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Heilpflanze des Jahres
Ingwer - heilsam und bekömmlich

Ingwer ist die Heilpflanze des Jahres 2018. Ausgezeichnet wird sie für ihre vielseitigen medizinischen Fähigkeiten. Außerdem hat sie Tradition: Schon griechische Ärzte der Antike, Hildegard von Bingen und die traditionelle asiatische Medizin wussten von der heilsamen Wirkung.

Von Daniela Siebert | 25.01.2018
    Teile einer Ingwerwurzel auf einem Spiegel
    Ingwerwurzel aufgeschnitten (dpa/picture alliance/Wolfram Kastl)
    Hellbraun, fest, knubbelig, verzweigt – so kennen wir ihn, so liegt er bei uns in Supermärkten, Bio-Läden, Asia-Geschäften in den Regalen: Ingwer. Speisen gibt er ein besonderes Aroma. Doch nicht nur das: Ingwer ist auch eine altbekannte Heilpflanze, die sogar von der heutigen Schulmedizin anerkannt wird bestätigt Matthias Melzig, Pharmazie-Professor an der Freien Universität Berlin.
    "Vor allem wissenschaftlich nachgewiesen bei Reisekrankheit, bei Übelkeit und Erbrechen, bei Schwangerschaftserbrechen und Übelkeit kann es eingesetzt werden, verdauungsfördernd und in der traditionellen Anwendung auch bei Entzündungen, bei Erkältungskrankheiten und ähnlichem."
    Ingwer hilft auch gegen Krämpfe, Schmerzen und Niedergeschlagenheit. Einen wissenschaftlichen Beleg, dass Ingwer auch Wehen befördert, gibt es bislang nicht. Manche Schwangere und Hebammen setzen gleichwohl darauf.
    Drei Wirkstoffe für die heilsame Wirkung
    Drei Inhaltsstoffe machen – im Zusammenspiel – die heilsamen Wirkungen des Ingwers aus, erklärt Matthias Melzig am Beispiel der Verdauung.
    "Die pharmakologisch aktiven Substanzen sind die ätherischen Öle auf der einen Seite, die flüchtig und die nicht-flüchtigen scharf-schmeckenden Shogaole und Gingerole. Jede einzelne Substanz hat nicht so einen starken Beitrag wie der Gesamt-Extrakt, und das kommt dann sehr häufig in so einer medizinischen Wirkung zum Tragen: das ätherische Öl regt über die Nervenzellen Geruch und Geschmack die Verdauungstätigkeit an und die Gingerole tun das eben vor Ort durch Wechselwirkung mit der Schleimhaut."
    Schmerzlindernd und verdauuungsfördernd
    Schmerzen lindert Ingwer tatsächlich auch. Nicht weil er dessen Ursache beseitigt, sondern dessen Wahrnehmung: die Gingerole blockieren die Rezeptoren, über die der Körper Schmerzen ans Gehirn meldet.
    Die heilsame Wirkung des Ingwers entfaltet sich über Essen und Trinken. Auch in Pulver- und Tabletten-Form gibt es Ingwer zu kaufen. Für eine medizinische Wirkung sind die Menge und die Zubereitung ausschlaggebend. Bei einer frischen Ingwer-Knolle heißt das:
    "Einzeldosis zwischen vier und sechs Gramm. Am besten klein geschnippelt, entweder direkt ins Essen, oder wenn man Ingwer-Tee machen möchte, dann möglichst in kleinen feinen Scheiben schneiden, mit kochend heißem Wasser überbrühen und dann fünf bis zehn Minuten stehen lassen, Sie können aber auch ein Ingwer-Pulver einnehmen und es gibt eben Fertig-Arzneimittel, sogenannte Phytotherapeutika, die eben ein Extrakt enthalten, der alle wesentlichen Inhaltsstoffe enthält."
    Bei Sodbrennen besser auf Ingwer verzichten
    Selbst niedrig dosiert im Essen hätte Ingwer eine verdauungsfördernde Wirkung versichert Matthias Melzig. Hier kommen allerdings auch mögliche Nebenwirkungen ins Spiel: da Ingwer die Bildung von Magensäure anregt, sollten Menschen mit Sodbrennen lieber darauf verzichten. Auch wer an Gallensteinen oder einer akute Magenentzündung leidet, sollte besser keinen Ingwer essen rät Matthias Melzig. Ingwer-Kapseln, die sich erst im Darm auflösen, kämen aber durchaus in Frage.
    Kann gegen Tumore und Erkältung helfen
    Dass Ingwer sogar virushemmendes und tumorhemmendes Potenzial nachgesagt wird, bewertet der Experte unterschiedlich. Wissenschaftliche Befunde gibt es dazu vor allem aus Untersuchungen an Zellen und an Tieren.
    "Besonders häufig wird Ingwer ja in Südostasien gegessen und dort ist die Inzidenz an Darmtumoren viel geringer als das in Europa oder der westlichen Hemisphäre ist und es gibt genug In-Vitro-Untersuchungen, Untersuchungen am Versuchstier, dass man das mit dem Ingwer in Verbindung bringen kann. Eine antivirale Wirkung wird in der Literatur berichtet, aber nur in In-Vitro-Versuchen, also keine am Menschen."
    Plausibel findet der Pharmazeut in diesem Zusammenhang jedoch, dass Ingwer die Durchblutung anregt. Auch die der Schleimhäute. Dieser Effekt unterstütze die körpereigene Abwehr gegen Erkältungsviren.
    Vorsicht vor Pestiziden
    Falls Sie die Knolle selbst anbauen möchten: die Tropenpflanze mag es warm und feucht. Nach wenigen Monaten lässt sich der unterirdische Pflanzenteil ernten und genießen. Oder eben: medizinisch einsetzen.
    Beim Einkauf empfiehlt sich Bio-Ingwer, da in konventionell angebauten Knollen gelegentlich überhöhte Pestizidbelastungen gemessen wurden. Allerdings komme das auch bei Bio-Ingwer aus China immer wieder vor, warnt die Verbraucherzentrale Bayern.