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Halbzeit für Theseus

Beim Fußball wird in der Halbzeitpause Zwischenbilanz gezogen. Was hätte man besser machen können, was war schon gut. Anschließend geht es dann wieder raus auf den Platz, wenn möglich hin zum großen Erfolg. Ähnlich ist mit dem Projekt Theseus.

Von Jan Rähm |
    Das hat just in diesen Tagen seine Halbzeit erreicht. Also genau der richtige Zeitpunkt, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Dafür trafen sich in dieser Woche Wissenschaft, Wirtschaft und Politik auf dem Symposium "Internet der Dienste" in Berlin.

    Fünf Jahre und 200 Millionen Euro: Damit soll das Internet der Dienste in Schwung kommen. Unter dem Namen "Theseus" versuchen Wissenschaftler, Techniker und weitere Forscher, auf Basis semantischer Technologien jene Informationen digital in Netzwerken auffindbar und verknüpfbar zu machen, die bisher nur ungeordnet und unstrukturiert existieren. Außerdem sollen diese Daten automatisch vernetzt werden können. Kurz gesagt: Es geht darum, speziell das Internet und seine Bestandteile dazu zu bringen, Informationen miteinander zu verknüpfen, die ein Mensch bisher mühsam selbst suchen, evaluieren und anschließend auswerten musste. Das alles soll bei Projektende ganz automatisch im Internet der Dienste passieren:

    "Es ist ein Fünfjahresprogramm, wir sind etwa drei Jahre dabei. Es sind einige Dinge erreicht worden. Erstens: Es ist eine Sprache formuliert worden, die es erlaubt, diese Dienste zu beschreiben. Diese Sprache wird jetzt in die Standardgremien gegeben, um es einen offenen Standard werden zu lassen. Das Zweite ist: Man hat sogenannte sechs Anwendungsfälle. Diese Anwendungsfälle werden mit Firmen und mit Wissenschaftlern zusammen zu einer bestimmten Reife gebracht und wir stehen jetzt vor der Aufgabe, was müssen die nächsten Schritte sein, um es auch zu kommerzialisieren","

    beschreibt Henning Kagermann von der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften, Acatech, was in den vergangenen Monaten geschafft wurde, und was noch zu schaffen ist. Die Sprache, von der er spricht, ist eine Sprache, die Dinge beschreibt, die so bislang im Internet nicht klar definierbar waren. Und zwar Dienstleistungen. Zum Beispiel der Reparaturdienst einer Autowerkstatt. Der ist zwar als Reparaturdienst im Internet zu finden, doch Computer verstehen nicht, was dieser Dienst leisten kann. Also was er repariert, wie schnell und auch zu welchem Preis. Drum musste eine entsprechende Beschreibungssprache für Dienste her. Die wurde im Theseus-Teilprojekt Texo gefunden. Der beteiligte SAP-Mitarbeiter Orestis Terzidis erklärt, innerhalb von Texo habe man versucht ...

    ""... das Businessweb für Dienstleistungen auszuprägen. Also wie kann man solche webbasierten Dienstleistungen in der Zukunft zugänglich machen, wie kann man sie entwickeln. Wie kann man sie vermitteln und wie kann man sie dann auch in Umgebungen einstellen, um sie dann auch abrufbar und konsumierbar zu machen."

    Herausgekommen ist eine Sprache, die man vielleicht entfernt mit HTML vergleichen könnte. HTML beschreibt Webseiten und jeder Browser baut sich die Webseiten anhand der gelieferten Informationen zusammen. So denn der Browser sich an Standards hält, sieht die Seite anschließend so aus, wie vom Designer gedacht. Dank Texo soll eine Maschine verstehen, was ein Dienst kann und was ihn auszeichnet. Anschließend soll sie anhand der Informationen den Dienst mit anderen Diensten beziehungsweise Dienstleistungen verknüpfen. Um beim Beispiel des Reparaturdienstes zu bleiben: Nach einem Unfall zweier Autos reicht das Stichwort "Autounfall" und eine semantische Suchmaschine findet und verknüpft alle notwendigen Dienste. Sie sucht zum Beispiel die passenden Versicherungen, einen Abschleppunternehmer in der Nähe und eben den Reparaturdienst.

    Orestis Terzidis:
    "Ein zentrales Ergebnis bei Texo ist im Grunde ein Standard, der eine vereinheitlichte Beschreibung von Diensten, Dienst jetzt wirklich in dieser Doppelbedeutung von Dienstleistung und elektronisch erbrachtem Dienst, darstellt. Dadurch, dass man das standardisiert beschreibt, macht man diese Dienste handelbar. Man macht sie zu einem handelbaren Objekt und, was auch sehr wichtig ist, man macht sie komponierbar, wenn man so möchte. Also das heißt, man ist in der Lage verschiedene dieser Dienste zusammenzusetzen zu einem Dienstpaket."

    Texo ist aktuell im Test-Stadium angelangt. Wissenschaftler führen einzelne Software-Komponenten virtuell zusammen. In Experimenten schauen sie, ob die Theorie dann auch in der Praxis klappt. Dieser Zwischenstand des Teilprojekts Texo kann als Gradmesser für den Fortschritt von Theseus allgemein gesehen werden. Viele Projekte haben die Grundlagenarbeit hinter sich und versuchen nun, die Ergebnisse in die Praxis und damit in nutzbare, durchaus auch kommerziell nutzbare, Dienste und Dienstleistungen umzusetzen. Die Projektbeteiligten von Theseus zeigten sich auf der Zusammenkunft in Berlin optimistisch, was den Fortschritt der Arbeiten angeht. Doch so schnell wird es nicht gehen. Denn auch wenn einzelne Teilprojekte schon bald in die Praxis gehen könnten, das Internet der Dienste wird wohl noch eine ganze Weile auf sich warten lassen.

    Weitere Informationen zum Thema auf DRadio.de:
    Quaero und Theseus - Deutsch-französisches Projekt erforscht die Informationssuche, Computer und Kommunikation (3.1.2009)
    Leuchtturm oder Kerze- Bundesregierung plant mit "Theseus" das Internet 2.0, Computer und Kommunikation (15.12.2007)