Thomas Mirow: Guten Morgen.
Spengler: Sie wollen als SPD dem CDU-Antrag auf Auflösung der Bürgerschaft heute zustimmen, warum?
Mirow: Weil spätestens mit dem Rausschmiss von Herrn Schill klar geworden ist, dass diese Regierung keine Mehrheit mehr hat, keine Machtbasis mehr hat.
Spengler: Wenn der Bürgermeister direkt gewählt werden würde, dann erhielte ihr Kontrahent Ole von Beust mehr als 60 Prozent und Sie mehr als 20 Prozent, irritiert Sie das?
Mirow: Nein, sondern wir haben ein Wahlrecht, das sich über viele Jahrzehnte bewährt hat. In Hamburg werden Parteien gewählt, die Bürgermeister haben bei uns immer einen Amtsbonus gehabt, das ist aber nicht gleichbedeutend mit einer Garantie für einen Wahlsieg.
Spengler: Das ist wohl richtig, aber erstmals scheint eine absolute Mehrheit der CDU möglich, Umfragen zufolge.
Mirow: Möglich ist das unter Umständen, aber ich denke, das Rennen ist ganz offen. Die Mehrheit der Umfragen gibt Rot und Grün zusammen eine Mehrheit und wir stehen erst am Wahlkampfanfang, also schauen wir mal.
Spengler: Was hat Herr von Beust denn eigentlich richtig gemacht, wenn er so viel Zustimmung bekommt?
Mirow: Ich glaube, dass Herr von Beust einfach persönlich Sympathien auf sich versammelt hat, dass das aber nicht gleichbedeutend ist mit dem Zutrauen der Menschen, dass er die politischen Probleme in der Stadt löst, und darum wird es in den nächsten Wochen gehen.
Spengler: Sind denn Sympathien, ist persönliche Beliebtheit nicht auch ein politisches Argument?
Mirow: Persönliche Sympathie hilft, aber ich glaube, den Menschen geht es am Ende darum, dass ihre persönlichen Probleme gelöst werden. Wenn sie für ihre Kinder keine Kindertagesheimplätze finden, wenn sie, wie ich meine, zu recht Sorge haben, dass vollständig privatisierte Krankenhäuser für die öffentliche Daseinsvorsorge nicht mehr so geeignet sind, dann werden sie, glaube ich, mehr nach ihren eigenen Interessen entscheiden als nach der Frage, wen sie persönlich vielleicht lieber mögen.
Spengler: Die SPD hat ja mehr als fünf Jahrzehnte die Hansestadt regiert, dabei jede Menge Filz geschaffen, das werden Sie auch nicht abstreiten. Sie wurde 2001 abgelöst, käme eine erneute Regentschaft für die Partei nicht zu früh?
Mirow: Zunächst einmal waren wir es nicht über fünf Jahrzehnte, sondern über vier Jahrzehnte, was aber auch eine lange Zeit ist. Manchmal wird dabei vergessen, dass die SPD ja nicht, sozusagen, en bloc regiert hat sondern auch immer wieder die Zustimmung der Wählerinnen und Wähler dafür gefunden hat. Ich glaube, viele Wählerinnen und Wähler wollten der SPD, oder jedenfalls dem früheren Senat, auch eine Art Denkzettel geben, wir haben das verstanden, wir haben uns erneuert. Und viele haben inzwischen natürlich auch registriert, wie eine Alternative dann wirklich aussieht und es hat ja keine Regierung so unverfroren den Versuch unternommen, eigene Leute in Ämter zu bringen, wie die jetzige, dagegen verblassen vier Jahrzehnte von SPD Regierung mit großem Abstand.
Spengler: Ich habe noch einmal nachgerechnet, ich meine, es wären wirklich mehr als fünf Jahrzehnte, aber Sie wissen es vermutlich besser.
Mirow: Ich kann es Ihnen ganz genau sagen, es war von 1957 bis 2001, also 44 Jahre.
Spengler: In Ordnung, dann nehmen wir das einmal so hin. Sie sagten, die SPD habe gelernt. Was denn?
Mirow: Es gab, denke ich, in unserer Zeit zwei Hauptkritikpunkte, der eine war, die SPD kümmere sich nicht konsequent genug um die innere Sicherheit, da gibt es eine vollständige Neuaufstellung, die wird sich auch in einer entsprechenden personellen Alternative verkörpern. Und es gab Kritik an der Schulpolitik, auch da haben wir uns verändert, haben wir neue Positionen eingenommen. In anderen Bereichen hat die SPD immer viel Zustimmung gefunden und die Ergebnisse unserer Politik können sich sehen lassen, etwa in dem Bereich, den ich zu verantworten hatte, nämlich der Wirtschaftspolitik, da war eine Neupositionierung nicht nötig.
Spengler: Innere Sicherheit haben Sie angesprochen. Sie sagten eine personelle Neuorientierung, Neuaufstellung. Was meinen Sie damit konkret?
Mirow: Ich werde in meinem Kompetenzteam, das ich in den nächsten drei Wochen vorstellen werde, einen Mann vorstellen, der für die innere Sicherheit Verantwortung tragen soll in dem Team und dann später auch in einem Senat und der mitgeholfen hat, mitgewirkt hat in den letzten Jahren, die Positionen neu zu definieren und an dessen Glaubwürdigkeit es in der Beziehung gar keine Zweifel geben kann.
Spengler: Mehr wollen Sie nicht verraten, aber Sie werden auf jeden Fall nicht die Neuerungen, die Innensenator Schill eingeführt hat, also mehr Polizisten, neue Uniformen rückgängig machen.
Mirow: Nein, das wollen wir nicht. Ob es sehr klug war, in einer Zeit, die viele schwierige Probleme kennt, sich in erster Linie mit der Farbe der Uniform zu befassen, das ist eine ganz andere Frage. Aber uns geht es nicht darum, vernünftige Dinge rückgängig zu machen, uns geht es darum, dass Hamburg wieder eine seriöse Regierung bekommt.
Spengler: Sie haben auch die Schulpolitik angesprochen. Abitur nach der zwölften Klasse, auch das eine Neuerung der noch amtierenden Regierung, auch daran wollen Sie nicht rütteln?
Mirow: Nein, daran wollen wir nicht rütteln, wir haben uns zu den zwölf Jahren auch bekannt. Wir sehen allerdings viele andere Bereiche, in denen diese Regierung eben nichts getan hat. Wir haben eine sehr hohe Zahl von jungen Leuten in der Stadt, die ohne jeden Schulabschluss die Schule abbrechen, wir haben zu viele Kinder, die ohne hinreichende deutsche Sprachkenntnisse in die Schulen kommen, das sind Themen, die dringend aufgegriffen werden müssen und um die wir uns kümmern wollen.
Spengler: Noch einmal zum Schluss, Herr Mirow, auf die Umfrageergebnisse. Sie haben ja offensichtlich Popularitätsprobleme, liegt das daran, dass Sie kaum jemand kennt, dass Sie so wenig Werte bekommen, so über 20 Prozent oder liegt das daran, dass man Sie noch so gut kennt als Ex-Wirtschaftssenator und damit vielleicht als jemand, dem, so schreibt der "Spiegel", ich zitiere mal wörtlich, "der Geruch der roten Filzokratie noch in den Kleidern hängt." ?
Mirow: Ich denke, man muss ganz nüchtern sehen, ich hatte im Jahr 2001 im Herbst die höchsten Zustimmungswerte aller aktiven Politiker, ich war dann zwei Jahre lang für die Öffentlichkeit nicht sehr sichtbar, Mitglied des Landesvorstandes, aber sonst politisch nicht so herausgehoben aktiv. Das hat sich erst vor wenigen Wochen wieder geändert, jetzt haben wir Wahlkampf. Ich bin ganz sicher, im Laufe der kommenden Wochen wird sich das Verhältnis noch mal deutlich ändern und im Übrigen sage ich noch einmal, die meisten Umfragen signalisieren, dass es für die CDU nicht reichen wird und dass es zu einem Regierungswechsel in Hamburg kommen wird.
Spengler: Sie haben aber nur in einer Koalition eine Chance, nämlich mit den Grün-Alternativen, oder?
Mirow: Das ist sicher, sozusagen, die natürliche Alternative zur jetzigen Regierung, wir gehen aber ohne feste Koalitionsaussage in die Wahlkampfsauseinandersetzung, das heißt wir haben uns nicht auf eine einzige Koalition festgelegt.
Spengler: Also, als möglicher Juniorpartner eines CDU-regierten Senats stünden Sie auch zur Verfügung?
Mirow: Wir haben deutlich gemacht, dass das nicht unser Wahlziel ist. Aber wenn man eine Koalitionsaussage nicht trifft, bis auf die, dass wir gesagt haben, eine Zusammenarbeit mit der Schillpartei oder den Schillparteien kommt für uns nicht in Frage, dann folgt daraus logisch, dass auch eine Zusammenarbeit mit der Union denkbar ist.
Spengler: Ich danke Ihnen für das Gespräch, das war Thomas Mirow, der Hamburger Spitzenkandidat der Sozialdemokraten und frühere Wirtschaftssenator.
Spengler: Sie wollen als SPD dem CDU-Antrag auf Auflösung der Bürgerschaft heute zustimmen, warum?
Mirow: Weil spätestens mit dem Rausschmiss von Herrn Schill klar geworden ist, dass diese Regierung keine Mehrheit mehr hat, keine Machtbasis mehr hat.
Spengler: Wenn der Bürgermeister direkt gewählt werden würde, dann erhielte ihr Kontrahent Ole von Beust mehr als 60 Prozent und Sie mehr als 20 Prozent, irritiert Sie das?
Mirow: Nein, sondern wir haben ein Wahlrecht, das sich über viele Jahrzehnte bewährt hat. In Hamburg werden Parteien gewählt, die Bürgermeister haben bei uns immer einen Amtsbonus gehabt, das ist aber nicht gleichbedeutend mit einer Garantie für einen Wahlsieg.
Spengler: Das ist wohl richtig, aber erstmals scheint eine absolute Mehrheit der CDU möglich, Umfragen zufolge.
Mirow: Möglich ist das unter Umständen, aber ich denke, das Rennen ist ganz offen. Die Mehrheit der Umfragen gibt Rot und Grün zusammen eine Mehrheit und wir stehen erst am Wahlkampfanfang, also schauen wir mal.
Spengler: Was hat Herr von Beust denn eigentlich richtig gemacht, wenn er so viel Zustimmung bekommt?
Mirow: Ich glaube, dass Herr von Beust einfach persönlich Sympathien auf sich versammelt hat, dass das aber nicht gleichbedeutend ist mit dem Zutrauen der Menschen, dass er die politischen Probleme in der Stadt löst, und darum wird es in den nächsten Wochen gehen.
Spengler: Sind denn Sympathien, ist persönliche Beliebtheit nicht auch ein politisches Argument?
Mirow: Persönliche Sympathie hilft, aber ich glaube, den Menschen geht es am Ende darum, dass ihre persönlichen Probleme gelöst werden. Wenn sie für ihre Kinder keine Kindertagesheimplätze finden, wenn sie, wie ich meine, zu recht Sorge haben, dass vollständig privatisierte Krankenhäuser für die öffentliche Daseinsvorsorge nicht mehr so geeignet sind, dann werden sie, glaube ich, mehr nach ihren eigenen Interessen entscheiden als nach der Frage, wen sie persönlich vielleicht lieber mögen.
Spengler: Die SPD hat ja mehr als fünf Jahrzehnte die Hansestadt regiert, dabei jede Menge Filz geschaffen, das werden Sie auch nicht abstreiten. Sie wurde 2001 abgelöst, käme eine erneute Regentschaft für die Partei nicht zu früh?
Mirow: Zunächst einmal waren wir es nicht über fünf Jahrzehnte, sondern über vier Jahrzehnte, was aber auch eine lange Zeit ist. Manchmal wird dabei vergessen, dass die SPD ja nicht, sozusagen, en bloc regiert hat sondern auch immer wieder die Zustimmung der Wählerinnen und Wähler dafür gefunden hat. Ich glaube, viele Wählerinnen und Wähler wollten der SPD, oder jedenfalls dem früheren Senat, auch eine Art Denkzettel geben, wir haben das verstanden, wir haben uns erneuert. Und viele haben inzwischen natürlich auch registriert, wie eine Alternative dann wirklich aussieht und es hat ja keine Regierung so unverfroren den Versuch unternommen, eigene Leute in Ämter zu bringen, wie die jetzige, dagegen verblassen vier Jahrzehnte von SPD Regierung mit großem Abstand.
Spengler: Ich habe noch einmal nachgerechnet, ich meine, es wären wirklich mehr als fünf Jahrzehnte, aber Sie wissen es vermutlich besser.
Mirow: Ich kann es Ihnen ganz genau sagen, es war von 1957 bis 2001, also 44 Jahre.
Spengler: In Ordnung, dann nehmen wir das einmal so hin. Sie sagten, die SPD habe gelernt. Was denn?
Mirow: Es gab, denke ich, in unserer Zeit zwei Hauptkritikpunkte, der eine war, die SPD kümmere sich nicht konsequent genug um die innere Sicherheit, da gibt es eine vollständige Neuaufstellung, die wird sich auch in einer entsprechenden personellen Alternative verkörpern. Und es gab Kritik an der Schulpolitik, auch da haben wir uns verändert, haben wir neue Positionen eingenommen. In anderen Bereichen hat die SPD immer viel Zustimmung gefunden und die Ergebnisse unserer Politik können sich sehen lassen, etwa in dem Bereich, den ich zu verantworten hatte, nämlich der Wirtschaftspolitik, da war eine Neupositionierung nicht nötig.
Spengler: Innere Sicherheit haben Sie angesprochen. Sie sagten eine personelle Neuorientierung, Neuaufstellung. Was meinen Sie damit konkret?
Mirow: Ich werde in meinem Kompetenzteam, das ich in den nächsten drei Wochen vorstellen werde, einen Mann vorstellen, der für die innere Sicherheit Verantwortung tragen soll in dem Team und dann später auch in einem Senat und der mitgeholfen hat, mitgewirkt hat in den letzten Jahren, die Positionen neu zu definieren und an dessen Glaubwürdigkeit es in der Beziehung gar keine Zweifel geben kann.
Spengler: Mehr wollen Sie nicht verraten, aber Sie werden auf jeden Fall nicht die Neuerungen, die Innensenator Schill eingeführt hat, also mehr Polizisten, neue Uniformen rückgängig machen.
Mirow: Nein, das wollen wir nicht. Ob es sehr klug war, in einer Zeit, die viele schwierige Probleme kennt, sich in erster Linie mit der Farbe der Uniform zu befassen, das ist eine ganz andere Frage. Aber uns geht es nicht darum, vernünftige Dinge rückgängig zu machen, uns geht es darum, dass Hamburg wieder eine seriöse Regierung bekommt.
Spengler: Sie haben auch die Schulpolitik angesprochen. Abitur nach der zwölften Klasse, auch das eine Neuerung der noch amtierenden Regierung, auch daran wollen Sie nicht rütteln?
Mirow: Nein, daran wollen wir nicht rütteln, wir haben uns zu den zwölf Jahren auch bekannt. Wir sehen allerdings viele andere Bereiche, in denen diese Regierung eben nichts getan hat. Wir haben eine sehr hohe Zahl von jungen Leuten in der Stadt, die ohne jeden Schulabschluss die Schule abbrechen, wir haben zu viele Kinder, die ohne hinreichende deutsche Sprachkenntnisse in die Schulen kommen, das sind Themen, die dringend aufgegriffen werden müssen und um die wir uns kümmern wollen.
Spengler: Noch einmal zum Schluss, Herr Mirow, auf die Umfrageergebnisse. Sie haben ja offensichtlich Popularitätsprobleme, liegt das daran, dass Sie kaum jemand kennt, dass Sie so wenig Werte bekommen, so über 20 Prozent oder liegt das daran, dass man Sie noch so gut kennt als Ex-Wirtschaftssenator und damit vielleicht als jemand, dem, so schreibt der "Spiegel", ich zitiere mal wörtlich, "der Geruch der roten Filzokratie noch in den Kleidern hängt." ?
Mirow: Ich denke, man muss ganz nüchtern sehen, ich hatte im Jahr 2001 im Herbst die höchsten Zustimmungswerte aller aktiven Politiker, ich war dann zwei Jahre lang für die Öffentlichkeit nicht sehr sichtbar, Mitglied des Landesvorstandes, aber sonst politisch nicht so herausgehoben aktiv. Das hat sich erst vor wenigen Wochen wieder geändert, jetzt haben wir Wahlkampf. Ich bin ganz sicher, im Laufe der kommenden Wochen wird sich das Verhältnis noch mal deutlich ändern und im Übrigen sage ich noch einmal, die meisten Umfragen signalisieren, dass es für die CDU nicht reichen wird und dass es zu einem Regierungswechsel in Hamburg kommen wird.
Spengler: Sie haben aber nur in einer Koalition eine Chance, nämlich mit den Grün-Alternativen, oder?
Mirow: Das ist sicher, sozusagen, die natürliche Alternative zur jetzigen Regierung, wir gehen aber ohne feste Koalitionsaussage in die Wahlkampfsauseinandersetzung, das heißt wir haben uns nicht auf eine einzige Koalition festgelegt.
Spengler: Also, als möglicher Juniorpartner eines CDU-regierten Senats stünden Sie auch zur Verfügung?
Mirow: Wir haben deutlich gemacht, dass das nicht unser Wahlziel ist. Aber wenn man eine Koalitionsaussage nicht trifft, bis auf die, dass wir gesagt haben, eine Zusammenarbeit mit der Schillpartei oder den Schillparteien kommt für uns nicht in Frage, dann folgt daraus logisch, dass auch eine Zusammenarbeit mit der Union denkbar ist.
Spengler: Ich danke Ihnen für das Gespräch, das war Thomas Mirow, der Hamburger Spitzenkandidat der Sozialdemokraten und frühere Wirtschaftssenator.