Wer nach Deutschland einreisen wolle, müsse sich ausweisen können und brauche gültige Papiere, forderte der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl im Deutschlandfunk. Eigentlich ist das eine Selbstverständlichkeit, aber derzeit werden illegale Grenzeübertritte in Deutschland geduldet und nicht strafrechtlich verfolgt. Mit dieser Praxis habe Deutschland Rechtstaatlichkeit aufgegeben, meinte Uhl. Die CSU fordere nun lediglich, dass diese Rechtsstaatlichkeit wieder gelten solle. Man werde doch wohl noch geltendes Recht fordern dürfen.
Hintergrund ist eine Beschlussvorlage der CSU-Landesgruppe im Bundestag für die Klausurtagung in Wildbad Kreuth. Flüchtlinge, die sich nicht ausweisen können, sollen demnach die Grenzen nicht passieren dürfen. Durch bewusste Vernichtung von Ausweispapieren und falsche Angaben von Antragstellern würden Asylverfahren nicht nur verschleppt, sondern oftmals vollständig unmöglich gemacht, heißt es. Ersatzpapiere könnten die Menschen auch in Nachbarstaaten Deutschlands beantragen.
"Was die SPD-Vize Schäfer-Gümbel und Stegner denken, ist mir wurscht"
Die CDU lehnt die Initiative ab. Der stellvertretende Parteivorsitzende Armin Laschet sagte ebenfalls im Deutschlandfunk, Schutzbedürftigen müsse Schutz gewährt werden. SPD-Vize Ralf Stegner betonte in der "Passauer Neuen Presse", es gelte Freizügigkeit in Europa. Daran halte man fest. Kritik, wonach die CSU sich rechten Teilen der Gesellschaft anbiedere, wie sie auch der SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel jüngst im DLF geäußerte hatte, wies Uhl zurück. Deutschland habe eine Million Flüchtlinge dieses Jahr aufgenommen. Das könne man im kommenden Jahr nicht noch einmal machen, führte Uhl aus: "Die SPD-Wähler denken genauso in ihrer Mehrheit wie die CSU-Wähler." Was ein Schäfer-Gümbel denke, sei ihm "wurscht", und Herr Stegner sei ihm "erst recht egal." Am Ende werde die CSU Recht kriegen.
Uhl richtete seinen Blick auch auf die europäische Ebene. Es gebe nur zwei Möglichkeiten, führte er aus, entweder würden die Menschen unverzüglich an den EU-Außengrenzen wieder zurückgewiesen, um dem Schengen-Vertrag wieder Gültigkeit zu verschaffen. Oder man müsse übergangsweise wieder zur nationalen Grenzkontrolle zurückkehren - so lange, "bis an den Außengrenzen wieder Rechtsstaatlichkeit herrscht." Das gelte vor allem für die sogenannte Balkanroute; über diese kommen die meisten Flüchtlinge nach Deutschland kämen. Uhl forderte: "Hier müssen wir uns mit den anderen Staaten entlang dieser Route abstimmen, dass national wieder kontrolliert wird."
Das Interview in voller Länge:
Martin Zagatta: In der Flüchtlingspolitik sorgt die CSU in diesen Tagen für Aufregung, zumindest für Aufsehen. Erst mit dem Vorstoß, die Integrationspflicht auszuweiten, deutlich auszuweiten, jetzt, im Vorfeld der Landesgruppentagung in Wildbad Kreuth mit der Forderung, Flüchtlinge sollten nur noch mit gültigen Papieren einreisen dürfen. Katharina Hamberger mit den Einzelheiten.
Beitrag "CSU will niemanden ohne Pass über die Grenze lassen"
Ein Bericht von Katharina Hamberger. Und mitgehört hat der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl in München. Guten Tag nach München, Herr Uhl!
Hans-Peter Uhl: Grüß Sie Gott, Herr Zagatta!
Zagatta: Herr Uhl, dieser Vorstoß, Flüchtlinge jetzt nur noch mit Papieren ins Land zu lassen, der stößt ja nicht nur, wie wir gehört haben, bei Pro Asyl auf Bedenken, sondern auch bei Ihrer Schwesterpartei, bei der CDU. Ist dieser Vorstoß tatsächlich ernst gemeint?
Uhl: Ja, was denn sonst? Sie werden ja wohl noch geltendes Recht fordern dürfen. Im Gesetz steht, dass, wer nach Deutschland auf Dauer einreisen will, muss sich ausweisen und muss ein Recht haben, nach Deutschland einreisen und einwandern zu dürfen. Und dazu braucht er Papiere.
"Verhindern von illegalen Grenzübertritten"
Zagatta: Aber illegale Grenzübertritte, so lesen wir das jetzt nach bei Kollegen, die sich da sehr gut auskennen und das heute Morgen gleich recherchiert haben, illegale Grenzübertritte werden meist nicht als Straftat erkannt und bleiben darum auch straffrei, also man duldet das.
Uhl: Es geht nicht um das Bestrafen von illegalen Grenzübertritten, es geht um das Verhindern von illegalen Grenzübertritten.
Zagatta: Aber man lässt es ja im Moment zu, das ist ja Praxis.
Uhl: Das ist derzeitige Praxis, und damit hat Deutschland die Rechtsstaatlichkeit diesbezüglich aufgegeben, und wir fordern, dass Deutschland diesbezüglich wieder zum Rechtsstaat zurückkehrt.
Zagatta: Aber Deutschland hat ja auch die Schengen-Regeln ausgesetzt, und die Bundeskanzlerin hat schon zu erkennen gegeben, vorerst wird daran wohl nichts geändert.
Uhl: Die Schengen-Regeln besagen, dass wir an den nationalen Grenzen keine Kontrollen durchführen unter der Voraussetzung, dass an den EU-Außengrenzen zurückgewiesen wird, wer kein Recht hat, einzuwandern. Jeder weiß, dass dies derzeit nicht der Fall ist, deswegen müssen wir zwei Dinge tun: Entweder, wir sorgen unverzüglich dafür, dass an den Außengrenzen wieder zurückgewiesen wird, was seit Monaten erfolglos versucht wird, auch durch die Bundeskanzlerin, oder wir kehren übergangsweise zurück zur nationalen Kontrolle, so lange, bis die EU-Außengrenzen wirklich wieder sicher sind, so wie der Schengen-Vertrag es befiehlt.
Zagatta: An den Außengrenzen wird sich ja so schnell nichts bewegen. Das ist ja gar nicht so schnell umzusetzen wahrscheinlich. Das heißt, Sie als CSU würden jetzt dafür eintreten, dann überlassen wir das Problem den Österreichern, Slowenen oder sonst wem?
Uhl: Eben nicht. Sondern, wenn Sie recht bekommen, und ich fürchte, sie haben recht, dass an den Außengrenzen die Sicherung nicht so schnell in Kraft treten kann, müssen wir uns gemeinsam entlang der Balkanroute, Deutschland, Österreich, Slowenien und wie diese Länder alle heißen, uns abstimmen, dass national wieder kontrolliert wird, solange, bis an den Außengrenzen wieder Rechtsstaatlichkeit herrscht.
Zagatta: Wo würden diese Menschen dann hängen bleiben, die ohne Ausweispapiere kommen?
Uhl: Sie müssen daran gehindert werden, nach Europa einzuwandern, es sei denn, sie sind wirklich politisch, rassisch oder religiös verfolgt. Dann werden sie selbstverständlich aufgenommen.
Zagatta: Ja, aber dazu braucht es dann ja wieder so ein Verfahren, also irgendwo würden diese Menschen ja hängen, Herr Uhl.
Uhl: Das ist richtig, wir brauchen ein Verfahren. Deswegen gibt es ja auch schon die Verabredung, sogenannte Hotspots an den EU-Außengrenzen, nämlich elf Hotspots einzurichten, da müssten sich aber Griechenland und Italien unverzüglich an die Arbeit machen, was sie erkennbar bis heute nicht getan haben.
Zagatta: Das heißt also de facto, es bleibt alles beim Alten, erst mal.
Uhl: De facto – es bleibt eben nicht beim Alten, sondern, wenn Sie Umfragen lesen, sehen Sie und können Sie feststellen, dass die Deutschen derzeit nur noch ein Thema haben: Dreiviertel der Deutschen sagen, eine Million Flüchtlinge in diesem Jahr, das war zu viel. Und noch einmal eine Million im kommenden Jahr, das können wir nicht hinnehmen. Deswegen muss die Politik das Problem lösen. Es bleibt eben nichts beim Alten.
Zagatta: Wenn Sie heute aber, und das haben wir heute Morgen auch getan, konnte man im Deutschlandfunk nachhören, wenn man jetzt so Jahresrückblicke hört, also Flüchtlingshilfsorganisationen, auch die freiwilligen Helfer, die da großartige Arbeit leisten, Zeitungen, die das bewerten, die sind alle ganz begeistert, dass ein Land wie Deutschland das geschafft hat, da eine Million Flüchtlinge trotz aller Unkenrufe, trotz aller Bedenken großartig unterzubringen.
Uhl: Das ist vollkommen richtig. Nur Deutschland ist in der Lage, eine solche Kraftanstrengung mit verhältnismäßig vernünftigen Abläufen zu organisieren. Dazu muss man sich bedanken bei allen, die da mitgewirkt haben, hauptamtlich, aber vor allem auch ehrenamtlich, aber genau dieses Lob darf doch nicht dazu führen, dass man sagt, und das machen wir jetzt gleich nächstes Jahr noch einmal.
Zagatta: Sie sagen, vernünftig. Ist denn die CDU unvernünftig? Wir haben es in dem Beitrag eben gehört, der stellvertretende CDU-Vorsitzende Laschet hält von den Plänen der CSU überhaupt nichts, der sagt, das könne man nicht machen mit den Papieren, Schutzbedürftigen müsse Schutz gewährt werden, dafür stehe die CDU. Ist da ihre Schwesterpartei, zählen Sie die auch zu den Unvernünftigen?
Uhl: Ich habe aufmerksam zugehört, was Laschet gesagt hat. Er hat gesagt, jeder muss sich an der Grenze, wenn er einwandern will nach Deutschland, ausweisen können, und hat dann aber gesagt, nicht jeder hat eine Dokumentenmappe dabei. Ich weiß nicht, was er damit gemeint hat. Wir reden von einem Pass oder einem Identitätspapier –
Zagatta: Gemeint hat er wahrscheinlich, dass Flüchtlinge, die aus einem Kriegsgebiet fliehen müssen oder über das Meer dann kommen unter Lebensgefahr, dass die unter Umständen dann nicht noch mit Ausweisen oder gültigen Papieren unterwegs sind.
Uhl: Es gibt Fälle, in denen Flüchtlingen dieses abgenommen worden ist. Aber in aller Regel haben sie die Papiere. Es gibt aber vor allem sehr viele Fälle, bei denen die Ausweise bei der Einwanderung, vor dem Grenzübertritt vernichtet werden, um die wahre Identität zu verschleiern. Und da muss sich ein Staat wie Deutschland wehren können.
Zagatta: Und wenn man das prüft, dann ist, soweit ich das jetzt sehe, die deutsche Rechtslage so, zum Beispiel, wenn man die Herkunft eines Ausländers nicht ermitteln kann, dann kann der auch nicht abgeschoben werden. Sehe ich das falsch?
Uhl: Dann kann er zurückgewiesen werden in den sicheren Drittstaat, aus dem er kommt. Das ist in unserem Fall Österreich. Und die Österreicher können dasselbe mit Slowenien machen.
Zagatta: Herr Uhl, das, was die CSU und was Sie jetzt da vertreten, kann das denn politisch umgesetzt werden? Ich frage das deshalb, also Bedenken kommen ja irgendwo schon von Ihrer Schwesterpartei, und der Koalitionspartner SPD - hören wir uns das vielleicht mal ganz kurz an -, der geht da ja voll auf Konfrontationskurs. Da hatten wir gestern Thorsten Schäfer-Gümbel, den Stellvertretenden Vorsitzenden im Interview. Hören wir uns nur ganz kurz an, was der zu den jüngsten Vorstößen in der Flüchtlingspolitik aus der Union sagt:
Thorsten Schäfer-Gümbel: Insbesondere die CSU macht das ja seit Wochen, dass sie das permanent infrage stellt, was auch durch die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung und die Bundeskanzlerin vorgegeben wurde. Jetzt habe ich Wolfgang Schäuble wirklich verstanden, als er am Wochenende davor warnte, in einem Wettbewerb mit den Dumpfbacken der AfD zu gehen.
Zagatta: Herr Uhl, ist das noch ein normaler Ton zwischen Koalitionspartnern, und ist da was dran an dem Vorwurf, dass Sie sich da ziemlich anbiedern vielleicht auch an die AfD?
Uhl: Ich habe nicht ganz verstanden, was Herr Schäfer-Gümbel sagen wollte. Es war im im Prinzip Polemik. Eine Aussage ist mir verborgen geblieben.
Zagatta: Aber die SPD vertritt doch einen völlig anderen Kurs in der Flüchtlingspolitik, sagt, das, was Sie jetzt aus München vorschlagen, ist mit uns nicht zu machen. Ist das politisch dann sinnvoll da überhaupt? Sie kommen doch da nicht auf einen Nenner.
Uhl: Schäuble hat recht, dass die SPD eine zerrissene Partei ist. Schauen Sie: Die SPD-Wähler, die denken genauso in ihrer Mehrheit wie die CSU-Wähler. Die SPD-Wähler sagen, der kleine Mann, der sagt, eine Million ist zu viel, wir können im kommenden Jahr nicht noch einmal eine Million übernehmen. Tut was, Ihr da oben in Berlin. So denkt der SPD-Wähler. Was Herr Schäfer-Gümbel denkt, ist mir wurscht. Und Herr Stegner ist mir erst recht egal.
Zagatta: Aber der kleine Mann oder vielleicht auch - egal, der Wähler denkt ja vielleicht auch, es gibt jede Menge Ankündigungen von der CSU. Die bayerische Polizei, die soll die Grenzen sichern, man wird das Bundesverfassungsgericht anrufen, man braucht Obergrenzen. Und all das passiert nicht, ist mit der CDU, mit Frau Merkel nicht zu machen. Macht sich die CSU da nicht langsam lächerlich?
Uhl: Oh nein. Die CSU wird recht kriegen , und in der Politik muss man lernen, bei seiner Linie zu bleiben. Und wenn es manchmal auch etwas länger dauert, am Schluss wird man recht kriegen. Und bei dieser Frage, eine Million in 2015, nicht noch eine Million in 2016, dieses zu verhindern, das will die CSU, und da wird die CSU recht kriegen in dem kommenden Jahr.
Zagatta: Sagt der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl. Herr Uhl, ganz herzlichen Dank für das Gespräch und guten Rutsch!
Uhl: Danke schön, Ihnen auch! Wiederhören!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.