch eine Möglichkeit, wo der Bund sich einschalten kann. Bloß die Bundesbank behauptet immer, in dem Moment, wo die Regierung sagt, wir möchten uns ganz gerne hier auch mal in bestimmten Bereichen mit einschalten, würden wir die Unabhängigkeit der Bundesbank angreifen. Das will ja niemand. Aber das, was die Bundesbank jetzt auch in diesem Zusammenhang hier leistet, geht wirklich zu weit.
Engels: Wer sollte diese Kontrolle ausüben?
Scheel: Bislang macht es ja der Bundesrechnungshof. Es wäre eine Möglichkeit, dass sich insgesamt der Rechnungsprüfungsausschuss oder der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages dann auch mit bestimmten Vorgaben befasst.
Engels: Und diese Vorgaben wären dann verbindlich?
Scheel: Das wäre dann verbindlich. Das müsste geregelt werden. Das kann nur gesetzlich geregelt werden. Wir hatten hier schon mal einen Vorschlag unterbreitet vor einigen Jahren. Dieser Vorschlag ist leider im Bundesrat im Vermittlungsverfahren dann nicht durchgegangen, und es ist zu bedauern, sonst wären wir hier einen Schritt weiter.
Engels: Nun hatten wir ja vor einigen Monaten den Fall Welteke, wonach sich der damalige Bundesbankpräsident Fehlverhalten in dieser so genannten Adlon-Affäre zugezogen hatte. Danach hatte die Bundesbank beschlossen, sich künftig den Verhaltenskodex der Europäischen Zentralbank zu eigen zu machen. Reicht das?
Scheel: Das wird in dieser Form nicht reichen, weil das betrifft das Verhalten derjenigen, die im Vorstand sitzen, was ihre Rechte und Pflichten sind, wo die Grenzen zu ziehen sind, und nicht die Frage, wie geht die Bundesbank selbst mit Immobilien um? Also ich finde schon, dass man hier eine klare gesetzliche Regelung braucht, die sich nicht die Bundesbank selbst setzen kann, sondern hier muss eine Kontrollmöglichkeit durch die Bundesregierung und durch den damit verbundenen Haushaltsausschuss, der ja dann auch zuständig wäre, erfolgen können.
Engels: Wie würden Sie dann sicherstellen, dass die inhaltliche Unabhängigkeit der Bundesbank gewahrt bleibt?
Scheel: Die inhaltliche Unabhängigkeit der Bundesbank hat ja mit der Frage, ob man Villen baut und unter Marktpreis vermietet, eigentlich gar nichts zu tun. Das ist ein Geschäftsgebaren, das der Rechnungshof, wie gesagt, zurecht auch immer anmahnt und jetzt aktuell auch angemahnt hat in diesen Fällen, die jetzt auch bestätigt worden sind. Präsidenten haben ja auch bereits gesagt, dass das so stimmt, dass diese Villen errichtet worden sind. Es ist ja nicht eine Vermutung, sondern es sind ja Fakten, die mittlerweile auf dem Tisch liegen. Da denke ich schon, dass das jetzt nicht die Unabhängigkeit der Bundesbank gefährden würde, wenn wir hier mehr Möglichkeiten hätten, wie gesagt, von Seiten des Haushaltsausschusses.
Engels: Der neue Bundesbankpräsident Weber ist von diesen Vorwürfen ja nicht betroffen. Fordern Sie denn auf anderer Ebene, möglicherweise im Direktorium auch personelle Konsequenzen?
Scheel: Nein, so weit würde ich gar nicht gehen. Es ist für den Bundesbankpräsidenten sicherlich jetzt eine zwingend zu lösende Aufgabe, ob die hauseigene Immobilienverwaltung mit rund 340 Mitarbeitern wirtschaftlich zu rechtfertigen ist - das war der Stand vom Jahre 2003. Ich finde, auch er muss hier klar sagen, falls weiterhin Mitarbeitern im Haus kostengünstige Wohnungen mit einem geldwerten Vorteil überlassen werden, ob das gegenüber der Öffentlichkeit zu rechtfertigen ist. Ich würde sagen, nein. Deswegen ist unsere Position, dass die Bundesbank ihren Wohnungsbestand marktgerecht veräußert und nicht als Vermieter agiert. Die Bundesbank braucht nicht eine hauseigene Immobilienverwaltung in dieser Größenordnung, wo niemand reingucken darf, sondern nur der Rechnungshof etwas beanstandet, was die Bundesbank wieder nicht akzeptiert. Also da hat der Bundesbankpräsident schon eine Aufgabe vor sich.
Engels: Nun kontrolliert ja ohnehin die Europäische Zentralbank die Geldpolitik. Brauchen wir mit Blick darauf überhaupt noch die Bundesbank als Instanz, oder reicht da nicht eine schlichtere Ausführungsbehörde für die EZB?
Scheel: Es ist schon in Ordnung. Die Bundesbank hat ja ihre Aufgaben neu sortiert. Gerade dadurch, dass die EZB entstanden ist, hat die Bundesbank ja dementsprechend eine Verschlankung auch in den Aufgaben gehabt, was die Überlegungen insgesamt angeht, Zinspolitik und vieles mehr, wo die EZB die Verantwortlichkeiten hat. Gleichermaßen hat man dann aber auch geschaut, dass die Bundesbank gemeinsam mit dem Bundesamt für Finanzdienstaufsicht zusammenarbeitet und dass man hier auch bestimmte Aufgaben der Finanzaufsicht, Bankenaufsicht mit übernimmt.
Engels: Ich bedanke mich für das Gespräch.