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Hannover Messe
Dressur der Roboter

Wie bringt man einem Roboter bei, was er zu tun hat? Mit einer Programmierung - bislang jedenfalls. Auf der Hannover Messe, wo Robotik ein Schwerpunkt ist, werden nun neue Methoden gezeigt. Denn Roboter können auch mit einem Trainer lernen - und einer intuitiven Bewegungsdressur.

Von Frank Grotelüschen | 26.04.2018
    Ein menschlich aussehender 3D gedruckter Roboter der Firma IOX LAB auf der Hannover-Messe 2018.
    Auftritt der Maschinenmenschen: Roboter der neuesten Generation sind deutlich flexibler und lernfähiger als ihre Vorgänger (imago / Tim Wagner)
    Halle 2, die Forschungshalle auf der Hannover Messe. An einem der Stände fällt eine Art Mini-Panzer ins Auge, groß wie ein Tretauto. Mit seinem Kettenantrieb kann das Gefährt Treppen steigen und Geröllhalden bewältigen.
    "Vor uns sehen wir einen Roboter, der gebaut ist für Feuerwehrleute. Er hat ein Gehäuse, das wasserdicht und feuerfest ist, sodass er auch in schwierigen Situationen arbeiten kann", sagt Erik Schaffernicht von der Örebro Universität in Schweden. Smokebot, so heißt der Klettermaxe, den Schaffernicht in einem EU-Projekt entwickelt. Bemerkenswert ist die Sensorik: Sie funktioniert auch unter typischen Feuerwehr-Bedingungen - es ist total verraucht.
    "Wenn Rauch da ist, ist es ist erschreckend, wie schnell man die Orientierung verliert. Das geht auch Robotern so. Die Standardsensoren wie Kameras oder Laserscanner arbeiten unter solchen Bedingungen nicht mehr."
    Mit elektronischem Spürsinn
    Deshalb ist Smokebot mit einer Wärmebildkamera bestückt. Da Rauch meist eine andere Temperatur hat als das Mobiliar, liefert ein Wärmebild Hinweise, was in einem verrauchten Raum los ist. Der Clou aber ist eine neue Radarkamera. Radarwellen nämlich können selbst dichten Rauch ungehindert durchdringen. Erik Schaffernicht:
    "Man sieht einen silbernen Halbkreis. Das ist ein Feld von mehreren Empfängern und Sendern, die Radarwellen aussenden. Das ist eine 3D-Technik." 24 Radarsender sind auf dem silbernen Halbkreis montiert. Treffen ihre Signale auf ein Hindernis, werden sie reflektiert. Diese Echos nehmen 24 Empfänger auf, sie sitzen ebenfalls auf dem Halbkreis. Dann sortiert ein Algorithmus die vielen Radarechos so, dass ein dreidimensionales Radarbild entsteht. Die neue 3D-Radartechnik funktioniert überraschend gut, sagt Schaffernicht.
    "Er hat auch eine elektronische Nase. Das sind chemische Sensoren, mit denen man versucht zu riechen, ob toxische oder explosive Stoffe in der Luft sind. Im Idealfall kann man sogar versuchen, eine Quelle, wenn eine Leitung gebrochen ist oder so, zu finden - ähnlich wie ein Hund, der in der Gegend schnüffelt."
    Einsatz für Smokebot bei Dortmunder Feuerwehr
    Um zu erkennen, ob Menschen in Gefahr sind, ist Smokebots jedoch zu langsam. Hier müssen nach wie vor die Feuerwehrleute ran. Stattdessen hat Erik Schaffernicht ein anderes Einsatzfeld im Blick.
    "Stellen Sie sich einen Laborunfall vor, bei dem es gebrannt hat. Das Feuer ist gelöscht. Es ist noch sehr verraucht. Und in diesem Labor werden schädliche Chemikalien gelagert. Möchte man dann den Feuerwehrmann gefährden, da reinzugehen und zu kucken, was los ist? Oder bringen wir den Roboter, der in Ruhe durchfahren kann, kucken, wie die Lage ist."
    Im Herbst nähert sich das Projekt seinem Ende. Dann soll für Smokebot die Nagelprobe folgen - ein Test bei der Feuerwehr Dortmund. Ebenfalls was mit Robotern, aber was ganz anderes, macht man in Sachsen.
    Intuitives Programmieren
    "Wir sind ein Start-up aus Dresden, und wir können Roboter über intelligente Kleidung programmieren."
    Sagt Maria Piechnick, Gründerin von Wandelbots, so heißt die junge Firma. Ihr Geschäftsfeld: die Roboterdressur. Denn damit ein Industrieroboter weiß, was er zu tun hat, muss er programmiert werden, regelrecht angelernt.
    "Bisher passiert das durch Spezialisten, und das ist ziemlich zeitaufwendig und teuer. Diese Art und Weise ist intuitiver."
    Roboter müssen Bewegungen einstudieren
    Bei Wandelbots macht man dem Automaten die Bewegungen, die er ableisten soll, einfach vor. Dazu bekommt ein menschlicher Vorturner Sensoren umgeschnallt, die im Funkkontakt mit dem Roboter stehen.
    "Die erfassen die Bewegung desjenigen, der sie anzieht. Damit ist er in der Lage, einen Roboter zu steuern. Diese Steuerung kann aufgezeichnet werden und somit dem Roboter ganz einfach neue Automatisierungsprozesse angelernt werden."
    Dressur mit Sensoren
    Piechniks Kollege Christoph Bierung trägt drei dieser Sensoren am Leibe - einen am Bauch, zwei am Arm. Er steht einen Meter von einem Roboterarm und bewegt seinen Arm hin und her, wie ein Dirigent in Zeitlupe.
    "Ich steuere mit meinem Arm sozusagen den Roboterarm. Über die Sensoren, die ich am Arm habe, wird das umgerechnet in das Robotermodell."
    Streckt Biering den Arm nach vorne, bewegt sich auch der Roboterarm vorwärts. Schwenkt sein Arm nach rechts, folgt ihm die Maschine wie ein treuer Vasall. Maria Piechnick:
    "Wir haben es im Einsatz bei Volkswagen in der gläsernen Manufaktur. Da werden zum Beispiel Lautsprecher in die Tür eingesetzt."
    Noch steckt die Technik in der Erprobungsphase. Ist die erfolgreich absolviert, soll die intuitive Maschinendressur in den Werkhallen zum Einsatz kommen.