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Hasselfeldt: Wulff wird Vorwürfe überzeugend aufklären

Sie gehe davon aus, dass Christian Wulff (CDU) weiter im Amt bleibe, sagt Gerda Hasselfeldt, Chefin der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Vor der Klausurtagung der CSU in Wildbad Kreuth bekräftigte sie zudem, dass die Partei voll hinter der Rente mit 67 stehe.

Gerda Hasseldfeldt im Gespräch mit Sandra Schulz | 03.01.2012
    Sandra Schulz: Neue Fragen stehen also im Raum, neue Zweifel an Bundespräsident Christian Wulff. Und darüber wollen wir in den kommenden Minuten sprechen. Am Telefon begrüße ich die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, guten Morgen, Gerda Hasselfeldt!

    Gerda Hasselfeldt: Guten Morgen, Frau Schulz!

    Schulz: Frau Hasselfeldt, vor Weihnachten haben Sie und andere Koalitionspolitiker ein Ende der Debatte gefordert, das gebiete der Respekt vor dem Amt. Passt denn zur Würde des Amtes auch, Zeitungsredakteuren zu drohen?

    Hasselfeldt: Die Pressefreiheit ist ein sehr hohes Gut in unserer Demokratie. Ich bin aber sicher, dass der Bundespräsident die gegen ihn erhobenen Vorwürfe auch überzeugend aufklären kann. Und das kann auch nur er selbst.

    Schulz: Was macht Sie da so sicher, dass er das aufklären kann? Er schweigt seit gestern.

    Hasselfeldt: Ich bin überzeugt davon, dass er nach einigen Tagen der Überlegung auch zu diesem Schluss kommen wird.

    Schulz: Also, Sie rechnen mit einer Erklärung jedenfalls nicht heute, Sie sagen, nach einigen Tagen?

    Hasselfeldt: Ich will ihm da keine Frist setzen, das muss er selbst wissen. Und auch nur er selbst kann zu diesen Vorwürfen Stellung nehmen.

    Schulz: Von welchem Verständnis der Pressefreiheit zeugt denn der Vorfall?

    Hasselfeldt: Ich weiß nicht, was in den Gedanken des Bundespräsidenten vorgeht, das kann nur er selbst aufklären, den Sachverhalt. Und das, denke ich, wird er tun.

    Schulz: Dann versuchen wir es mit der Perspektive von außen: Ist das Verhalten Christian Wulffs vorbildlich gewesen?

    Hasselfeldt: Nun, ich denke, dass jeder Politiker weiß, dass er unter einer besonderen Beobachtung steht, dass er auch Vorbildfunktion hat. Das muss jedem Politiker bewusst sein.

    Schulz: Jetzt haben Sie die Frage aber nicht beantwortet, ob Christian Wulff sich vorbildlich verhalten hat.

    Hasselfeldt: Nun, wissen Sie, Christian Wulff ist der Bundespräsident, wir haben es hier auch mit dem höchsten Amt des Staates zu tun. Und ich möchte mich an einer Diskussion, an einer öffentlichen Diskussion über einen so hohen Amtsträger öffentlich nicht beteiligen.

    Schulz: Aber ich habe eine ganz einfache Frage gestellt, ob das Verhalten vorbildlich war. Sie haben das auch auf Nachfrage nicht bejaht. Verlangt das nicht gerade die Würde des Amtes des Bundespräsidenten, dass diese Frage ohne Relativierungen klar mit einem Ja zu beantworten sein muss?

    Hasselfeldt: Nun, jeder von uns kann sich über die Vorfälle selbst ein Urteil bilden. Ich glaube nicht, dass es dem Amt guttut, wenn viele Politiker sich da intensiv in einer öffentlichen Diskussion mit Bewertungen beteiligen. Es geht hier um Aufklärung, um Information über das Verhalten des Präsidenten, das nur er selbst leisten kann.

    Schulz: Ist Christian Wulff am Ende des Monats noch Bundespräsident?

    Hasselfeldt: Ich gehe davon aus.

    Schulz: Hat Thomas de Maizière das Zeug zum Bundespräsidenten?

    Hasselfeldt: Solche Spekulationen sind derzeit nicht an der Tagesordnung.

    Schulz: Wenn solche Spekulationen nicht an der Tagesordnung sind, wie kommt es eigentlich, dass, ganz anders als in den letzten Tagen des Jahres, es keine Unterstützung oder kaum Unterstützung bisher für Christian Wulff aus den Koalitionsparteien gibt?

    Hasselfeldt: Nun, ich glaube, wir tun gut daran, uns auch den sachlichen Themen, den politischen Inhalten zuzuwenden und alles andere dann dem zu überlassen, der auch nur für die Aufklärung des Sachverhalts in der Lage ist. Und das ist der Bundespräsident.

    Schulz: Der Deutschlandfunk im Gespräch mit der Chefin der CSU-Landesgruppe Gerda Hasselfeldt. Wir hatten uns eigentlich heute Morgen verabredet, um auf Ihre Klausur in Wildbad Kreuth vorauszublicken, die beginnt ja morgen. Es hat zum Jahresbeginn CSU-Chef Horst Seehofer für neue Unruhe gesorgt in der Koalition mit seinen laut geäußerten Zweifeln an der Rente mit 67. Warum können sich die Koalitionspartner nicht auf Horst Seehofer verlassen?

    Hasselfeldt: Horst Seehofer hat recht mit seiner Mahnung, dass die Beschäftigung der älteren Arbeitnehmer ernst genommen werden muss. Die älteren Arbeitnehmer dürfen nicht auf das Abstellgleis gestellt werden, sondern ihre Erfahrungen, ihre Kenntnisse müssten auch in der Wirtschaft genutzt werden. Das ist übrigens immer im Zusammenhang mit der Rente 67 gestanden, schon bei der Verabschiedung des Gesetzes damals hat nicht nur Horst Seehofer, sondern haben wir alle darauf hingewiesen, dass mit der Einführung der Rente mit 67 die Beschäftigung der älteren Arbeitnehmer besser im Auge behalten werden muss. Und genau darauf hat er hingewiesen. Und er hat genau so darauf hingewiesen, dass die Rente mit 67 die richtige Antwort auf die demografische Entwicklung ist.

    Schulz: Aber warum jetzt diese laut geäußerten Zweifel zum Jahreswechsel? Liegt es vielleicht daran, dass die Rente mit 67 so unpopulär ist?

    Hasselfeldt: Nun, es ist gerade jetzt in diesen Tagen die erste Stufe in Kraft getreten. Deshalb liegt es nahe, da noch mal drauf hinzuweisen, dass die Beschäftigung der älteren Arbeitnehmer uns ein wichtiges Anliegen ist. Daneben bleibt die Entscheidung für die Rente mit 67 richtig und notwendig, die Alternativen wären nämlich Beitragssatzerhöhungen oder Rentenkürzung. Und beides ist ja nicht im Sinne der Generationengerechtigkeit. Aber beides gehört zusammen, ich sage noch mal, und da hat er nicht nur jetzt drauf hingewiesen, sondern auch schon früher, und auch wir haben das immer im Zusammenhang gesehen.

    Schulz: Aber die Koalitionspartner haben die Äußerung Seehofers ja ganz anders verstanden. Die FDP warnt davor, dass sich die CSU nicht auf Kosten der FDP als soziales Gewissen profilieren möge, die Arbeitsministerin Von der Leyen hat gestern hier heute Morgen im Deutschlandfunk an dieser Stelle von Generationengerechtigkeit gesprochen. Ist Horst Seehofer da nicht inhaltlich näher an den Parteien, die in der Opposition sitzen, an der SPD und auch an der Linken, die ja auch gegen die Rente mit 67 ist?

    Hasselfeldt: Ich wiederhole noch mal: Wenn Sie das Interview genau gelesen haben von Horst Seehofer, es steht da ganz konkret drin, dass er die Rente mit 67 als die richtige Antwort auf die demografische Entwicklung betrachtet. Das heißt, es ist nicht der Widerspruch vorhanden, der gelegentlich auch in der medialen Darstellung zum Ausdruck gebracht wurde. Beides gehört aber zusammen: die Beschäftigung der älteren Arbeitnehmer und die Rente mit 67.

    Schulz: Also, dann haben wir Horst Seehofer falsch verstanden, eigentlich ist er für die Rente mit 67 und steht auch voll inhaltlich dahinter?

    Hasselfeldt: Das ist auch die Haltung der CSU.

    Schulz: Ende des Jahres hat der designierte FDP-Generalsekretär Döring beklagt, dass das Regieren mit der Union schwierig geworden sei, das liege vor allem an der CSU, eine Sozialdemokratisierung beklagt er. Wenn ich Ihnen zuhöre so insgesamt, dann darf ich daraus schließen, dass die Zusammenarbeit jetzt auch im Jahr 2012 nicht einfacher wird in der Koalition?

    Hasselfeldt: Nun, wir haben in der Sache einige schwierige Themen noch zu bewältigen wie beispielsweise in der inneren Sicherheit, die Problematik der Speicherung von Daten, um Kinderpornografie, um Kriminalität zu verhindern beziehungsweise besser aufklären zu können. Wir haben aber eine ganze Reihe von Themen abgearbeitet und Entscheidungen getroffen, die wirklich wegweisend sind, beispielsweise in der Haushaltspolitik, in der Steuerpolitik, mit der Bekämpfung der kalten Progression. Wir haben das Betreuungsgeld entschieden, wir haben in der Pflegeversicherung eine grundlegende Entscheidung getroffen. Das alles ist in den letzten Monaten in dieser Koalition entschieden worden, ganz zu schweigen von den schwierigen Fragen der gemeinsamen europäischen Währung, die wir gemeinsam auf einen guten Weg gebracht haben und der Kanzlerin dabei auf europäischer Ebene Rückendeckung gegeben haben. Das heißt, die Koalition ist handlungsfähig. Es liegt in der Natur der Sache, dass wir bei manchen Themen auch intensive Diskussionen haben. Aber insgesamt ist eine gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit spürbar.

    Schulz: Wer sagt es der FDP?

    Hasselfeldt: Nun, das war eine Interpretation, die meines Erachtens den Tatsachen nicht gerecht wird. Denn wir sind eine breit angelegte Volkspartei in der Union, wohl die einzige große Volkspartei, und haben keine einseitigen Flügel, die sich nur immer durchsetzen. Wir sind keine Klientelpartei und wir haben auch keine Sozialdemokratisierung. Das ist irgendwo ein Stück weit hergeholt, woher auch immer. Ich sehe das aber dem neuen Generalsekretär nach, er muss sich in seine Rolle noch hineinfügen. Ich bin aber sicher, dass die Zusammenarbeit gut wird.

    Schulz: Die Chefin der CSU-Landesgruppe im Bundestag Gerda Hasselfeldt heute in den Informationen am Morgen. Danke Ihnen!

    Hasselfeldt: Bitte sehr!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.