Freitag, 19. April 2024

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Heinrich Schliemanns Spuren in Athen
Der Entdecker von Troja

Homers Epos vom trojanischen Krieg hat seit Jahrtausenden die Menschen beschäftigt - so auch den Archäologen Heinrich Schliemann, der den Ort des Geschehens gefunden haben soll. Im Akropolismuseum, in der Stadt und auf dem Friedhof: Der Entdecker Trojas hat in Athen viele Spuren hinterlassen.

Von Rocco Thiede | 01.07.2018
    Ehemalige Villa von Heinrich Schliemann
    Die ehemalige Villa von Heinrich Schliemann in Athen lockt viele Touristen an (picture alliance / ASA / Andreas Neumeier)
    "Wir waren im Akropolismuseum und da hat der Heinrich Schliemann eigentlich nichts verloren. Insofern haben die Griechen mit dem Heinrich Schliemann meines Wissens hier nichts zu tun in Athen."
    Behauptet Bernhard Metzler aus Friedrichshafen vom Bodensee. Aber wichtige Ausgrabungsstücke von Heinrich Schliemann befinden sich im Archäologischen Museum. Er hatte sich Mitten im neuen Zentrum der Hauptstadt eine große Villa gebaut und auf dem historischen Friedhof befindet sich Schliemanns Grab.
    "Okay. Wusste ich nicht. Nein."
    Besser informiert sind da Martina Filipovic und ihr Mann Goran aus Hamburg:
    "Weil ich also seit Jugend - Troja fand ich immer total spannend und habe dann gesehen: Hier gibt es eine Schliemann-Villa und wir schauen uns das jetzt an."
    Schliemann-Villa zieht viele Touristen an
    Viele Deutsche besuchen gern die Stadtvilla von Schliemann in Athen, sagt Jolta Papachristo. Das nach Plänen des aus Radebeul stammenden Architekten Ernst Ziller gebaute und von Schliemann "Haus des Priamos" genannte herrschaftliche Haus ist zentral gelegen. In seiner Nähe befindet sich die Nationalbibliothek und Akademie sowie die katholische Kirche. Heute beherbergt Schliemanns Haus - mittlerweile in Staatsbesitz - das "Numismatische Museum" von Athen. Auf Nachfrage erklären einem die jungen und freundlichen Aufsichtskräfte die einstige Zimmeraufteilung. Vom ursprünglichen Mobiliar ist fast nichts mehr erhalten.
    "Sein Sommerbüro und Schlafzimmer, die Kinderzimmer, die Bibliothek, die Küche", erklärt die schwarz gekleidete Aufsicht in gebrochenen Englisch. Alle Zimmer haben hohe Decken. Die Wände sind bunt ausgemalt mit antiken Mustern und Vögeln.
    Swastika als Glückssymbol
    Auf den Fußböden sieht man häufig - ebenso wie draußen am Zaun - den antiken Glücksbringer "Swastika". Als heraldisches Zeichen wurde es im 20. Jahrhundert erst durch die völkische Bewegung und dann durch die Nationalsozialisten als Hakenkreuz missbraucht. Zabella Gallanu erklärt die ursprüngliche Bedeutung:
    "Die Swastika ist ein Symbol der Sonne und des Glücks", erklärt Zabella. Schliemann hätte es überall im Haus angebracht, weil es einerseits gute Energie brächte und er es anderseits in Mykene und Troja auch häufiger bei seinen Ausgrabungen auf Tonscherben fand.
    "Zu seinem Haus möchte ich noch sagen: Er wusste schon, was schön ist, und konnte sich schon auch was leisten", meint Ute Wagner aus Stuttgart und ihre Freundin Christa Peleikis ergänzt: "Steht schon sehr hübsch zwischen den anderen Wohnblöcken da. Den Namen Schliemann hat man mal gehört. Mykene hat man mal gehört. Seine Ausgrabungen. Aber wenn man jetzt hier steht, habe ich immer so das Bedürfnis - eigentlich, wenn ich zu Hause bin, muss ich mich doch etwas genauer mit befassen, um das zu vertiefen, so ganz genau detailliert weiß man dann doch nicht Bescheid."
    "Ich war in Mykene und ich fand das ganz toll und als ich das hier auf dem Modell gesehen hab, war ich richtig stolz, dass ich das gesehen hatte. Man ist auch beeindruckt von den goldenen Masken und den Sachen, die er da gefunden hat", sagt Frau Wagner im Archäologischen Museum Athens vor den Schaukästen mit Schliemanns Goldfunden.
    Der Entdecker von Troja
    Zu seinem Sohn Heinrich soll Vater Schliemann einst gesagt haben: "Erst reich werden, dann Troja ausgraben!" Offensichtlich hat er sich daran gehalten, denn Mitte des 19. Jahrhunderts war Heinrich Schliemann einer der vermögendsten Kaufleute Europas, sprach 15 Sprachen und konnte sich so in seinen letzten zwanzig Lebensjahren dem Reisen, der Archäologie und Ausgrabungen sowie dem Bücherschreiben widmen. Frau Peleikis steht staunend vor den Schätzen:
    "Es ist schon beeindruckend, wie differenziert diese Masken gearbeitet sind, wie prunkvoll - großartig, auch die Diademe und die Gürtel und der Schmuck."

    "Er ist natürlich der Entdecker von Troja. Ich war so ein Jugendfanatiker für diese ganze Klassik. Im Pubertätsalter - da kannte man dann auch Schliemann. Ich finde diese ganzen klassischen Sagen, das ist schon was Tolles. Ich habe ihn immer bewundert."
    Schwärmt Martina Filipovic. Und Brigitte Wecht aus Baden-Württemberg kann sich an eine Schliemann-Ausstellung in Berlin erinnern:

    "Da hatten die einen extra Saal und da haben sie dieses Beutegut ausgestellt. Er hat das illegal vorbeigebracht und seiner Frau, die hat sich ja damit gebrüstet und sich fotografieren lassen. Das gab ja einen riesen Skandal damals."
    Ausstellung im Schliemann-Museum in Ankershagen
    Ausstellung im Schliemann-Museum in Ankershagen (dpa / Bernd Lasdin)
    Vor 150 Jahren 1868 schrieb Schliemann: "Endlich konnte ich den Traum meines ganzen Lebens verwirklichen und mit Muße den Schauplatz der Begebenheiten, welche mir ein so großes Interesse eingeflößt hatten, und das Vaterland der Helden besuchen, deren Abenteuer meine Kindheit entzückt und getröstet haben. Ich reiste also im verflossenen Sommer ab und besuchte nacheinander die Gegenden, in welchen noch so lebendige poetische Erinnerungen an das Altertum vorhanden sind."
    Athen - beeindruckende Stadt, freundliche Menschen
    Athen ist eine Reise wert und auch Ute Wagner, Christa Peleikis und Brigitte Wecht - die alle drei zum ersten Mal in Athen sind - geraten ins Schwärmen:
    "Wir sind begeistert. Wir haben es uns nicht so schön vorgestellt. Wir hatten alle den Eindruck, das wird ein Koloss von Stadt sein. Ohne Grün. Mit Smog. Wir sind wirklich beeindruckt, wie authentisch und wie viel Geschichte auf Schritt und Tritt und doch auch wie viel Grün man sieht. Was für eine schöne lebendige Stadt es ist."
    Von einer antideutschen Stimmung, wie man es zum Höhepunkt der griechischen Finanzkrise via Medien vernahm, ist weit und breit nichts zu spüren, wie die Damen bestätigen:
    "Also die Griechen sind uns gegenüber sehr aufgeschlossen."
    "Und sehr, sehr freundlich und auch einen auf Englisch ansprechen, wenn sie merken, man ist der griechischen Sprache nicht mächtig - sehr, sehr angenehm."
    Na dann, Bundesbürger: Reist nach Athen! Christa Peleikis:
    "Unbedingt! Es war nicht das erste Reiseziel auf meiner Wunschliste. Aber ich muss sagen, das war falsch. Ich bin schwer beeindruckt. Ich finde Athen ist auf jeden Fall eine Reise wert! Ist ganz toll."
    Und Brigitte Wecht hat noch einen besonderen Tipp parat:
    "Ich bin so geplättet hier, vor allem vom Akropolismuseen - das finde ich eines der schönsten Museen auf der Welt, die ich je gesehen hab, und es ist museumsdidaktisch dermaßen traumhaft gemacht. Auch architektonisch. Das einzubinden in die Nähe von der Akropolis - dann diese aktiven Ausgrabungen, die man noch selber sehen kann, man nimmt teil daran, das finde ich so faszinierend, ganz wunderbar aufgearbeitet die Fundstücke, absoluter Traum! Und dann guckt man runter durch den Glasboden durch und sieht dann die Leute schaufeln. Faszinierend. Und sehr, sehr günstig. Wir waren erstaunt: Wir haben fünf Euro Eintritt bezahlt."
    Bestattung Schliemanns im Mausoleum
    Heiligabend auf der Rückreise von Deutschland nach Athen besucht Heinrich Schliemann noch Pompeji. Doch bereits am zweiten Weihnachtsfeiertag stirbt er in Neapel an den Folgen einer Ohrenoperation. Am 4. Januar wird er auf dem Athener Zentralfriedhof im Beisein des griechischen Königs, der Athener Gesellschaft und des diplomatischen Corps beigesetzt. 1892 erfolgt die Umbettung des Leichnams in ein im Stil eines antiken Heroentempels errichtetes Mausoleum. Die Finanzierung des vom Architekten Hans Ziller erbauten Mausoleums, der ja bereits Schliemanns Stadtvilla errichtete, hatte Schliemann noch testamentarisch geregelt. Von seiner letzten Ruhestätte hoch über den Gräbern der Athener Erzbischöfe hat der Besucher einen schönen Blick auf die Akropolis.
    Grabmal von Heinrich Schliemann
    Grabmal von Heinrich Schliemann (picture alliance / ASA / Andreas Neumeier)
    War Martina Filipovic schon auf dem Friedhof beim Schliemann-Mausoleum?
    "Gott, den Personenkult brauche ich dann auch wieder nicht. Aber sehr interessant, einfach mal zu sehen, wie so ein Deutscher doch mit so ein paar Scherben, die er gefunden hat, wirklich super reich geworden ist. Wahnsinn."
    "Mein Traum war, seitdem ich in der Schule war: Rom: Colosseum, musste mal sehen und hier die Akropolis - und das ist mir gelungen! Ich bin ganz glücklich! Und dann noch Schliemann im Vorbeigehen."