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"Help yourself!" - Ideen und Wissen auf Augenhöhe

Für viele Lehrkräfte bleibt keine Zeit für den Austausch im Lehrerzimmer. Ein häufig eingesetztes Instrument dafür ist die kollegiale Fallberatung. Lehrkräfte treffen sich zu konkreten Fällen, um sich dann auf Augenhöhe mit Wissen und Ideen gegenseitig weiterzuhelfen.

Von Katrin Sanders | 10.08.2011
    "Da ist ein Kind bei mir in der Klasse, der stört regelmäßig, reagiert nicht auf das was ich ihm sage, stört die anderen, da ist das Problem, wie setze ich mich dadurch und kommen mit dem Kind klar, ohne dass dadurch meine Autorität untergraben wird."

    Die kollegiale Runde lässt sich den Fall schildern und probt zunächst den Perspektivenwechsel. Denn das Kind, das stört, gerät vor lauter Ärger leicht aus dem Blick, obwohl es so viel Aufmerksamkeit erfordert.

    "Wir haben aus der Perspektive des Kindes überlegt, warum reagiert er gerade in der Situation so auffällig und die Gründe: Langeweile, teilweise Einsamkeit, auch Lust auf Abwechselung. Wir haben uns auch versucht in die anderen Schüler reinzuversetzen, wie die denken: Ach jetzt kann ich mich nicht konzentrieren, das ist wie kleine Pause und ich sprech mit dem Nachbarn, oder auch, was der Klassenlehrer in dem Moment denkt: Ich schmeiß sie mal ins kalte Wasser, damit zurechtkommen muss sie sowieso irgendwann."

    Aus den neu gewonnenen Sichtweisen ergeben sich im vorgegebenen Verlauf der kollegialen Beratung die möglichen Lösungen. Ein paar Beispiele für diesen Fall:

    "Einerseits ganz klare Regeln aufstellen, nach denen man handelt. Und ganz klar: Ich möchte das nicht, also diese "Wenn/Dann/Botschaften" zu bringen. Hilfe von außen holen, im Sinne einer Supervision, dass man beobachtet wird, wie man sein Verhalten ändern kann, um konsequenter aufzutreten, souveräner um einem Stören eben vorzubeugen. Auch den positiven Aspekt zu sehen, also quasi ein Einzelgespräch mit dem Kind suchen. Und mit dem Kind Möglichkeiten zu erarbeiten, wie kann man dir helfen, dein Verhalten zu ändern, wie kann man es dir leichter machen, dein Verhalten zu ändern und in dem Sinne mit dem Kind einen Vertrag zu schließen: Wenn du es schaffst, eine halbe Stunde gut mitzuarbeiten, wirst du danach belohnt mit fünf Minuten ein Spiel machen, oder etwas, was dir gut gefällt."

    Auch die Gemeinschaft der Klasse wird vom Kollegenkreis als Verbündete gesehen. Die anderen Kinder haben möglicherweise eigene Vorschläge, wie man dem Mitschüler helfen kann, sich einzugliedern. Denn - auch das ist ein Tipp aus der Runde: Nicht vergessen: In diesem konkreten Fall entstehe das Beziehungsgefüge ja erst: Es geht um die erste Klasse. So erweitert die Kollegiale Beratungsrunde mit ihrer Ideensammlung die Spielräume für den nächsten Konfliktfall und schafft nach und nach Abstand zum Geschehen. Und so entscheidet sich am Ende die angehende Lehrerin für das Gespräch mit dem Kind als ersten Schritt:

    "Wo man dem Kind zeigt: Ich mag dich trotzdem und wie können wir unsere Beziehung auch stärken: Du akzeptierst mich, ich akzeptiere dich, da sind noch mal ganz neue Sichtweisen aufgekommen oder Lösungsmöglichkeiten, die ich vorher überhaupt nicht gesehen habe. "

    Die kollegiale Fallberatung entlastet, schafft neue Perspektiven und bildet berufsbegleitend, immer dann, wenn man es dringend benötigt: Es gibt Bücher und Anleitungen im Internet, wie kollegiale Beratung funktioniert und Schritt für Schritt gelingt. Eine Fortbildung braucht man dazu nicht!

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