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Hamilton: Bush-Regierung wird Klimaprobleme nicht anpacken

Daniel Hamilton, Politikwissenschaftler vom Center for Transatlantic Relations in Washington, glaubt, dass die USA bei der Klimakonferenz vor allem auch durch die Haltung der Entwicklungsländer isoliert wurden. Auch wenn die US-Regierung 2009 ausgetauscht würde, warnte Hamilton vor zu großen Erwartungen. Die aktuelle Klimadebatte müsste auch im US-Kongress ankommen, damit internationale Vereinbarungen in die Wege geleitet werden könnten.

Moderation: Bettina Klein |
    Bettina Klein: Ist das Glas nun halb voll geworden oder ist es halb leer geblieben. Kurz gefasst kann man offenbar wieder zu dieser oder jener Auffassung gelangen, wenn man die Reaktionen auf die Erklärung der Weltklimakonferenz auf Bali verfolgt. Keine konkreten Ziele, aber alle Staaten sind sich einig, dass sie ein Kyoto-Folgeabkommen aushandeln wollen bis 2009. Auch die USA sind nun dabei. Sie galten die ganz Zeit über als der große Bremser und wollten am Ende kurz vor Toresschluss dann aber doch den abgeschwächten Formulierungen zustimmen. Wie dieser Sinneswandel in der amerikanischen Delegation zustande kam, danach habe ich vor der Sendung Daniel Hamilton gefragt, Politikwissenschaftler vom Center for Transatlantic Relations in Washington.

    Daniel Hamilton: Ich glaube, die erste Perspektive der Bush-Administration, sie wollen nicht, dass die USA nicht am Tisch sitzen in der nächsten Verhandlungsrunde zum Klimaschutz, obwohl sie sehr skeptisch noch sind und sie haben aus ihrer Sicht auch ein bisschen gewonnen in der Bali-Runde, dass keine verbindliche Zahlen da genannt werden oder Ziele. Sie wollen auch für die Nachfolgeadministration dafür sorgen, dass die USA am Tisch sitzen, ohne verbindliche commitments zu machen, dass heißt, dass sie wirklich da mitmachen. So aus der Sicht der USA, sie haben dieses Ziel erreicht, sie sind noch dabei, die schwierigsten Fragen natürlich stehen davor noch.

    Klein: Die Interpretation hierzulande und auch bei den Europäern gehen dahin, man habe die USA erfolgreich isoliert und daher dann die Bereitschaft überhaupt etwas zu unterschreiben. Stimmen Sie der Analyse zu oder bilden sich die Europäer, beziehungsweise, die Deutschen dann doch zu viel und auch noch auf das Falsche etwas ein?

    Hamilton: Ja, ich glaube, die USA wurden isoliert vor allen von den Entwicklungsländer, die zum ersten Mal auch sagten in Bali, dass sie auch bereit wären, hier in die Runde einzugehen, auch mit möglichen Verpflichtungen ihrerseits. China hat zum ersten Mal ein bisschen Bewegung gezeigt, Indien nicht so sehr. Und ich glaube, das Gesamtbild, sagen wir, war, dass doch die USA hier etwas isoliert war. Man muss aber sagen, Russland war auch sehr dagegen, gegen Verpflichtungen, Japan, Kanada. Man muss nicht so eindimensional sehen, dass nur die USA hier Fragen haben. Ich glaube, es ist eine größere Gruppe, nur sind wir so weit in Bali, dass man weiter sprechen kann und ich glaube die schwierigsten Fragen sind noch vor uns und nicht hinter uns.

    Klein: Und bezüglich dieser schwierigsten Fragen, um die es nun gehen wird in den kommenden ein, zwei Jahren, da setzen sich wiederum genau auch große Hoffnungen auf den Klimawandel, sage ich mal im übertragen Sinne, in Washington, sprich darauf, dass sich andere Überzeugungen in Punkto Klimapolitik durchsetzen werden. Schon im nächsten Jahr, in dem der amtierende Präsident ja gleichfalls noch an der Macht sein wird. Wie berechtigt sind diese Hoffnungen aus Sicht der Europäer?

    Hamilton: Man muss schauen. Wir werden eine neue Regierung erst in 2009 haben und in der Regel kann eine neue US-Regierung erst im Laufe eines ersten Jahres inhaltlich Sachen tun und man muss eine ganz Mannschaft auswechseln, auch wenn die Republicans noch an der Macht bleiben. Ich glaube, es ist einfach unrealistisch zu denken, dass die USA bereit wäre, inhaltlich oder überhaupt organisatorisch im Jahre 2009 etwas zu unterschreiben. Das ist einfach nicht realistisch.

    Klein: Wie viel kann denn erreicht werden im kommenden Jahr, in diesem Verhandlungsprozess für den Bali jetzt diese Art Roadmap geschaffen hat?

    Hamilton: Man kann die schwierigsten Fragen jetzt anpacken, aber es wird sehr mühsam sein und ich glaube, das einzige Ziel von der Bush-Regierung war, dass die USA noch am Tisch sitzen können und dass die nächste politische Gruppe hier in Washington wirklich die Probleme anpacken wird. Die Bush-Regierung wird sie nicht anpacken, sie wird sich nicht inhaltlich damit beschäftigen, glaube ich, ernsthaft und es ist wirklich eine Sache für die nächste Regierung. Und deswegen sehe ich wegen der USA des politischen Kalenders eine Verzögerung der Zeittafel, was in Bali besprochen wurde.

    Klein: Wenn der Rest der Welt die USA von ihren bisherigen Überzeugungen abbringen möchte, auf welche Kandidaten im Präsidentschaftswahlkampf müsste man dann jetzt setzen?

    Hamilton: Die Demokraten natürlich sprechen alle davon, aber inhaltlich weniger, deswegen muss man schauen. Die reden nicht mit Einzelheiten. Die Republicans, aber auch einige Kandidaten haben auch gesagt, sie erkennen das als ernsthaftes Problem, aber wir müssen eher schauen, was möglich ist. Man muss in unserem System auch erkennen, dass unser Kongress eine sehr wichtige Rolle spielt. Ein Vertrag muss von einer Zweitdrittelmehrheit des Kongresses verabschiedet werden und deswegen haben wir oft so viele Probleme mit den internationalen Verträgen.

    Bei Kyoto, der Kongress hat 98 zu 0 gegen Kyoto gestimmt. Deswegen, man muss wirklich schauen, wie läuft es im Kongress ab und deswegen ist die Debatte hier interessant. Wenn die Debatte aus dem Lande sozusagen passiert, dann könnte man ein bisschen Hoffnung haben, dass diese Debatten dann auch im Kongress sich widerspiegelt in den nächsten paar Jahren. Aber wer zahlt dafür und wie organisieren wir uns dafür und welche Bedeutung hat das für die Volkswirtschaften nicht nur in Europa und Amerika, aber auch in China, Indien in diesen Ländern? Das sind die schwierigsten Fragen die eigentlich zum größten Teil unbeantwortet sind und die noch angegangen werden müssen.

    Klein: Zwei Punkte würde ich gerne noch mal kurz rausgreifen: Die Forderung der Vereinigten Staaten, dass die größeren Schwellenländer und die größeren Entwicklungsländer auch größere Verpflichtungen übernehmen müssen, das ist sozusagen der eine Knackpunkt und der andere, dass Washington darauf beharrt, die Industrienationen müssen weiter das Recht auf Wirtschaftswachstum haben. Wenn ich Sie richtig verstehe, ist überhaupt nicht absehbar, dass es da in irgendeiner Weise Abstriche geben wird und auch in den nächsten ein, zwei Jahren.

    Hamilton: Ich glaube nicht, ob die entwickelten Länder sozusagen, Japan, USA, Europa und so, bereit wären, einen neuen Fonds oder neue Möglichkeiten bereitzustellen für die Entwicklungsländer, ist eine große Frage. Es ist vielleicht möglich, aber noch nicht in ihren Einzelheiten ausgearbeitet worden. Und zweitens die Frage, ob die Entwicklungsländer, gerade Länder wie China, wirklich ihren großen Wachstum, was sehr schmutzig jetzt sagen wir es so, wirklich bereit sind, das ein bisschen zu begrenzen oder anders zu strukturieren. Sie haben auch innenpolitisch große Probleme in China in solchen Fragen. Sie müssen Jobs schaffen, um überhaupt Stillstand zu bringen und nicht voranzukommen, weil es ein großes Land ist. So, sie haben auch sehr große Schwierigkeiten, es gibt tiefes Misstrauen gegenüber den entwickelten Ländern, was wirklich hier vor sich geht und man muss einfach, wie gesagt, mühsam diese vielfältigen Fragen anpacken.

    Klein: Aber die Gleichung trifft dann eben auch nicht zu, zu sagen, die USA von der Linie der Europäer zu überzeugen, ist das allein Seligmachende dabei, sondern es müsste möglicherweise dann auch darum gehen, die Argumente, die aus den Vereinigten Staaten kommen, ernster zu nehmen, als sie es bisher tun?

    Hamilton: Ich glaube, wir werden einfach viele weitere Schwierigkeiten haben, nicht nur in dieser Verhandlungsrunde. Schauen Sie, die Debatte in Europa über die Missionen auch im Flugverkehr und die Möglichkeit, dass man hier Regelungen trifft, das betrifft dann den Freihandel und überhaupt Verkehr in der Welt. Ich glaube, viele Länder sind nicht bereit dafür zu verstehen, wie man das zu organisieren hat, wenn man in Bali und auf diesem Weg keine große Einigung hat. Wir haben jetzt einen Plan, einen Weg, wo wir wenigstens alle miteinander sprechen. Aber so viel Hoffnung kann ich doch nicht geben, da ich nicht sehe, dass wir überhaupt anfangen, miteinander ernsthaft über solche wirklich detaillierten bedeutungsvolle Fragen zu sprechen.

    Klein: Die Einschätzungen des amerikanischen Politologen Daniel Hamilton.