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Herbsttagung des Europäischen Hochschulverbandes

Im hessischen Gießen hat gestern die Herbsttagung des Europäischen Hochschulverbandes EUA begonnen. Rund 300 Repräsentanten von Hochschulen aus 41 Ländern diskutieren dabei bis einschließlich morgen zum Thema Internationalisierung der Hochschulen und zwar über Europa hinaus. Zielsetzung ist dabei die Kooperationen zwischen den Hochschulen zu stärken.

Von Klaus Pradella |
    Seit mehreren Jahrzehnten bereits hat die Justus-Liebig-Universität in Gießen Partnerschaften zu Hochschulen in etlichen Ländern der Erde. Die Ege-Universität im türkischen Izmir gehört ebenso dazu wie die University im amerikanischen Wisconsin oder die Universität Kazan in der russischen Republik Tatarstan. Der internationale Wettbewerb unter den Hochschulen um Wissenschaftler und Studenten macht es für den Gießener Uni-Präsidenten Professor Stefan Hormuth notwendig, dass diese Kooperationen mit neuem Leben gefüllt werden und ausgeweitet werden.

    "Ganz besonders wichtig ist, wenn es Abmachungen zwischen Hochschulen gibt, bei denen integrierte Auslandssemester oder Doppelabschlüsse vereinbart werden, das heißt, dass jemand an beiden Hochschulen studiert etwa in Gießen und in Südafrika und einen Abschluss beider Universitäten bekommt. Das ist ein Beispiel dafür, wie man Studierenden internationale Erfahrungen vermitteln kann."

    Der Erfahrungsaustausch über solche Doppelabschlüsse und andere Kooperationsmöglichkeiten stehen im Mittelpunkt der dreitägigen Herbsttagung des Europäischen Hochschulverbandes. Der Bolognaprozess, bei dem vor zehn Jahren ein Abkommen zur Vereinheitlichung des europäischen Hochschulwesens geschlossen wurde, hat dafür die Voraussetzungen geschaffen, sagt Lesley Wilson, die Generalsekretärin des Verbandes.

    "Nach zehn Jahren Bolognareform die Unis haben gelernt miteinander zu arbeiten in Europa und jetzt ist auch ein großes Interesse im Ausland für den Aufbau von Partnerschaften und wir sind hier dabei auf alle diese Themen einzugehen, die bei einer solchen Internationalisierung wichtig sind. Also, was heißt Mobilität, wie kann man das organisieren, welche Strategien sollen Hochschulen entwickeln."

    Dabei allerdings müssten immer die individuellen Bedingungen einer Hochschule berücksichtigt werden. Welche Fachbereiche, welche Schwerpunkte eine Hochschule hat, wie groß sie ist und welche Planungen bestehen. Professor Margret Wintermantel, die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz nennt ein Beispiel:

    "Meine Heimatuniversität das ist die Uni des Saarlandes, da liegt es nahe, dass man zu Frankreich sehr enge Kooperationen pflegt. Aber es gibt auch Kooperationen etwa gerade mit Kanada, mit den USA natürlich, das heißt, es muss passen zu dem Profil der Hochschule."

    Und dann sei vieles vorstellbar, sagt EUA-Generalsekretärin Lesley Wilson

    "Man könnte entscheiden, wenn es vier Hochschulen sind, dass alle Studenten eines Jahrganges oder Faches eine gewisse Zeit an jeder Hochschule verbringen. Oder die könnten entscheiden die kommen alle zusammen und mache eine Sommerschule zusammen. Oder die könnten entscheiden, dass auch die Hochschullehrer auch sich bewegen und mobil sind. Das hängt von den Zielen ab. Und das Allerwichtigste dass alle Hochschulen sich einig sind was wollen wir erreichen."

    Doch die Mobilität vieler Studierenden ist heute eingeschränkter denn je. Die zunehmende Verschulung durch die Bachelor- und Masterstudiengänge erlaubt es kaum noch, ein Auslandssemester einzulegen, ohne dadurch wertvolle Zeit zu verlieren. Gießens Unipräsident Stefan Hormuth sieht daher besonders hier einen Handlungsbedarf.

    "In der Vergangenheit die Diplomstudiengänge haben viele Freiheiten erlaubt. Und da war es meist eine individuelle Entscheidung, wenn ich international wo studieren wollte. Das ist heute nicht mehr möglich. Das heißt, wir müssen in den Studiengängen Strukturen anlegen, um die internationale Mobilität zu fördern. Das heißt Auslandsemester einbauen, die Teil des Studiengangs sind, internationale Praktika als Teil des Studienganges, Doppelabschlüsse und vieles andere."

    Doch für die Studierendenvertretung reicht dies alleine nicht aus, um die Mobilität zu erhöhen. In einer Protestaktion wies der Gießener Studentensprecher Younes Quirou heute darauf hin:

    "Dass die Mobilität nicht für alle Studierende in Europa gewährleistet ist. Sprich, dass Studierende aus Drittstaaten dürfen, sich in anderen Ländern nicht länger als drei Monate aufhalten, das muss geändert werden, da muss die EUA Druck auf die Europäische Kommission ausüben, um diese Regelung abzuschaffen."

    Kritik gab es zudem an einer zunehmenden Ökonomisierung der Hochschulen. Doch die will HRK-Präsidentin Wintermantel nicht nachvollziehen:

    "Die Kritik finde ich eigentlich unberechtigt. Ich sehe auch keinen Beleg dafür, dass eine besondere Ökonomisierung stattfindet. Sondern es geht wirklich darum, unsere Studierenden für einen globalisierten Arbeitsmarkt und für eine sehr von einem internationalen Wettbewerb getriebene Situation vorzubereiten. Wir wollen sie ja nicht hier einsperren."