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Hamburger Elbschlick vor Helgoland

Die geplante Elbvertiefung im Hamburger Hafen schürt Sorgen. Elbanrainer aus Niedersachsen sehen eine Gefahr für das natürliche Gleichgewicht der Flusslandschaft und auch für ihre Deiche. Widerstand regt sich aber auch in Schleswig-Holstein. Denn was die Bagger im Hamburger Hafen aus der Elbe holen, wird vor Helgoland in der Nordsee verklappt.

Von Annette Eversberg |
    Hamburg darf Schlick aus der Elbe in der Nordsee verklappen, weil Schleswig-Holstein dem Stadtstadt beim Hafenausbau unterstützen will. Denn Hamburg, das mit der Vertiefung der Elbe Platz machen muss für eine neue Generation von Containerschiffen, wusste nicht mehr wohin mit den Mengen an Sedimenten. Inzwischen sind sie auf 9,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr angewachsen. Etwa die Hälfe, 4,5 Millionen Kubikmeter, dürfen nun in die 30 Meter tiefe Rinne vor Helgoland eingebracht werden, nur 50 Kilometer vom Seebad St. Peter-Ording entfernt. Allerdings nicht ohne Auflagen, erläutert Dietmar Wienholdt vom schleswig-holsteinischen Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Ländliche Räume:

    "Wir haben zur Bedingung gemacht, dass es nur Baggergut sein darf, was nur aus der Elbe selbst, aus der Stromelbe kommt, und nicht aus den Hafenbecken. Das Baggergut aus den Hafenbecken ist in der Regel höher belastet und wird in Hamburg an Land behandelt, wird also aus dem Gewässer herausgenommen."

    Die Landesregierung sieht darin keine Gefahr. Sie geht davon aus, dass die Strömung in der Rinne vor Helgoland sehr gering ist. Die Gemeinden an der Nordsee sehen jedoch Probleme. Sie verweisen auf eine Untersuchung des Senckenberginstituts in Wilhelmshaven. Danach ist der Schlick, der aus der Elbe kommt, deutlich höher belastet als die Sedimente aus der Nordsee. Bereits früher haben die Wissenschaftler Schadstoffdepots in der Nordsee entdeckt, die aus der Elbe kamen. Dass Schadstoffe, die dort einmal angekommen sind oder hingebracht werden, immer dort bleiben, hält Professor Georg Irion vom Senckenberginstitut für undenkbar.

    "Das ist ganz klar, die Strömung geht von dort nach Norden, und natürlich werden die Sedimente und Schadstoffe, das hat unter anderen. auch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie festgestellt. nach Norden getragen und gehen auf die Watten von Nordfriesland oder die Watten von Dänemark. Ein Teil landet natürlich auch in der inneren Nordsee."

    Schon bei Windstärke 8 können die Sedimente wieder aufgewirbelt werden. Deshalb mahnt der SPD-Abgeordnete Eberhard Eberle aus Westerland auf Sylt eine umfassende Lösung an.

    "Es fehlt ein gesamtheitliches und nachhaltiges Konzept zum Sedimentmanagement im Elbtrichter und in den angrenzenden Küstenregionen, das wenigstens für die nächsten zwei Jahrzehnte dies bedenkt."

    Eine Forderung, die Schleswig-Holstein ebenfalls gegenüber Hamburg erhoben hat. Dietmar Wienholdt.

    "Das Verbringen von Baggergut nach See, das muss auch nur eine vorübergehende Lösung sein. Es kann nicht dauernd Baggergut dort verbracht werden. Wir haben keine Baggergut-Klappstellen in der Nordsee."

    Georg Irion warnt davor, dass das Verklappen von Baggergut in der Nordsee eine Tür öffnen kann, die man lange verschlossen glaubte.

    "Das Umweltbewusstsein in den letzten Jahrzehnten, in den 70er und 80er Jahren, wir verschmutzen nicht irgendwas, weder den Bodensee noch die Nordsee, das wird jetzt damit extrem durchbrochen."

    Inzwischen regt sich neuer Unmut in Schleswig-Holstein, weil Hamburg bereits über eine weitere neue Elbvertiefung mit noch mehr Baggergut in Höhe von 38 Millionen Kubikmeter nachdenkt. Detlef Matthiesen von Bündnis90/Die Grünen im Kieler Landtag.

    "Wir sagen aber, vor einer weiteren Elbvertiefung muss man erst einmal analysieren, was die erste Elbvertiefung gebracht hat. Da läuft noch ein Beweissicherungsprogramm, und solange diese Ergebnisse nicht vorliegen, halten wir eine weitere Vertiefung nicht für diskussionswürdig."

    Auch die Grünen wollen ein Sedimentmanagement. Aber darüber hinaus fordern sie wie der NABU ein norddeutsches Hafenkonzept. Denn beim Ausbaggern geht es in Hamburg darum, den Hafen so weit wie möglich von Ebbe und Flut unabhängig zu machen. Für Detlef Matthiesen von den Grünen ist dieser Versuch, die Naturkräfte zu überlisten, von vornherein zum Scheitern verurteilt.

    "Wir müssen ein norddeutsches Hafenkonzept entwickeln, wo Wilhelmshaven ein Tiefseehafen wird und die Häfen von Bremen und Hamburg dann eben Größenordnungen abwickeln, die möglich sind. Die Bundesregierung hat das nicht gemacht, die fördert alle Hafenprojekte gleichzeitig. Hamburg wird irgendwann an die Grenze geraten, die Elbe gibt das nicht mehr her."