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Haushaltsüberschuss
Wohin mit den Milliarden?

Der Bund hat den höchsten Überschuss seit Langem erzielt, aber was tun mit den vielen Milliarden Euro? Die Opposition fordert Investitionen und eine neue Steuerpolitik. Haushaltsexperten warnen vor spontanen Ausgaben Und Bundeskanzlerin Merkel stellt klar: Erst mal abwarten, dann im Zweifelsfall investieren.

Von Gerhard Schröder, Hauptstadtstudio | 01.09.2014
    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stellt am 02.07.2014 vor der Bundespressekonferenz in Berlin den Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2015 und für den Finanzplan 2014 bis 2018 vor.
    Wolfgang Schäuble skizziert den Weg zu einem ausgeglichen Haushalt ohne Neuverschuldung. (dpa / Wolfgang Kumm)
    Der Jobmotor läuft weiter auf hohen Touren - und das sorgt für volle öffentliche Kassen. Bund, Ländern, Kommunen und Sozialversicherungen verbuchten im ersten Halbjahr unter dem Strich ein Plus von 16,1 Milliarden Euro, das entspricht 1,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und war nach Angaben des Statistischen Bundesamtes der höchste Überschuss seit der Wiedervereinigung.
    Zwar schrumpfte die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal. Norbert Barthle, der haushaltspolitische Sprecher von CDU und CSU im Bundestag, geht dennoch davon aus, dass die Bundesregierung auch am Jahresende einen Überschuss ausweisen kann: "Ich hoffe es sehr, dass die Entwicklung auch so weiter geht. Wir beobachten bisher, dass die Befürchtungen - ausgelöst durch die Ukraine-Krise und Russland - doch nicht so gravierend sind, wie manche befürchtet haben. Ich gehe wie die Bundesregierung davon aus, dass wir auch am Jahresende noch ein deutliches Plus haben werden."
    Überschuss wird schrumpfen
    Doch der Überschuss in den nächsten Monaten wird schrumpfen im zweiten Halbjahr - selbst wenn die Konjunktur weiter gut läuft. Dafür sorgen schon allein die zusätzlichen Ausgabenprogramme der Bundesregierung, die vor allem die Sozialversicherungen viel Geld kosten werden, sagte Kristina van Deuverden, die Haushaltsexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), dem Deutschlandfunk: "Das ist eine ganz einfache Rechnung. Wir müssen nur an die Rentenversicherung denken: Die ganzen Mehrausgaben durch die Verbesserung des Rentenpakets läuft ab Mitte dieses Jahres. Alleine durch diese Geschichte werden die Ausgaben der Rentenversicherung im zweiten Halbjahr um 4,5 Prozent höher sein, das zehrt vom Überschuss dann schon einiges weg."
    Die Sozialkassen hatten im ersten Halbjahr ein Plus von sieben Milliarden Euro erwirtschaftet, der Bund verbuchte einen Überschuss von vier Milliarden Euro. Die anhaltend gute Lage am Arbeitsmarkt dürfte für steigende Sozialbeiträge und höhere Steuereinnahmen sorgen, sagen die Statistiker. Zudem konnte sich Finanzminister Wolfgang Schäuble über einen Bundesbankgewinn in Höhe von 4,6 Milliarden Euro freuen. Für den CDU-Haushaltspolitiker Norbert Barthle aber kein Grund, vom eingeschlagenen Sparkurs abzuweichen: "Für 2014 haben wir ja immer noch über sechs Milliarden neue Schulden vorgesehen. Also über zusätzliche Ausgabewünsche kann man erst dann reden, wenn wir den ausgeglichenen Haushalt erreicht haben. Das hat Priorität, daran halten wir fest."
    Opposition fordert mehr Geld für Bildung
    Die Opposition sieht das ganz anders. Die Regierung verlasse sich allein auf die gute Konjunktur und tue nichts für die Zukunft, kritisierte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Sven Christian Kindler. Es müsse viel mehr Geld in Bildung, Straßen und Schienennetze und die Energiewende investiert werden, sagte Kindler diesem Sender. Allerdings müsste das gegenfinanziert werden, durch Einsparungen bei der Rüstung, Streichung von Subventionen und Korrekturen in der Steuerpolitik: "Es ist zum Beispiel völlig ungerecht, dass Kapitaleinkommen im Regelfall geringer besteuert werden als Arbeitseinkommen, das heißt die ungerechte Abgeltungsteuer muss abgeschafft werden, damit Kapitaleinkommen wieder progressiv wie Arbeitseinkommen besteuert werden. Damit kann man solide auch den Haushalt konsolidieren. Und so kann man solide auch wichtige Zukunftsinvestitionen im Erhalt von Verkehr, in Bildung und Betreuung und Klimaschutz gegenfinanzieren."
    Insgesamt verbuchte der Staat im ersten Halbjahr Einnahmen in Höhe von 637 Milliarden Euro, das waren 3,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Ausgaben dagegen stiegen nur um 2,5 Prozent, auf 621 Milliarden.