Bettina Klein: Mit den staatlichen Rettungsaktionen für die großen US-Kreditinstitute Fannie Mae, Freddy Mac und IndyMac ist eine große Welle in der gegenwärtigen Finanzkrise erst einmal gebrochen worden, doch es wird nicht die letzte gewesen sein. Und der gerade noch verhinderte Zusammenbruch hätte schon zu unabsehbaren Folgen für die internationale Finanzwelt geführt. Inwiefern sind durch die jüngsten Entwicklungen deutsche Banken betroffen? Oder können hier alle den Blick abwenden, weil die Sicherungssysteme so viel ausgeprägter funktionieren als jenseits des Atlantiks? Jeder zweite Deutsche hat ein Konto bei einer Bank, die den Sparkassen und Giroverband angehört. Und dessen Präsidenten Heinrich Haasis habe ich eben gefragt, ob für seine Kunden komplette Entwarnung gilt, oder ob er irgendwelche Einschränkungen machen muss.
Heinrich Haasis: Nein, die Kunden der Sparkassen in Deutschland haben kein Problem. Wir hatten das ja erlebt in USA, wir haben es auch in Großbritannien gesehen, dass die Menschen Angst hatten um ihre Einlagen. Das müssen sie uns bei nicht befürchten. Wir haben Sicherungssysteme, die garantieren, dass Sparkassen bestehen bleiben. Das sichern wir selbst, und damit sind auch die Einlagen ganz gesichert. Man muss fairerweise sagen, die gesetzliche Sicherung in Europa ist maximal 20.000 Euro bei den Spareinlagen. Aber es ist anders bei den Sparkassen, auch bei den Volksbanken, die haben ebenfalls ein eigenes Sicherungssystem.
Klein: Aber auch deutsche Banken sind involviert. Riskante Spekulationen etwa haben zu den Problemen bei der Sächsischen Landesbank geführt, auch die Kreditanstalt IKB ist in Turbulenzen geraten. Und auch da mussten die Sparkassen ja einspringen. Ganz ohne Folgen kann es nicht geblieben sein?
Haasis: Ja, es gibt international tätige Banken, die im Subprime investiert waren, die dort auch Geld verlieren, wie viel, weiß man noch nicht. Aber es gibt vorsichtshalber Rückstellungen. Die Rückstellungen haben dazu geführt, dass Haftungsschirme aufgespannt werden mussten. Bei der IKB, das eine private Bank ist, sind die privaten Banken eingesprungen, weil das nicht ausreicht. Hier haben die Volksbanken und die Sparkassen freiwillig dazugelegt. Aber der Kunde spürt das nicht.
Klein: Aber es sind auch deutsche Kreditinstitute in den globalen Finanzmärkten aktiv, auch im amerikanischen Hypothekenmarkt. Das muss man ja sicherlich festhalten. Kredite wurden und werden verkauft und weltweit gestreut. Aber ein hundertprozentigen Überblick scheint niemand zu haben, oder doch?
Haasis: Es gibt ja sogenannte neue Finanzierungssysteme seit einigen Jahren, dass insbesondere nur Kredite verpackt und verkauft worden sind. Das ist im Prinzip ja nichts Schlechtes. Man will Risiken damit streuen. Aber was übersehen worden ist, ist natürlich, dass die Risiken damit nicht weg sind. Sie sind anders gebündelt. Die Sparkassen sind nicht involviert in diesen Subprime-Investments. Die Landesbanken, die international tätig sind, sind teilinvestiert. Sie haben offen gelegt, genauso wie die Privatbanken. Das hat zu Verlusten geführt, zum Teil in der Bilanz 2007. Auch jetzt insbesondere im Frühjahr noch 2008 aus dieser Vertrauenskrise, die sich unter den Banken ergeben hat, ist ja dann eine Finanzkrise geworden, dass die Banken sich untereinander kein Geld geliehen mehr haben, dass dies teuerer geworden ist. Diese Beträge sind offen gelegt. Was in den USA noch vorhanden ist, kann im Moment niemand endgültig sagen. Das erleben wir dieser Tage, als letzte Woche wieder eine Bank ins Straucheln gekommen ist.
Klein: Was meinen mit "noch vorhanden ist"?
Haasis: Ja, wie viel in den USA möglicherweise noch ausfällt, was die Leute zurückbezahlen an Krediten und was sie am Ende nicht mehr bezahlen können. Die amerikanische Regierung hat jetzt ein neues Programm aufgelegt, indem sie ein paar Milliarden in den Markt pumpt, dass die Menschen ihre Hypotheken bezahlen können, die tatsächlichen Ausfälle, was am Ende nicht bezahlt werden kann, das ist im Augenblick nicht endgültig absehbar.
Klein: Und tatsächliche Ausfälle, die dann auch deutsche Banken betreffen werden?
Haasis: Richtig, aber man geht davon aus, dass die Rückstellungen, die in Deutschland gebildet worden sind, wesentlich mehr sind, als das, was ausfällt. Alle Banken melden im Augenblick, dass noch so viel ausgefallen ist, wie sie zurückgestellt haben.
Klein: Man kann es nicht absehen, sagen Sie, Herr Haasis. Kann man sich mit dieser Situation zufrieden geben?
Haasis: Ja, es ist nicht die Frage, ob man zufrieden ist, warum nicht, sondern was tatsächlich am Markt noch kommt. Das kann niemand wie gesagt im Moment sagen, wie sich das augenblicklich weiterentwickelt. Aber ich denke, wir können davon ausgehen, dass die Banken in Deutschland, die investiert sind, genügend Rückstellungen gebildet haben. Aber zufrieden darf man damit nicht sein.
Klein: Meine Frage zielte auch eigentlich auch eher dahin, inwiefern eben die Bankenaufsicht verstärkt werden muss. Forderungen sind im Zuge dieser Finanzkrise immer wieder erhoben worden. Wer muss wo mehr Rechte bekommen, um Offenheit erzwingen zu können auch?
Haasis: Ja, es gibt insbesondere eine Diskussion ja um die Rating-Agenturen, die diese Verbriefungen geprüft haben, die sie auch qualifiziert haben. Es sind vielfach Ratings vergeben worden mit einem "Triple A", die beste Bonität, keine Ausfallwahrscheinlichkeit, was oft ganz offensichtlich nicht gerechtfertig gewesen ist, wie die Situation jetzt zeigt. Und hier gibt es breite Diskussionen, machen die "Ratinger" eine Selbstkontrolle, gibt es gegebenenfalls eine staatliche Aufsicht. Das ist international im Gang.
Klein: Es gibt eine breite Diskussion, tatsächlich wird längst an einem Verhaltenskodex gearbeitet. Aber die Bankenbranche ist ja offenbar gespalten, wenn es um mehr Transparenz geht. Weshalb kommt ein solcher Kodex nicht zustande?
Haasis: Na, das liegt nicht an der Bankenbranche. Die Bankenbranche ist dafür, die deutsche Regierung hat es auch gefordert. Das wurde noch vor einem Jahr abgelehnt, in Großbritannien vor allem, in den USA insbesondere auch. Und seit die Finanzkrise jetzt im Gang ist, verhalten sich ja die USA anders, auch Großbritannien anders. Deshalb wird es hier zu neuen Regelungen kommen.
Klein: Das heißt, in welcher Hinsicht sehen Sie da Bewegung auch in den USA?
Haasis: Ja, es hat klare Aussagen jetzt gegeben, dass man auch dort den Verhaltenskodex fordert. Es gibt noch unterschiedliche Meinungen bei uns in Deutschland und in den USA, was der alles beinhalten soll und ob er ausreichend ist. Aber die Regierung dort hat ihre Meinung geändert gegenüber dem Zustand vor einem Jahr. Der britische Premierminister Brown hat noch vor einem Jahr als Schatzmeister in Großbritannien die damalige Versorgung der Bundeskanzlerin und des Bundesfinanzministers radikal abgelehnt. Zwischenzeitig sieht er das ebenfalls anders. Hier ist, Gott sei Dank, Bewegung.
Klein: In Deutschland, haben Sie noch einmal gesagt, wird die Kreditvergabe und werden auch die Banken stärker kontrolliert. Ist das als Allheilmittel eins zu eins eigentlich auf die Finanzwelt in den Vereinigten Staaten zu übertragen?
Haasis: Nein. Die USA haben ganz andere Systeme, auch eine ganz andere Finanzkultur. In Deutschland finanzieren die Menschen langfristig, sie wollen Festzinssätze haben. In den USA war alles variabel. Dazu kommt, dass wir eine gute Sparquote haben in Deutschland. Wir haben eine Sparquote von zehn Prozent. In den USA ist praktisch kein Erspartes mehr vorhanden bei den Privaten. Das ganze Wachstum in den USA war auf Pump aufgebaut. Hier sind wir, Gott sei Dank, in Deutschland anders, weil die Menschen sich auch anders verhalten, die Banken anders. Deshalb wird es auch keine Kredite mehr geben. Die Sparkassen haben 100 Milliarden mehr Einlagen, als sie Kredite ausgegeben haben. Deshalb können wir den Mittelständlern, den Handwerken, den Privatkunden konnten noch Kredite geben. Uns fehlt kein Geld, das wir holen müssen. Wir haben eine total andere Situation in der Hinsicht als in den USA.
Klein: Die Selbstheilungskräfte des Finanzmarktes stehen wieder einmal grundsätzlich zur Debatte, ohne den Staat geht es offenbar im Augenblick nicht. Das hat das Beispiel Vereinigte Staaten von Amerika gerade auch wieder gezeigt. Gute Geschäftsergebnisse kommen den Aktionären zugute, negative Folgen von Managementfehlern bügelt der Staat aus, sprich der Steuerzahler. Ist das die Zukunft, die Sie sehen?
Haasis: Nein, das ist auch nicht unser System bei den Sparkassen. Wir haben ja kein Aktionärssystem. Leider hat es bei Aktiengesellschaften so ausgesehen, die IKB ist so ein Beispiel, dass dort der Bund eingesprungen ist, weil die KFW, ein staatliches Institut, Mitaktionär war. Die Aktionäre selbst haben in der ersten Phase überhaupt nicht mitgeholfen. Das ist dort so. Das kann man auch im System gar nicht ändern. Aber Genossenschaftsbanken, die anders organisiert sind, Sparkassen, die anders organisiert sind, haben ihre Probleme jeder selbst gelöst im eigenen Lager auch, dort, wo wir bei den Landesbanken Probleme haben. Wenn Sie schauen, wir haben bei uns vor wenigen Jahren auf Druck der Europäischen Union, wo wir die Staatshaftung, die es gegeben hat, zur Sparkasse und Landesbanken abgeschafft. Umgekehrt sehen wir jetzt, sowohl in Großbritannien wie in den USA wieder, wenn die ganz große Bank in Schwierigkeiten kommt, und damit das System gefährdet wäre, dass das Staat dann einspringt und indirekt dann doch eine Staatshaftung besteht. Bei uns hat man das explizit abgeschafft vor einigen Jahren, weil das angeblich nicht zeitgemäß ist und diese Forderung kam insbesondere auch vom Verhalten der angloamerikanischen Länder, auch deren Finanzkultur. Es zeigt sich eben jetzt, dass dann, wenn es eine Krise werden könnte für das gesamte Finanzsystem, dass dann am Ende der Staat auch wieder rettet, um das System nicht zu gefährden, die Geldwertstabilität der Menschen zu erhalten.
Klein: Abschließend, Herr Haasis, der Euro hat gestern wieder einmal, zumindest vorübergehend, einen neuen Rekordwert erreicht. Er stieg über 1,60 Dollar. Auf der anderen Seite haben wir kräftige, auch vor allen Dingen negative Auswirkungen am Finanzmarkt. Innerhalb eines Jahres ist der DAX um 25 Prozent gefallen. Das trifft auch Aktionäre und Kleinanleger. Was ist Ihre kurz- und mittelfristige Prognose für das Geschehen am Finanzmarkt?
Haasis: Das ist auch schwierig abzusetzen, weil insbesondere die Stärke des Euro ja auch abgeleitet ist von dem, was sich am Energiemarkt tut. Wir haben ja nach wie vor eine Steigerung, insbesondere im Ölmarkt, die mit der Nachfrage im Augenblick nichts zu tun hat, sondern auch viel mit Spekulation. Das hat den Euro getreten. Umgekehrt ist ein teurer Euro auch wieder ein Problem für unsere Exportindustrie. Darunter wird die deutsche Wirtschaft etwas leiden. Und von daher hoffe ich, dass wieder etwas mehr Normalität einkehrt und der Dollar wieder eine etwas bessere Bewertung erhält, sonst werden wir im Verlauf dieses Jahres in der Exportwirtschaft eine weitere Delle bekommen.
Klein: Heinrich Haasis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes.
Heinrich Haasis: Nein, die Kunden der Sparkassen in Deutschland haben kein Problem. Wir hatten das ja erlebt in USA, wir haben es auch in Großbritannien gesehen, dass die Menschen Angst hatten um ihre Einlagen. Das müssen sie uns bei nicht befürchten. Wir haben Sicherungssysteme, die garantieren, dass Sparkassen bestehen bleiben. Das sichern wir selbst, und damit sind auch die Einlagen ganz gesichert. Man muss fairerweise sagen, die gesetzliche Sicherung in Europa ist maximal 20.000 Euro bei den Spareinlagen. Aber es ist anders bei den Sparkassen, auch bei den Volksbanken, die haben ebenfalls ein eigenes Sicherungssystem.
Klein: Aber auch deutsche Banken sind involviert. Riskante Spekulationen etwa haben zu den Problemen bei der Sächsischen Landesbank geführt, auch die Kreditanstalt IKB ist in Turbulenzen geraten. Und auch da mussten die Sparkassen ja einspringen. Ganz ohne Folgen kann es nicht geblieben sein?
Haasis: Ja, es gibt international tätige Banken, die im Subprime investiert waren, die dort auch Geld verlieren, wie viel, weiß man noch nicht. Aber es gibt vorsichtshalber Rückstellungen. Die Rückstellungen haben dazu geführt, dass Haftungsschirme aufgespannt werden mussten. Bei der IKB, das eine private Bank ist, sind die privaten Banken eingesprungen, weil das nicht ausreicht. Hier haben die Volksbanken und die Sparkassen freiwillig dazugelegt. Aber der Kunde spürt das nicht.
Klein: Aber es sind auch deutsche Kreditinstitute in den globalen Finanzmärkten aktiv, auch im amerikanischen Hypothekenmarkt. Das muss man ja sicherlich festhalten. Kredite wurden und werden verkauft und weltweit gestreut. Aber ein hundertprozentigen Überblick scheint niemand zu haben, oder doch?
Haasis: Es gibt ja sogenannte neue Finanzierungssysteme seit einigen Jahren, dass insbesondere nur Kredite verpackt und verkauft worden sind. Das ist im Prinzip ja nichts Schlechtes. Man will Risiken damit streuen. Aber was übersehen worden ist, ist natürlich, dass die Risiken damit nicht weg sind. Sie sind anders gebündelt. Die Sparkassen sind nicht involviert in diesen Subprime-Investments. Die Landesbanken, die international tätig sind, sind teilinvestiert. Sie haben offen gelegt, genauso wie die Privatbanken. Das hat zu Verlusten geführt, zum Teil in der Bilanz 2007. Auch jetzt insbesondere im Frühjahr noch 2008 aus dieser Vertrauenskrise, die sich unter den Banken ergeben hat, ist ja dann eine Finanzkrise geworden, dass die Banken sich untereinander kein Geld geliehen mehr haben, dass dies teuerer geworden ist. Diese Beträge sind offen gelegt. Was in den USA noch vorhanden ist, kann im Moment niemand endgültig sagen. Das erleben wir dieser Tage, als letzte Woche wieder eine Bank ins Straucheln gekommen ist.
Klein: Was meinen mit "noch vorhanden ist"?
Haasis: Ja, wie viel in den USA möglicherweise noch ausfällt, was die Leute zurückbezahlen an Krediten und was sie am Ende nicht mehr bezahlen können. Die amerikanische Regierung hat jetzt ein neues Programm aufgelegt, indem sie ein paar Milliarden in den Markt pumpt, dass die Menschen ihre Hypotheken bezahlen können, die tatsächlichen Ausfälle, was am Ende nicht bezahlt werden kann, das ist im Augenblick nicht endgültig absehbar.
Klein: Und tatsächliche Ausfälle, die dann auch deutsche Banken betreffen werden?
Haasis: Richtig, aber man geht davon aus, dass die Rückstellungen, die in Deutschland gebildet worden sind, wesentlich mehr sind, als das, was ausfällt. Alle Banken melden im Augenblick, dass noch so viel ausgefallen ist, wie sie zurückgestellt haben.
Klein: Man kann es nicht absehen, sagen Sie, Herr Haasis. Kann man sich mit dieser Situation zufrieden geben?
Haasis: Ja, es ist nicht die Frage, ob man zufrieden ist, warum nicht, sondern was tatsächlich am Markt noch kommt. Das kann niemand wie gesagt im Moment sagen, wie sich das augenblicklich weiterentwickelt. Aber ich denke, wir können davon ausgehen, dass die Banken in Deutschland, die investiert sind, genügend Rückstellungen gebildet haben. Aber zufrieden darf man damit nicht sein.
Klein: Meine Frage zielte auch eigentlich auch eher dahin, inwiefern eben die Bankenaufsicht verstärkt werden muss. Forderungen sind im Zuge dieser Finanzkrise immer wieder erhoben worden. Wer muss wo mehr Rechte bekommen, um Offenheit erzwingen zu können auch?
Haasis: Ja, es gibt insbesondere eine Diskussion ja um die Rating-Agenturen, die diese Verbriefungen geprüft haben, die sie auch qualifiziert haben. Es sind vielfach Ratings vergeben worden mit einem "Triple A", die beste Bonität, keine Ausfallwahrscheinlichkeit, was oft ganz offensichtlich nicht gerechtfertig gewesen ist, wie die Situation jetzt zeigt. Und hier gibt es breite Diskussionen, machen die "Ratinger" eine Selbstkontrolle, gibt es gegebenenfalls eine staatliche Aufsicht. Das ist international im Gang.
Klein: Es gibt eine breite Diskussion, tatsächlich wird längst an einem Verhaltenskodex gearbeitet. Aber die Bankenbranche ist ja offenbar gespalten, wenn es um mehr Transparenz geht. Weshalb kommt ein solcher Kodex nicht zustande?
Haasis: Na, das liegt nicht an der Bankenbranche. Die Bankenbranche ist dafür, die deutsche Regierung hat es auch gefordert. Das wurde noch vor einem Jahr abgelehnt, in Großbritannien vor allem, in den USA insbesondere auch. Und seit die Finanzkrise jetzt im Gang ist, verhalten sich ja die USA anders, auch Großbritannien anders. Deshalb wird es hier zu neuen Regelungen kommen.
Klein: Das heißt, in welcher Hinsicht sehen Sie da Bewegung auch in den USA?
Haasis: Ja, es hat klare Aussagen jetzt gegeben, dass man auch dort den Verhaltenskodex fordert. Es gibt noch unterschiedliche Meinungen bei uns in Deutschland und in den USA, was der alles beinhalten soll und ob er ausreichend ist. Aber die Regierung dort hat ihre Meinung geändert gegenüber dem Zustand vor einem Jahr. Der britische Premierminister Brown hat noch vor einem Jahr als Schatzmeister in Großbritannien die damalige Versorgung der Bundeskanzlerin und des Bundesfinanzministers radikal abgelehnt. Zwischenzeitig sieht er das ebenfalls anders. Hier ist, Gott sei Dank, Bewegung.
Klein: In Deutschland, haben Sie noch einmal gesagt, wird die Kreditvergabe und werden auch die Banken stärker kontrolliert. Ist das als Allheilmittel eins zu eins eigentlich auf die Finanzwelt in den Vereinigten Staaten zu übertragen?
Haasis: Nein. Die USA haben ganz andere Systeme, auch eine ganz andere Finanzkultur. In Deutschland finanzieren die Menschen langfristig, sie wollen Festzinssätze haben. In den USA war alles variabel. Dazu kommt, dass wir eine gute Sparquote haben in Deutschland. Wir haben eine Sparquote von zehn Prozent. In den USA ist praktisch kein Erspartes mehr vorhanden bei den Privaten. Das ganze Wachstum in den USA war auf Pump aufgebaut. Hier sind wir, Gott sei Dank, in Deutschland anders, weil die Menschen sich auch anders verhalten, die Banken anders. Deshalb wird es auch keine Kredite mehr geben. Die Sparkassen haben 100 Milliarden mehr Einlagen, als sie Kredite ausgegeben haben. Deshalb können wir den Mittelständlern, den Handwerken, den Privatkunden konnten noch Kredite geben. Uns fehlt kein Geld, das wir holen müssen. Wir haben eine total andere Situation in der Hinsicht als in den USA.
Klein: Die Selbstheilungskräfte des Finanzmarktes stehen wieder einmal grundsätzlich zur Debatte, ohne den Staat geht es offenbar im Augenblick nicht. Das hat das Beispiel Vereinigte Staaten von Amerika gerade auch wieder gezeigt. Gute Geschäftsergebnisse kommen den Aktionären zugute, negative Folgen von Managementfehlern bügelt der Staat aus, sprich der Steuerzahler. Ist das die Zukunft, die Sie sehen?
Haasis: Nein, das ist auch nicht unser System bei den Sparkassen. Wir haben ja kein Aktionärssystem. Leider hat es bei Aktiengesellschaften so ausgesehen, die IKB ist so ein Beispiel, dass dort der Bund eingesprungen ist, weil die KFW, ein staatliches Institut, Mitaktionär war. Die Aktionäre selbst haben in der ersten Phase überhaupt nicht mitgeholfen. Das ist dort so. Das kann man auch im System gar nicht ändern. Aber Genossenschaftsbanken, die anders organisiert sind, Sparkassen, die anders organisiert sind, haben ihre Probleme jeder selbst gelöst im eigenen Lager auch, dort, wo wir bei den Landesbanken Probleme haben. Wenn Sie schauen, wir haben bei uns vor wenigen Jahren auf Druck der Europäischen Union, wo wir die Staatshaftung, die es gegeben hat, zur Sparkasse und Landesbanken abgeschafft. Umgekehrt sehen wir jetzt, sowohl in Großbritannien wie in den USA wieder, wenn die ganz große Bank in Schwierigkeiten kommt, und damit das System gefährdet wäre, dass das Staat dann einspringt und indirekt dann doch eine Staatshaftung besteht. Bei uns hat man das explizit abgeschafft vor einigen Jahren, weil das angeblich nicht zeitgemäß ist und diese Forderung kam insbesondere auch vom Verhalten der angloamerikanischen Länder, auch deren Finanzkultur. Es zeigt sich eben jetzt, dass dann, wenn es eine Krise werden könnte für das gesamte Finanzsystem, dass dann am Ende der Staat auch wieder rettet, um das System nicht zu gefährden, die Geldwertstabilität der Menschen zu erhalten.
Klein: Abschließend, Herr Haasis, der Euro hat gestern wieder einmal, zumindest vorübergehend, einen neuen Rekordwert erreicht. Er stieg über 1,60 Dollar. Auf der anderen Seite haben wir kräftige, auch vor allen Dingen negative Auswirkungen am Finanzmarkt. Innerhalb eines Jahres ist der DAX um 25 Prozent gefallen. Das trifft auch Aktionäre und Kleinanleger. Was ist Ihre kurz- und mittelfristige Prognose für das Geschehen am Finanzmarkt?
Haasis: Das ist auch schwierig abzusetzen, weil insbesondere die Stärke des Euro ja auch abgeleitet ist von dem, was sich am Energiemarkt tut. Wir haben ja nach wie vor eine Steigerung, insbesondere im Ölmarkt, die mit der Nachfrage im Augenblick nichts zu tun hat, sondern auch viel mit Spekulation. Das hat den Euro getreten. Umgekehrt ist ein teurer Euro auch wieder ein Problem für unsere Exportindustrie. Darunter wird die deutsche Wirtschaft etwas leiden. Und von daher hoffe ich, dass wieder etwas mehr Normalität einkehrt und der Dollar wieder eine etwas bessere Bewertung erhält, sonst werden wir im Verlauf dieses Jahres in der Exportwirtschaft eine weitere Delle bekommen.
Klein: Heinrich Haasis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes.