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Hanya Yanagihara: "Ein wenig Leben"
Ein umwerfender und suspekter Roman

Dieser Roman geht an Grenzen: Auf 957 Seiten erzählt die amerikanische Schriftstellerin Hanya Yanagihara in "Ein wenig Leben" von exzessivem menschlichen Leid. Im Zentrum stehen vier Männer aus dem New Yorker Künstler- und Akademikermilieu. Einer von ihnen, Jude, ist von einem düsteren Geheimnis umgeben, das seine Freunde, aber auch den Leser in Bann hält.

Von Ursula März | 19.02.2017
    "Ein wenig Leben" von Hanya Yanagihara. Im Hintergrund: die Skyline von New York.
    "Ein wenig Leben" von Hanya Yanagihara. Im Hintergund: die Skyline von New York. (Hanser / picture-alliance / dpa)
    1000 Seiten, um genau zu sein: 957. Dies ist der nicht eben bescheidene Umfang eines Romans, der in Amerika bereits heftige Wellen schlug und nun, ein Jahr nach seiner Erstveröffentlichung, den deutschen Buchmarkt erreicht. Dass er auch hierzulande Publikum und Kritik spalten wird, darf man annehmen. Denn "Ein wenig Leben" von Hanya Yanagihara zwingt den Leser zur Teilnahme an einem Exzess der Gefühle. Diesen Roman aus der Hand zu legen, ist so schwierig, wie ihn zu ertragen. Auf virtuose, aber auch manipulatorische Weise berührt seine Suggestionstechnik den dunklen Kern der Geschichte: Überwältigung, Abhängigkeit, seelisch-körperliche Gefangennahme.
    "Er erinnert sich daran, wie viel Angst JB vor Jackson gehabt hat und wie gut er ihn verstehen konnte, wie nachvollziehbar es für ihn gewesen war, dass man sich von einem anderen gefangen nehmen ließ. Dass etwas scheinbar so Einfaches – sich von diesem Menschen zu befreien - sich so schwierig anfühlte. Caleb war für ihn, was einst Bruder Luke für ihn gewesen war: Jemand, in dessen Hände er sich leichtsinnigerweise begeben hatte, jemand, in den er so große Hoffnungen gesetzt hatte. Dem Verhältnis zwischen Caleb und ihm wohnt eine Art schlüssiger Symmetrie inne: Sie sind der Geschädigte und der Schädiger, der rutschende Müllberg und der Schakal, der ihn durchwühlt. Sie sind durch ihren wechselseitigen Abscheu und ihr Unbehagen aneinandergefesselt: Caleb toleriert seinen Körper und er toleriert seinen Ekel."
    Ein Erzählprojekt, das knapp tausend Seiten umfasst, fällt üblicherweise in die Gattung des Gesellschafts- oder des Familienromans. Das eine wie das andere trifft auf dieses Mammutwerk nur sehr bedingt zu. Zwar spielt sich die Handlung zu großen Teilen vor der Großstadtkulisse New Yorks ab, aber das Interesse der Erzählung am Gesellschaftlichen geht über die Bebilderung der Figuren, ihrer zumeist akademischen oder künstlerischen Berufe und ihrer sozialen Herkunft nicht hinaus. Politische Ereignisse bleiben gänzlich unerwähnt, selbst von 9/11 ist mit keinem Wort die Rede, obwohl der Terroranschlag in die über fünf Jahrzehnte gespannte Zeit der Erzählung fallen muss. Vom Familienroman leiht sich "Ein wenig Leben" die schicksalhaft enge Verbindung der vier Hauptfiguren, bei denen es sich allerdings nicht um Blutsverwandte, sondern um vier männliche Freunde handelt, ein symbiotisches Quartett, das Mary McCarthys Roman "Die Clique" aus dem Jahre 1962 variiert.
    "Es war JB, der entschied, dass Willem und Jude eine Silvesterparty geben sollten. Der Beschluss wurde an Weihnachten gefasst, das in drei Teile zerfiel: An Heiligabend trafen sich alle bei JBs Mutter in Fort Greene, das Weihnachtsessen selbst (eine formelle, durchorganisierte Veranstaltung, bei der Anzug und Krawatte erwünscht waren) fand am nächsten Tag bei Malcolms Familie statt und folgte auf ein zwangloses Mittagessen bei JBs Tanten. Diesen rituellen Ablauf hielten sie stets ein – vor vier Jahren hatten sie dem Ablaufplan noch Thanksgiving bei Judes Freunden Harold und Julia in Cambridge hinzugefügt -, doch der Silvesterabend war nie vergeben worden. Nachdem sie den vorjährigen Silvesterabend, den ersten ihres Lebens nach der Uni, an dem sie alle in der Stadt gewesen waren, missmutig an verschiedenen Orten verbracht hatten - JB hing auf einer lahmen Party in Ezras Wohnung fest, Malcolm bei einem Abendessen von Freunden seiner Eltern, Willem war von Findlay zu einer Feiertagsschicht im Ortolan verdonnert worden, Jude lag in der Lispenard Street mit Grippe im Bett -, hatten sie sich vorgenommen, für das kommende Jahr vorauszuplanen. Aber dann hatten sie es immer weiter hinausgeschoben, und nun war der Dezember gekommen, und sie wussten noch immer nicht, was sie machen sollten. Dieses eine Mal hatten sie also nichts dagegen, dass JB für sie mit entschied."
    Gegenwartsroman als Märtyrerlegende
    Der Architekt Malcolm und der Maler JB, beide dunkelhäutig und behüteten Verhältnissen entstammend, der Schauspieler Willem und der Jurist Jude, zwei Weiße und vom Leben unsanfter gebettet – diese charakterlich sehr unterschiedlichen Männer pflegen seit ihrer gemeinsamen College-Zeit einen Freundschaftspakt, der im Sinnzusammenhang des Romans den hellen Gegenpol zum Bösen in seiner finstersten Ausprägung darstellt. Denn die eigentliche Form dieses Gegenwartsromans ist die Märtyrerlegende. In ihrem Zentrum steht, einem biblischen Gleichnis näher als realistischer Wahrscheinlichkeit, die Lebens- und Leidensgeschichte des Findelkindes Jude.
    "Es war Bruder Peter, der ihn in Mathematik unterrichtete und ihn unentwegt an sein glückliches Schicksal erinnerte, der ihm gesagt hatte, dass er in einer Mülltonne gefunden worden war. Bruder Michael behauptete später, so stimme das gar nicht. "Du lagst nicht in der Mülltonne, du lagst neben der Mülltonne."
    Die Klosterbrüder lassen dem Jungen, mutmaßlich in den späten 50er- und frühen 60er-Jahren eine exzellente Bildung angedeihen und sie machen ihn zum Objekt brutaler Züchtigungen und sexuellen Missbrauchs. Es ist die erste von immer qualvolleren, vor dem Auge des Lesers nicht endenden Stationen des Martyriums. Bruder Luke, eine wahre Satansgestalt, flüchtet mit dem Jungen aus dem Kloster, fährt mit ihm jahrelang durch das Land, von Motel zu Motel, wo er Jude an Männer verkauft. Eine Odyssee, die an Humbert Humberts Reise mit der 14jährigen Lolita in Nabokovs gleichnamigen Skandalklassiker erinnert, ihn auf der Grausamkeitsskala aber um ein Vielfaches überbietet.
    "Mal war es nur einer, mal waren es mehrere. Die Männer brachten ihre eigenen Handtücher und ihre eigenen Laken mit, die sie über das Bett spannten, bevor sie anfingen, und wieder abzogen und mitnahmen, wenn sie gingen."
    Die Polizei kommt dem Zuhälter Luke auf die Spur. Der mittlerweile 14-jährige Jude wird in einem Heim untergebracht, auch dort missbraucht und bis zur Besinnungslosigkeit geprügelt. Eines Nachts kann Jude fliehen. An einer Tankstelle liest ihn ein sadistischer Perversling der Sonderklasse auf, der Psychiater Dr. Traylor. Wiederum wird Jude als versklavter Gefangener gehalten, wiederum missbraucht und brutal gezüchtigt. Und spätestens jetzt begreift der Leser, dass auch er in gewisser Weise entführt wird: In eine Dunkelkammer sämtlicher Schrecken, Albträume und Urängste, welche die Kulturgeschichte von Grimms Märchen bis zu Alfred Hitchcock zu bieten hat. In ein Horrorszenario, dessen literarische Radikalität durch die Wirkung dieses Überbietungsprinzips jedoch unversehens in eine Art Grusel- oder Leidenskitsch übergeht. Als Dr. Traylor Jude loswerden will, treibt er ihn auf einem Feld so lange mit dem Auto vor sich her, bis Jude zusammenbricht.
    "Er rannte. Dr. Trayler folgte ihm und manchmal beschleunigte er, und er rannte schneller. Aber er konnte nicht mehr so gut rennen, und er stürzte und stürzte wieder. Immer wenn er stürzte, bremste der Wagen ab, und Dr. Traylor rief – nicht wütend, nicht einmal sehr laut – heraus: "Steh auf. Steh auf und renn; steh auf und renn, oder wir fahren zum Haus zurück", und er zwang sich, aufzustehen und weiterzurennen. Als er zum letzten Mal stürzte, konnte er nicht mehr aufstehen. "Steh auf!" hörte er Dr. Traylor schreien. "Steh auf!" Aber er konnte nicht. Und dann hörte er den Motor wieder anspringen, und er spürte, wie die Scheinwerfer auf ihn zukamen, zwei Feuerströme wie die Augen des Engels, und er drehte den Kopf zur Seite und wartete, und das Auto fuhr auf ihn zu und dann über ihn hinweg, und es war vollbracht."
    Deutliche Anspielung auf das Johannes-Evangelium
    "Consummatum est", es ist vollbracht, so lauteten nach dem Johannes-Evangelium die letzten Worte, die Jesus am Kreuz sprach. Ein deutlicheres Zeichen kann ein Roman kaum verwenden, um seine Hauptfigur in eine metaphorische Jesusgestalt zu verwandeln. Jude - auch der Anfangsbuchstabe seines Namens weist darauf hin – erfüllt die Symbolgestalt eines Stellvertreters der leidenden Menschheit und zugleich ihrer Hoffnung auf Erlösung. Die schiere Textlänge des Romans ergibt sich nicht zuletzt aus Hanya Yanagiharas speziellem Stilprinzip der reihenden Wiederholung von Ereignissen, Namen, Gedanken und Formulierungen; ein sprachlicher Gestus, der passagenweise einen liturgischen Klang erzeugt.
    "Doch was Andy nicht begriff: Er war ein Optimist. Monat für Monat, Woche für Woche entschied er sich dafür, die Augen aufzuschlagen, einen weiteren Tag in der Welt zuzubringen. Er tat es, wenn er sich so schrecklich fühlte, dass die Schmerzen ihn in einen anderen Zustand zu versetzen schienen, einen, in dem alles, selbst die Vergangenheit, die zu vergessen er sich so mühte, zu einem grauen, aquarellartigen Schleier verschwamm. Er tat es, wenn seine Erinnerungen alle anderen Gedanken verdrängten, wenn es eines wirklichen Kraftaktes, wirklicher Konzentration bedurfte, sich an sein gegenwärtiges Leben zu binden, sich davon abzuhalten, vor Verzweiflung und Scham zu toben. Er tat es, wenn er so erschöpft war von der Anstrengung, wach und lebendig zu sein, dass er im Bett liegend nach Gründen suchen musste, um aufzustehen und es aufs Neue zu versuchen, wo es doch so viel einfacher wäre, ins Bad zu gehen, den Verschlussbeutel mit seinen Wattepads, losen Rasierklingen, Desinfektionstüchern und Bandagen unter dem Waschbecken hervorzuholen, wo er ihn mit Klebeband befestigt hatte, und einfach aufzugeben. Das waren die ganz schlimmen Tage."
    Jude wird, gemäß der christologischen Erzählung, wieder auferstehen. Er wird im Alter von 16 Jahren ein zweites Leben beginnen, das College besuchen, Malcolm, JB und Willem kennenlernen, Jura studieren, eine große Anwaltskarriere in New York machen. Er wird in Willem die platonische Männerliebe seines Lebens finden, von seinem akademischen Ziehvater Harold adoptiert werden. Aber er wird für immer ein gezeichneter, schwer versehrter, gehbehinderter und asexueller Mann sein, unter epilepsieartigen Schmerzattacken leiden, seinen Körper hassen und süchtig danach sein, sich mit Rasierklingen in Arme und Beide zu schneiden.
    "Sechs sind es, in sorgfältigen, parallelen horizontalen Streifen, ganz oben an seinem linken Oberschenkel, und er lässt Jude los und weicht vor ihm zurück, als hätte er eine ansteckende Krankheit. "Du ... bist ... verrückt", sagt er tonlos und langsam, als der erste Schock etwas abgeklungen ist. "Du bist verrückt, Jude. Dich ausgerechnet in die Beine zu schneiden. Du weißt, was passieren kann, was sich da entzünden kann. Was zur Hölle denkst du dir dabei?" – "Hör auf, mich reparieren zu wollen, Willem", faucht Jude zurück. "Was bin ich denn für dich? Warum bist du überhaupt mit mir zusammen? Ich bin nicht dein gottverdammtes Wohltätigkeitsprojekt. Ich bin auch ohne dich bestens zurechtgekommen."
    Zeitlose, legendenhafte Parallelrealität
    Dass die Romanerzählung auf der Ebene einer zeitlosen, legendenhaften Parallelrealität situiert ist, zeigt sich nicht zuletzt an zwei auffälligen Lücken: Weder gibt es auf diesen tausend Seiten eine einzige Jahreszahl, noch eine genauere physiognomische Beschreibung der Figuren.
    Willem wird viele Male als begehrenswert attraktiver Mann und Filmschauspieler bezeichnet, aber sein Gesicht bleibt für den Leser so unsichtbar wie das Judes, dessen faszinierende Wirkung sich nur indirekt, aus der Reaktion seiner Freunde, seines Arztes Andy, seiner Adoptiveltern Harold und Julia erschließen lässt. Sie alle sind in der amerikanischen Gegenwartswelt und Gegenwartskultur befestigte Personen, aber zugleich Symbole einer symmetrischen Ideenkonstruktion.
    Zwei Satane, Bruder Luke und Dr. Traylor, machten Judes Jugendleben zur Hölle auf Erden. Zwei Erlöser, Willem und Harold, eröffnen dem Geschundenen in seinem Erwachsenenleben den Himmel der reinen Nächstenliebe. Denn "Ein wenig Leben" ist nicht nur insofern ein Männerroman, als alle sinnstiftenden Positionen, das Böse wie das Gute, von männlichen Figuren ausgefüllt werden. Es ist zugleich eine Apologie der Männerfreundschaft, die zwischen Homosexualität und Heterosexualität nur schwach unterscheidet.
    "Willem, es tut mir leid", sagte Jude, und seine Stimme klang so ruhig, dass Willem einige Sekunden lang dachte, es sei nur ein Traum, und nicht mehr hinhörte, und Jude es noch einmal sagen musste. "Es hat einen Unfall gegeben, Willem, es tut mir leid. Du musst mich zu Andy bringen." Endlich wurde er wach. "Was für einen Unfall?" – "Ich habe mich geschnitten. Es war ein Unfall." Er schwieg kurz. "Bringst du mich?"
    Tatsächlich fallen innige Brüderlichkeit und rauschhafte Verliebtheit im Zusammenleben von Jude und Willem auf eine Weise ineinander, wie man es in der Literatur kaum je gelesen hat. In der glaubhaften Darstellung dieser einzigartigen Beziehung, die im Lauf des Romans immer mehr Raum beansprucht, liegt eine seiner großen Stärken. Hier erbringt Hanya Yanagihara den Beweis einer ästhetischen Wahrheit, die jenseits ihrer realistischen Wahrscheinlichkeit existiert.
    Spannungseffekte sind zum Teil fragwürdig
    Fragwürdig, da so unerbittlich wie unablässig die Spannungseffekte von raunendem Aufschub und verzögernden Cliffhangern nutzend, ist hingegen die Mitteilungsdramaturgie dieses Romans. Die Rückblicke auf Judes Jugendmartyrium als versklavter Stricher oder die Horrorepisode in Dr. Traylors Haus lüftet der Roman erst nach 500 beziehungsweise 700 Seiten. Unzählige Male aber werden sie auf den Seiten zuvor mit vagen Andeutungen umspielt.
    Genau daraus aber ergibt sich die enorme Suggestivkraft. Judes eisernes Verschweigen seiner Vergangenheit hält alles in Bann: seine Freunde wie den Leser.
    "Doch wenn er es irgendjemand erzählt hätte, dann Willem. Er bewunderte alle drei seiner Mitbewohner, aber Willem war derjenige, dem er vertraute. Im Heim hatte er schnell gelernt, dass es drei Typen von Jungen gab: Der erste Typus zettelte einen Kampf an (das war JB). Der zweite beteiligte sich nicht daran, holte aber auch keine Hilfe (das war Malcolm). Und der dritte versuchte tatsächlich, einem zu helfen (dieser Typus war am seltensten, und Willem gehörte ihm an). Vielleicht war es mit Mädchen dasselbe, aber er hatte nicht genügend Zeit mit Mädchen verbracht, um das zu wissen. Und er war sich zunehmend sicher, dass Willem etwas wusste (Was denn?, debattierte er in zurechnungsfähigeren Momenten mich sich selbst. Du suchst doch nur nach einem Grund, ihm alles zu erzählen, und was wird er dann von dir halten? Sei schlau. Sag nichts. Beherrsch dich ein bisschen.) Aber das war natürlich unlogisch. Dass seine Kindheit unlogisch verlaufen war, hatte er auch vor dem College schon gewusst – man musste nur eine Handvoll Bücher lesen, um zu dieser Einsicht zu gelangen -, aber erst in letzter Zeit hatte er zu begreifen begonnen, wie untypisch sie tatsächlich war. Ihre Fremdartigkeit schützte und isolierte ihn gleichermaßen: Es war nahezu unvorstellbar, dass irgendjemand ihre Form und ihren genauen Inhalt erraten könnte, wenn er nicht unübersehbare Hinweise fallen ließe wie Pferdeäpfel: laute, abscheuliche Schreie nach Aufmerksamkeit."
    "Ein wenig Leben", der neueste amerikanische Riesenroman aus dem Land der riesigen Romane, besitzt alle Eigenschaften, die es erlauben, von eindrücklicher, ja wuchtiger Literatur zu sprechen. Er ist eine Herausforderung für jeden Leser. Für den Leser aber, der kritisch und nach haltbaren Maßstäben darüber urteilen soll, ganz besonders.
    Denn bei allen literaturkritischen Einwänden: Zu verschweigen, dass man die knapp 1000 Seiten über ein paar Tage hinweg verschlingt, ja Kapitel um Kapitel geradezu gierig danach ist, zu erfahren, wie es mit JB und Malcolm, vor allem aber mit Willem und Jude weitergeht, wäre nicht ganz redlich.
    Er besitzt den Bann einer der großen zeitgenössischen Filmserien, denen man sich hingibt und über deren Schwächen man dabei gern hinwegsieht. "Ein wenig Leben" ist, im wahrsten Sinn des Wortes, ein umwerfendes Buch. Ein etwas Suspektes allerdings auch.
    Hanya Yanagihara: "Ein wenig Leben"
    Hanser Verlag, Berlin 2017. 956 Seiten

    Auch erhältlich als Hörbuch in einer gekürzten Lesung mit Torben Kessler bei Hörbuch Hamburg.