
Der Mönch Hepidannus aus Sankt Gallen vermerkte in seiner Chronik: "Im Süden war ein neuer Stern ungewöhnlicher Helligkeit erschienen. Drei Monate lang stand er mit den anderen Zeichen am Himmel, dehnte sich mal aus und schrumpfte wieder." Die Supernova stand nur fünf Grad über dem Südhorizont, das entspricht weniger als einer Faustbreite bei ausgestrecktem Arm. So tief am Himmel wird die Luftunruhe für heftiges Flimmern gesorgt haben, was der Mönch wohl als Ausdehnen und Schrumpfen wahrgenommen hat.
Heutige Sternkarten zeigen, dass die Position der Supernova für Sankt Gallen nur ein Grad über den Südhorizont liegt – und damit eigentlich nicht zu sehen gewesen sein kann. Das ist kein Fehler. Die Beobachter in der Schweiz verdanken die Sichtbarkeit des Himmelsschauspiels der Präzession, der langsam eiernden Bewegung der Erdachse. Sie sorgte dafür, dass der Wolf vor tausend Jahren von Sankt Gallen aus viel besser zu sehen war als heute.

Seit der Explosion im Wolf waren nur drei weitere Supernovae in unserer Galaxis mit bloßem Auge zu sehen – die letzte im Jahr 1604. Seitdem warten die Astronomen sehnsüchtig auf die nächste Supernova in der Milchstraße. Sie ist garantiert schon explodiert – aber das Licht ist noch unterwegs. Vielleicht erreicht es uns heute Abend, vielleicht auch erst in einigen hundert Jahren.