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Gymnasien in Nordrhein-Westfalen
Eine Rückkehr zu G9?

Die Debatte um eine Verlängerung der Schulzeit an Gymnasien läuft in Nordrhein-Westfalen auf Hochtouren. Das Thema wird vor der nächsten Landtagswahl im Frühling eine große Rolle spielen. Nun kam die Elterninitiative "G9 jetzt!" mit der Landeselternschaft in Dortmund zur Diskussion zusammen. Vonseiten der Schüler gab es allerdings keine Repräsentanten.

Von Kai Rüsberg | 21.09.2016
    Acht oder neun Gymnasialjahre? Was ist sinnvoller? Darüber streitet man gerade in Nordrhein-Westfahlen.
    Acht oder neun Gymnasialjahre? Was ist sinnvoller? Darüber streitet man gerade in Nordrhein-Westfalen. (picture alliance/ dpa/ Armin Weigel)
    Der Diskussionstitel: "G9 - Jetzt auch in Nordrhein-Westfalen" hatte nur ein rhetorisches Fragezeichen. Eingeladen hatte die Initiative "G9 jetzt", die von einem kleinen Verein unter Führung des Physiker Marcus Hohenstein gesteuert wird. Sie setzt die Landespolitik in Nordrhein-Westfalen zur Zeit mit Forderungen nach einer Rückkehr zu neun Jahren Schulunterricht am Gymnasium rhetorisch mächtig unter Druck.

    "Im Moment versuchen bestimmte Parteien sehr viele Nebelkerzen zu schmeißen, um die Bevölkerung zu irritieren. Das betrifft beide Regierungsparteien, die so tun, als würden sie sich an G9 orientieren. Die eine Partei verkauft sitzenbleiben als G9, die andere will die Wochenzeit auf 38,5 h erhöhen, bis 19 Uhr in der Schule."
    SPD und Grüne lehnten Volksinitiative ab
    Die Regierungsparteien in Nordrhein-Westfalen sind die SPD und die Grünen. Sie hatten noch im vergangenen Jahr eine Volksinitiative im Landtag zu dem Thema abgelehnt. Die Elterninitiative hinter dem G9 Verein von Marcus Bojenstein konnte dabei aber auf viele Unterstützer setzen.
    "Eine Volksinitiative mit 100.000 Stimmen ist von der großen Mehrheit des Landtages abgeschmettert worden. Aber die Wut der Eltern ist ja geblieben. Die Eltern können es nicht akzeptieren, dass den Kindern vorgeschrieben wird, wie lange sie in der Schule bleiben. Bis vier Uhr Nachmittags. Und dass es dafür keine Gegenleistung von der Schule gibt."
    "Ich muss mit 14-Jährigen Dinge machen, die noch gar nicht möglich sind."
    In Erwartung eines großen Publikums war die Initiative G9 noch kurzfristig in eine große Schulaula in Dortmund gewechselt. Die mehr als 100 Besucher füllten den Raum dann aber nicht einmal zur Hälfte. Schüler waren nicht dabei, die meisten Besucher waren über 40 Jahre alt, viele auch im Rentenalter. Und überwiegend waren es Lehrer an Gymnasien im Ruhrgebiet:
    "Meinung bilden ist schwierig, Konzepte müssen umgeworfen werden, mit Arbeit verbinden. G8 oder G9 ist nicht das Wichtigste, aber Kinder brauchen Zeit für andere Dinge in der Freizeit. Ich muss mit 14-Jährigen Dinge machen, die noch gar nicht möglich sind."
    Die Organisatoren hatten sich prominenten Beistand zum Vortrag eingeladen, wie Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes - aus Bayern angereist. Er fordert eine unmittelbare Rückkehr zum alten System des Abiturs nach neun Jahren, selbst dann, wenn das wieder große Veränderungen an den Schulen bringe.
    "Wir haben die Unruhe gehabt, Aber deshalb einen Fehler nicht zu benennen, wird die Unruhe verlängern. Es wird keine Ruhe geben. Vor allem wünsche ich mir über den Wahltag hinaus, auch vorher ein Konzept, aber keines, das den Gymnasien ab Schuljahr 2017/18 übergestülpt wird."
    SPD wollte Druck aus der Debatte nehmen
    Die Landeselternvertreter der Gymnasien hatten 2005 bei Einführung von G8 noch hinter der damaligen CDU/FDP Landesregierung gestanden. Inzwischen hat der Vorstand aber gewechselt. Ulrich Czygan hat daher die Veranstaltung in Dortmund auf Wunsch der G9 Initiative mitorganisiert.
    "Die haben jetzt den Wunsch gehabt, Herrn Kraus hier zu haben um noch vor dem SPD Parteitag etwas zu bewegen. Und wenn die Politik nicht ein klares Bekenntnis zu G9 fällt, dann werden wir einen erbitterten Schulwahlkampf haben."
    Eigentlich wollte die SPD mit einem frühzeitigen Beschluss für flexible Schulzeitmodelle den Druck aus der Diskussion nehmen und die Debatte aus dem Wahlkampf raushalten. Aber Marcus Hohenstein von der G9 Initiative lehnt auch die Vorschläge der SPD mit einigem Pathos ab.
    "Die SPD erdreistet sich zu sagen, wir versündigen uns an unseren Kindern, und führt eine Regelung ein, die die Belastung noch weiter verschärft. Das ist das Letzte, was man tun kann."
    So war es kein Wunder, dass die Diskussion für eine Verlängerung der Schulzeit vor dem Abitur nur sehr einseitig war.