Jürgen Zurheide: Die IKB soll verkauft werden an einen amerikanischen Fonds, Lone Star heißt er, und damit will der Staat das Desaster beenden. Denn dass es ein Desaster ist, bestreitet niemand. Und auch dieser Verkauf wird ja entsprechend selbst von Ministern in Berlin so bezeichnet. 10,7 Milliarden hat es insgesamt gekostet, 9,2 Milliarden hat der Staat bisher bezahlen müssen. Das ist die erste vorläufige Rechnung. Und wenn man das umschlägt auf die Bevölkerung in der Bundesrepublik, dann heißt das ganz genau, jeder von Ihnen, der da gerade zuhört, hat 111,65 Euro bezahlt für die Rettung der IKB. Ein teures Vergnügen, wobei das sicherlich am Ende kein Vergnügen ist, sondern eher das Gegenteil. Jetzt ist politischer Streit ausgebrochen. Darüber wollen wir reden und ich begrüße Christine Scheel, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. Guten Morgen, Frau Scheel!
Christine Scheel: Guten Morgen, Herr Zurheide!
Zurheide: Frau Scheel, erst mal die Zahl 111,65 Euro, ist das eine realistische Größenordnung? Haben Sie andere Zahlen oder haben Sie überhaupt Zahlen?
Scheel: Ja, es ist so, dass ja der Vorstand und das Direktorium getagt haben und sich über den Verkaufspreis verständigt haben, den wir nicht kennen. Die Verwaltungsratsmitglieder sind ja noch nicht insgesamt zusammengekommen, das soll erst am 18. September der Fall sein. Und wir müssen ja dann diesen Verkauf auch noch oder sollen diesen Verkauf auch noch absegnen. Und man muss sehen, dass diese 10,7 Milliarden, die da insgesamt aufgebracht worden sind, ja nicht tatsächliche Verluste sind. Sondern es sind ja auch sehr viele Verluste drin. Man spricht davon, bis Ende des Jahres haben die Verluste sich hochgeschaukelt auf über einer Milliarde. Bis jetzt, 30.06., spricht man von 1,4 Milliarden. Und alles andere sind Risikoabschirmungen, sind Abschreibungen, Absicherungen praktisch, die nicht unbedingt dann zu Buche schlagen, am Ende, wenn man einen Strich drunter macht und sagt, wie viel Geld ist denn verbrannt worden.
Zurheide: Auf der anderen Seite entsteht ja der Eindruck, diese Bank muss jetzt weg, selbst wenn es mit Schaden ist. Und bei allem, was wir jetzt noch nicht wissen, hat man auch das Gefühl, dass der Staat die Risiken hat und die Privaten bekommen eine Bank praktisch geschenkt. Ist dieser Eindruck richtig oder haben Sie andere Informationen?
Scheel: Ja, es ist so, Sie haben ja auch in der Anmoderation völlig richtig gesagt, das ist ein Desaster. Und man muss sehen, die IKB ist eine private Bank. Und das ist das erste Mal in der Bundesrepublik in der Form, dass eine private Bank praktisch mit staatlichen Geldern und auch Geldern aus dem Bundeshaushalt, aus dem Bundeshaushalt sind ja da auch in dieser ganzen Angelegenheit 1,2 Milliarden zur Verfügung gestellt worden, das ist unglaublich viel Geld. Und man hat es damals getan in der Abwägung, was wäre denn passiert, wenn man die Bank in die Insolvenz geschickt hätte. Und das war eine sehr, sehr schwierige Situation letztes Jahr im Juli, wo man überlegt hat, was ist denn, wenn die Bank nicht gerettet wird. Und dann hat man festgestellt, dass es nicht nur um den Vertrauensverlust in das gesamte deutsche Bankgewerbe gegangen wäre. Denn diese IKB, diese Privatbank, war die mit am besten geratete Bank zu der damaligen Zeit, und alle hätten sich gefragt, um Himmels willen, was ist denn mit meinen Geldanlagen bei meiner eigenen Bank. Und es wäre, glaube ich, sehr, sehr schwierig geworden in der Öffentlichkeit, was die Situation im Bankgewerbe insgesamt anbelangt. Dann kam dazu, dass es hohe Verbindlichkeiten gegeben hat, auch gegenüber nicht nur den Kunden von der IKB, sondern auch gegenüber anderen Banken. Das heißt, es hätte die sofort mit reingezogen, die hätten ihre Finanzierungsbedingungen verschlechtert und alle haben befürchtet, dass die wirtschaftlichen Folgen, die daraus entstanden wären, letztendlich nicht absehbar wären und das Risiko zu groß. Deswegen hat man diesen Schritt unternommen und ist dann eben infolge dieses gesamten internationalen, ich sage mal, Finanzchaos, was das verursacht worden ist, ausgehend vom amerikanischen Immobilienmarkt, wo viele eingestiegen sind, ohne dass sie bewerten konnten, welche Risiken in den Papieren liegen. Und das ist das ganz Schlimme da dran, dass ein Vorstand wie bei der IKB, einer privaten Bank, sich nicht auskennt, sich auf Risiken eingelassen hat, jetzt die Staatsanwaltschaft auch noch am Ermitteln ist, inwieweit der Vorstand die eigenen Gremien getäuscht hat am Ende, seinen eigenen Aufsichtsrat der IKB. Und das ist alles eine ganz, ganz fürchterliche Geschichte, weil letztendlich in der Öffentlichkeit der Eindruck ist, die sind alle unfähig. Und es wird natürlich dann wieder sehr, sehr stark verallgemeinert. Ich hoffe sehr, dass die Staatsanwaltschaft zu dem Ergebnis kommt, dass vonseiten des Vorstandes auch Geld zurückgefordert wird, dass die damaligen Vorstände bekommen haben.
Zurheide: Ich glaube, Frau Scheel, es ist mehr oder weniger unumstritten, dass man die Bank retten musste, weil sonst die Kollateralschäden, dieses Wort kann man da wohl benutzen, zu groß gewesen wären. Die entscheidende Frage ist, wer hat die entsprechenden Sanierungsbeiträge übernommen. Und da komme ich noch mal auf die Rolle des Staates. Der Eindruck drängt sich auf, ich sage bewusst der Eindruck, dass der Staat zu viel Macht hat und die Privaten zu wenig. Sie haben ein paar Mal zu Recht darauf hingewiesen, dass die IKB eine Privatbank war. Und wenn man sich den Aufsichtsrat anschaut, sitzt da die gesamte Crème de la Crème der deutschen Wirtschaft drin. Es ist aber immer eher über den Staat geredet worden. Ist da was falsch gewesen?
Scheel: Ja, es ist so, dass letztendlich die KfW, Kreditanstalt für Wiederaufbau, ja Anteile an dieser IKB gehabt hat.
Zurheide: 38 Prozent?
Scheel: Es waren über 38 Prozent damals. Und das kam so zustande, weil die Münchener Rück und die Allianzversicherung 2001 Anteile verkauft haben. Und man war sich damals einig, und zwar sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik, und zwar einstimmig, dass man versuchen sollte, diese Anteile zu übernehmen, weil man nicht wollte, dass die IKB als damals auch wichtiger Mittelstandsfinanzierer an eine ausländische Bank geht. Und das ist jetzt das Verrückte, dass jetzt ausgerechnet Lone Star auch noch die IKB kauft letztendlich und wir jetzt da sind, wo man 2001 überhaupt nicht hin wollte.
Zurheide: Und jetzt wird es ja noch schlimmer. Es gibt jetzt heute Meldungen, wir wissen beide nicht oder vermutlich nicht, wie hieb- und stichfest die sind, dass es jemand anders gegeben hätte, nämlich den russischen Investor Lebedew, der wesentlich mehr Geld geboten haben soll. Das heißt, auch der Verkauf wird noch mal durchleuchtet werden müssen. Wie bewerten Sie solche Meldungen im Moment?
Scheel: Ja, es ist natürlich schon so, dass der Verwaltungsrat, ich als Verwaltungsrätin bei der KfW, nicht bei der IKB, sondern bei der KfW, wir waren auch nie mit der Aufsicht bei der IKB beschäftigt, weil die haben ihren eigenen Aufsichtsrat. Da saßen keine Politiker drin übrigens, sondern lediglich jemand aus dem Finanzministerium, ein hoher Beamter, aber kein politisches Mandat von den einzelnen Parteien. Jetzt ist so, dass wir uns natürlich genau anschauen müssen, was sind denn für Angebote gekommen. Und die Kriterien, die zugrunde gelegt worden sind, sind ja über die Presse bekannt geworden vor zwei Tagen, dass man gesagt hat, es ist das strategische Ziel, auch der KfW, dass sie sagen, wir haben großes Interesse dran, dass die Bank, die IKB, als Mittelstandsfinanzierer erhalten bleibt, und Lone Star hatte das zugesagt. Und da ist doch die Frage dann auch, ist die Höhe des Kaufpreises am Ende die interessante Größe oder ist es nicht interessanter zu schauen, welche Risiken die Bieter letztendlich übernommen haben. Und es ist wohl so, ich kann es auch nur nicht ganz vollständig sagen, weil ich die Details nicht kenne. Aber Lone Star hat wohl auch zugesichert, dass sie die zukünftigen Risiken übernehmen. Und ob der andere Bieter das getan hat, das weiß ich nicht. Und das muss man in diesem Kontext bewerten, was haben die vor mit der Bank. Wollen sie sie positionieren als Mittelstandsbank, wollen sie sie stärken, wollen sie sie konsequent ausbauen, wollen sie erfolgreich das weiterführen, was die Bank mal gewesen ist, wieder ins Positive verkehren, oder welche Interessen hat ein Bieter und welche Risiken bleiben letztendlich im Verkaufsprozess dann am Start hängen. Und da kann ich mir gut vorstellen, dass das eine sehr, sehr große Rolle gespielt hat, dass man nicht den Kaufpreis alleine anschauen darf, sondern die wirtschaftliche Situation, die damit verbunden ist und die Risiken, die damit auch für die Steuerzahler gegeben sind.
Zurheide: Wenn ich da mal eben zwischengehen darf, Frau Scheel. Das heißt für Sie, Sie werden sich bei Ihrer Entscheidung und Sie werden sich auch persönlich entscheiden müssen, genau anschauen, sind jenseits des Kaufpreises auch erhebliche Risiken dann durchaus beim Investor, beim Käufer gelandet. Ist das für Sie eine Bedingung, um zuzustimmen?
Scheel: Das ist für mich eine sehr hohe Bedingung. Denn ich habe keine Lust, dass es weitergeht, dass Risiken hängen bleiben, dass wir in ein paar Monaten wieder eine Diskussion haben, dass sich der Markt doch wieder negativer entwickelt hat. Alle in der Branche gehen davon aus, dass sich diese ganze Immobilienkrise mit ihren Auswirkungen auf den Finanzmarkt letztendlich auch bis 2009 im Sommer wohl noch hinziehen wird, weil viele in ihre Bilanzen die Abschreibungen, die Bereinigungen, alles noch machen müssen. Das heißt, da werden noch einige bilanzielle Überraschungen dann wohl kommen. Und deswegen ist es wichtig, dass man eine solche Aktion sich anschaut, was bedeutet es denn letztendlich für unsere staatliche Bank, für die KfW, die ja den Ländern und dem Bund gehört, 80 zu 20 Prozent, 80 Prozent dem Bund, 20 den Ländern, wo wir wollen, dass die vernünftige Kredite vergeben und nicht sich mit solchen Risiken weiter belasten. Deswegen wird es für mich eine große Frage sein, was Lone Star an Risiken übernommen hat, wie viel Eigenkapital Lone Star hier hineingeben will. Denn das ist auch ganz wichtig, die Frage, ist denn jemand bereit, der solche Risiken letztendlich dann mit übernimmt, auch noch mal Eigenkapital hineinzubuttern, um das mal ganz deutlich zu sagen. Und wenn die in der Lage sind und auch ihre Strategie so ausgerichtet haben, dann muss man das auch mit in die Betrachtungsweise hineinziehen. Denn ein Verkaufspreis, ob er jetzt 50 Millionen und 100 höher oder niedriger liegt, kann Wirkungen auslösen, wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen, die wir alle nicht wollen.
Zurheide: Das war Christine Scheel, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. Ich bedanke mich für das Gespräch!
Christine Scheel: Guten Morgen, Herr Zurheide!
Zurheide: Frau Scheel, erst mal die Zahl 111,65 Euro, ist das eine realistische Größenordnung? Haben Sie andere Zahlen oder haben Sie überhaupt Zahlen?
Scheel: Ja, es ist so, dass ja der Vorstand und das Direktorium getagt haben und sich über den Verkaufspreis verständigt haben, den wir nicht kennen. Die Verwaltungsratsmitglieder sind ja noch nicht insgesamt zusammengekommen, das soll erst am 18. September der Fall sein. Und wir müssen ja dann diesen Verkauf auch noch oder sollen diesen Verkauf auch noch absegnen. Und man muss sehen, dass diese 10,7 Milliarden, die da insgesamt aufgebracht worden sind, ja nicht tatsächliche Verluste sind. Sondern es sind ja auch sehr viele Verluste drin. Man spricht davon, bis Ende des Jahres haben die Verluste sich hochgeschaukelt auf über einer Milliarde. Bis jetzt, 30.06., spricht man von 1,4 Milliarden. Und alles andere sind Risikoabschirmungen, sind Abschreibungen, Absicherungen praktisch, die nicht unbedingt dann zu Buche schlagen, am Ende, wenn man einen Strich drunter macht und sagt, wie viel Geld ist denn verbrannt worden.
Zurheide: Auf der anderen Seite entsteht ja der Eindruck, diese Bank muss jetzt weg, selbst wenn es mit Schaden ist. Und bei allem, was wir jetzt noch nicht wissen, hat man auch das Gefühl, dass der Staat die Risiken hat und die Privaten bekommen eine Bank praktisch geschenkt. Ist dieser Eindruck richtig oder haben Sie andere Informationen?
Scheel: Ja, es ist so, Sie haben ja auch in der Anmoderation völlig richtig gesagt, das ist ein Desaster. Und man muss sehen, die IKB ist eine private Bank. Und das ist das erste Mal in der Bundesrepublik in der Form, dass eine private Bank praktisch mit staatlichen Geldern und auch Geldern aus dem Bundeshaushalt, aus dem Bundeshaushalt sind ja da auch in dieser ganzen Angelegenheit 1,2 Milliarden zur Verfügung gestellt worden, das ist unglaublich viel Geld. Und man hat es damals getan in der Abwägung, was wäre denn passiert, wenn man die Bank in die Insolvenz geschickt hätte. Und das war eine sehr, sehr schwierige Situation letztes Jahr im Juli, wo man überlegt hat, was ist denn, wenn die Bank nicht gerettet wird. Und dann hat man festgestellt, dass es nicht nur um den Vertrauensverlust in das gesamte deutsche Bankgewerbe gegangen wäre. Denn diese IKB, diese Privatbank, war die mit am besten geratete Bank zu der damaligen Zeit, und alle hätten sich gefragt, um Himmels willen, was ist denn mit meinen Geldanlagen bei meiner eigenen Bank. Und es wäre, glaube ich, sehr, sehr schwierig geworden in der Öffentlichkeit, was die Situation im Bankgewerbe insgesamt anbelangt. Dann kam dazu, dass es hohe Verbindlichkeiten gegeben hat, auch gegenüber nicht nur den Kunden von der IKB, sondern auch gegenüber anderen Banken. Das heißt, es hätte die sofort mit reingezogen, die hätten ihre Finanzierungsbedingungen verschlechtert und alle haben befürchtet, dass die wirtschaftlichen Folgen, die daraus entstanden wären, letztendlich nicht absehbar wären und das Risiko zu groß. Deswegen hat man diesen Schritt unternommen und ist dann eben infolge dieses gesamten internationalen, ich sage mal, Finanzchaos, was das verursacht worden ist, ausgehend vom amerikanischen Immobilienmarkt, wo viele eingestiegen sind, ohne dass sie bewerten konnten, welche Risiken in den Papieren liegen. Und das ist das ganz Schlimme da dran, dass ein Vorstand wie bei der IKB, einer privaten Bank, sich nicht auskennt, sich auf Risiken eingelassen hat, jetzt die Staatsanwaltschaft auch noch am Ermitteln ist, inwieweit der Vorstand die eigenen Gremien getäuscht hat am Ende, seinen eigenen Aufsichtsrat der IKB. Und das ist alles eine ganz, ganz fürchterliche Geschichte, weil letztendlich in der Öffentlichkeit der Eindruck ist, die sind alle unfähig. Und es wird natürlich dann wieder sehr, sehr stark verallgemeinert. Ich hoffe sehr, dass die Staatsanwaltschaft zu dem Ergebnis kommt, dass vonseiten des Vorstandes auch Geld zurückgefordert wird, dass die damaligen Vorstände bekommen haben.
Zurheide: Ich glaube, Frau Scheel, es ist mehr oder weniger unumstritten, dass man die Bank retten musste, weil sonst die Kollateralschäden, dieses Wort kann man da wohl benutzen, zu groß gewesen wären. Die entscheidende Frage ist, wer hat die entsprechenden Sanierungsbeiträge übernommen. Und da komme ich noch mal auf die Rolle des Staates. Der Eindruck drängt sich auf, ich sage bewusst der Eindruck, dass der Staat zu viel Macht hat und die Privaten zu wenig. Sie haben ein paar Mal zu Recht darauf hingewiesen, dass die IKB eine Privatbank war. Und wenn man sich den Aufsichtsrat anschaut, sitzt da die gesamte Crème de la Crème der deutschen Wirtschaft drin. Es ist aber immer eher über den Staat geredet worden. Ist da was falsch gewesen?
Scheel: Ja, es ist so, dass letztendlich die KfW, Kreditanstalt für Wiederaufbau, ja Anteile an dieser IKB gehabt hat.
Zurheide: 38 Prozent?
Scheel: Es waren über 38 Prozent damals. Und das kam so zustande, weil die Münchener Rück und die Allianzversicherung 2001 Anteile verkauft haben. Und man war sich damals einig, und zwar sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik, und zwar einstimmig, dass man versuchen sollte, diese Anteile zu übernehmen, weil man nicht wollte, dass die IKB als damals auch wichtiger Mittelstandsfinanzierer an eine ausländische Bank geht. Und das ist jetzt das Verrückte, dass jetzt ausgerechnet Lone Star auch noch die IKB kauft letztendlich und wir jetzt da sind, wo man 2001 überhaupt nicht hin wollte.
Zurheide: Und jetzt wird es ja noch schlimmer. Es gibt jetzt heute Meldungen, wir wissen beide nicht oder vermutlich nicht, wie hieb- und stichfest die sind, dass es jemand anders gegeben hätte, nämlich den russischen Investor Lebedew, der wesentlich mehr Geld geboten haben soll. Das heißt, auch der Verkauf wird noch mal durchleuchtet werden müssen. Wie bewerten Sie solche Meldungen im Moment?
Scheel: Ja, es ist natürlich schon so, dass der Verwaltungsrat, ich als Verwaltungsrätin bei der KfW, nicht bei der IKB, sondern bei der KfW, wir waren auch nie mit der Aufsicht bei der IKB beschäftigt, weil die haben ihren eigenen Aufsichtsrat. Da saßen keine Politiker drin übrigens, sondern lediglich jemand aus dem Finanzministerium, ein hoher Beamter, aber kein politisches Mandat von den einzelnen Parteien. Jetzt ist so, dass wir uns natürlich genau anschauen müssen, was sind denn für Angebote gekommen. Und die Kriterien, die zugrunde gelegt worden sind, sind ja über die Presse bekannt geworden vor zwei Tagen, dass man gesagt hat, es ist das strategische Ziel, auch der KfW, dass sie sagen, wir haben großes Interesse dran, dass die Bank, die IKB, als Mittelstandsfinanzierer erhalten bleibt, und Lone Star hatte das zugesagt. Und da ist doch die Frage dann auch, ist die Höhe des Kaufpreises am Ende die interessante Größe oder ist es nicht interessanter zu schauen, welche Risiken die Bieter letztendlich übernommen haben. Und es ist wohl so, ich kann es auch nur nicht ganz vollständig sagen, weil ich die Details nicht kenne. Aber Lone Star hat wohl auch zugesichert, dass sie die zukünftigen Risiken übernehmen. Und ob der andere Bieter das getan hat, das weiß ich nicht. Und das muss man in diesem Kontext bewerten, was haben die vor mit der Bank. Wollen sie sie positionieren als Mittelstandsbank, wollen sie sie stärken, wollen sie sie konsequent ausbauen, wollen sie erfolgreich das weiterführen, was die Bank mal gewesen ist, wieder ins Positive verkehren, oder welche Interessen hat ein Bieter und welche Risiken bleiben letztendlich im Verkaufsprozess dann am Start hängen. Und da kann ich mir gut vorstellen, dass das eine sehr, sehr große Rolle gespielt hat, dass man nicht den Kaufpreis alleine anschauen darf, sondern die wirtschaftliche Situation, die damit verbunden ist und die Risiken, die damit auch für die Steuerzahler gegeben sind.
Zurheide: Wenn ich da mal eben zwischengehen darf, Frau Scheel. Das heißt für Sie, Sie werden sich bei Ihrer Entscheidung und Sie werden sich auch persönlich entscheiden müssen, genau anschauen, sind jenseits des Kaufpreises auch erhebliche Risiken dann durchaus beim Investor, beim Käufer gelandet. Ist das für Sie eine Bedingung, um zuzustimmen?
Scheel: Das ist für mich eine sehr hohe Bedingung. Denn ich habe keine Lust, dass es weitergeht, dass Risiken hängen bleiben, dass wir in ein paar Monaten wieder eine Diskussion haben, dass sich der Markt doch wieder negativer entwickelt hat. Alle in der Branche gehen davon aus, dass sich diese ganze Immobilienkrise mit ihren Auswirkungen auf den Finanzmarkt letztendlich auch bis 2009 im Sommer wohl noch hinziehen wird, weil viele in ihre Bilanzen die Abschreibungen, die Bereinigungen, alles noch machen müssen. Das heißt, da werden noch einige bilanzielle Überraschungen dann wohl kommen. Und deswegen ist es wichtig, dass man eine solche Aktion sich anschaut, was bedeutet es denn letztendlich für unsere staatliche Bank, für die KfW, die ja den Ländern und dem Bund gehört, 80 zu 20 Prozent, 80 Prozent dem Bund, 20 den Ländern, wo wir wollen, dass die vernünftige Kredite vergeben und nicht sich mit solchen Risiken weiter belasten. Deswegen wird es für mich eine große Frage sein, was Lone Star an Risiken übernommen hat, wie viel Eigenkapital Lone Star hier hineingeben will. Denn das ist auch ganz wichtig, die Frage, ist denn jemand bereit, der solche Risiken letztendlich dann mit übernimmt, auch noch mal Eigenkapital hineinzubuttern, um das mal ganz deutlich zu sagen. Und wenn die in der Lage sind und auch ihre Strategie so ausgerichtet haben, dann muss man das auch mit in die Betrachtungsweise hineinziehen. Denn ein Verkaufspreis, ob er jetzt 50 Millionen und 100 höher oder niedriger liegt, kann Wirkungen auslösen, wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen, die wir alle nicht wollen.
Zurheide: Das war Christine Scheel, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. Ich bedanke mich für das Gespräch!