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Herrmann setzt auf einvernehmliche Vergabe des CSU-Vorsitzes

Nach Ansicht von CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann sollte eine Kampfabstimmung über den CSU-Parteivorsitz vermieden werden. In der derzeitigen Konkurrenz zwischen Erwin Huber und Horst Seehofer sei es wichtig, "dass wir vor allen Dingen um Gottes Willen nicht anfangen, irgendwie schlecht übereinander zu reden und irgendwelche Defizite des einen oder anderen anzusprechen".

Moderation: Elke Durak |
    Elke Durak: Das war schon ein turbulentes Wochenende für die bayerische CSU nach mehr als einer turbulenten Woche. Der Machtkampf zwischen den beiden Kontrahenten um den künftigen Parteivorsitz, Erwin Huber und Horst Seehofer, ist aber noch nicht beendet. Heute nun wird der Parteivorstand beraten. Ministerpräsident Stoiber indes glaubt nicht, dass heute schon eine Entscheidung fällt. So wird er jedenfalls zitiert.

    Am Telefon ist Joachim Herrmann, Fraktionsvorsitzender der CSU im Landtag. Schönen guten Morgen, Herr Herrmann!

    Joachim Herrmann: Guten Morgen!

    Durak: Herr Herrmann, es geht doch im Grunde nur um ein einfaches Ja oder Nein zu Erwin Huber oder zu Horst Seehofer. Was macht die Entscheidung so schwierig?

    Herrmann: Das ist kein Machtkampf und keine Krise, sondern zunächst einmal eine ganz normale Situation in einer demokratischen Partei, dass es für eine Position, in diesem Fall die Spitzenposition, mehrere Bewerber gibt. Grundsätzlich hat das dann der Partei mit unseren rund 1200 Delegierten zu entscheiden. Ich denke, es gibt viele in der Partei, die sich freuen würden, wenn es zu einer einvernehmlichen Regelung kommt und letztendlich eine solche alternative Wahl nicht notwendig wäre. Insofern ist es richtig, dass vor allen Dingen Edmund Stoiber sich im Moment ja noch bemüht, auf eine solche einvernehmliche Regelung hinzuwirken. Aber man muss das sehen. Es werden weitere Gespräche stattfinden, und es ist klar, der Parteivorstand kann gegebenenfalls ohnehin nur eine Empfehlung aussprechen. Die Wahl haben die Delegierten.

    Durak: Das heißt, die CSU muss bis zum Parteitag warten, bis eine Entscheidung gefällt ist, wenn Herr Seehofer zum Beispiel bei seinem Wunsch bleibt, kandidieren zu wollen?

    Herrmann: Ja, das ist ganz normal. Wenn beide darauf bestehen, ich trete an am Parteitag, dann ist das logischerweise so. Niemand kann den 1200 Delegierten die Entscheidung vorwegnehmen, und dann muss eben dort abgestimmt werden. Aber wie gesagt, es finden ja weitere Gespräche statt. Insofern, denke ich, kann man weiter darauf hoffen, dass die beiden, Erwin Huber und Horst Seehofer, die nun beide auch unheimlich wichtig sind für unsere Partei, vielleicht doch einen Weg finden, wie sie vor allen Dingen in dieser nicht ganz einfachen Phase für die Partei ihre Zusammenarbeit auch für die Zukunft ganz klar dokumentieren.

    Durak: Herr Herrmann, Sie kennen ja beide, Herrn Huber und Herrn Seehofer, wahrscheinlich sehr, sehr viel besser als sehr viele unserer Hörer. Können Sie es uns erklären? Sie haben sich für Erwin Huber ausgesprochen. Weshalb für ihn?

    Herrmann: Ich will jetzt nicht irgendeinen Wahlkampf anheizen. Ich habe nur auf eine Frage von Journalisten in den letzten Tagen, als es um die Meinung in der CSU-Landtagsfraktion ging, gesagt, dass für Erwin Huber dort, wo er sozusagen seit vielen, vielen Jahren politisch unmittelbar tätig ist, dass es dort eine Stimmung gibt, dass das niemand überraschen wird. Ich will jetzt nicht durch persönliche Äußerungen meinerseits da irgendeinen Wahlkampf anheizen. Ich denke, es ist vor allen Dingen wichtig, dass wir nach außen jetzt zusammenstehen, dass wir deutlich machen, dass wir jeden brauchen, der jetzt hier mitwirken, mithelfen soll, dass wir überhaupt niemanden ausgrenzen und dass wir vor allen Dingen um Gottes Willen nicht anfangen, irgendwie schlecht übereinander zu reden und irgendwelche Defizite des einen oder anderen anzusprechen. Ich glaube, wir müssen jetzt alles dafür tun, dass die CSU aus diesen etwas schwierigen Turbulenzen der letzten Wochen herauskommt. Ich glaube, dazu sind alle bereit. Das gilt für die Mitglieder der CSU-Landesgruppe im Bundestag, das gilt für die CSU-Landtagsfraktion, das gilt für unsere ganze großartige Parteibasis. Und nun wollen wir mal sehen, wie wir mit dieser Frage noch umgehen können. Aber es gibt auch überhaupt keinen Grund, dieses zu dramatisieren.

    Durak: Herr Herrmann, wenn ich Sie richtig verstanden habe, Sie persönlich wollen sich jetzt öffentlich zumindest nicht festlegen?

    Herrmann: Ja! Dass wir hier in Kreuth entsprechend geredet haben miteinander und dass es hier einen eindeutigen Trend in diese Richtung gibt, mit Günther Beckstein als bayerischem Ministerpräsidenten und dem daraus eben auch resultierenden Vorschlag, Erwin Huber soll Parteivorsitzender werden, das liegt auf der Hand. Aber ich denke, lassen Sie uns gemeinsam in Ruhe darüber reden, und dann werden wir weitersehen.

    Durak: Was ist eigentlich mit dem Generationenwechsel in CSU-Führung und Kabinett?

    Herrmann: Ich denke, da werden dann sowohl der neue Ministerpräsident wie der neue Parteivorsitzende sich natürlich damit beschäftigen. Natürlich werden wir dann überlegen, wie wir auch in der nächsten Zeit jüngere Leute entsprechend mit nach vorne bringen. Aber was die Top-Spitze anbetrifft, so ist einfach ganz klar, dass im Moment mit Günther Beckstein eindeutig die Lösung, denke ich, gefunden wurde, die im Moment innerhalb der Partei die breiteste Akzeptanz findet und ganz klar auch aufgrund seiner hohen Popularitätswerte auch die sicherste Gewähr bietet, dass wir in der breiten bayerischen Bevölkerung wieder große Zustimmung finden. Und die aktuellen Werte deuten ja auch darauf hin, dass wir mit Sicherheit gute Chancen haben, wenn wir jetzt zusammenstehen, auch bei der nächsten Landtagswahl wieder die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger für uns zu gewinnen.

    Durak: Das heißt ,Sie können warten und setzen darauf, dass Herr Beckstein gesagt hat, er versteht sich als Übergangsministerpräsident, so er denn gewählt würde oder eingesetzt würde?

    Herrmann: Also es geht mit Sicherheit in dieser Situation überhaupt nicht um meine Ambitionen oder um die persönlichen Ambitionen anderer, sondern es kann allein darum gehen, weiter eine gute Politik für Bayern zu machen und das Vertrauen der Mehrheit der Menschen in Bayern zu gewinnen. Das allein kann unser Ziel sein, und dem haben sich alle anderen Interessen unterzuordnen. Das habe ich in anderer Hinsicht in Kreuth gesagt, und das gilt aber für jeden anderen in unserer Partei auch.

    Durak: Herr Herrmann, wenn nun der Parteitag entscheidet und sich für Herrn Seehofer entscheiden würde, wo bleibt dann Herr Huber? Verdrängt er Herrn Beckstein?

    Herrmann: Ich halte überhaupt nichts davon, solche Spekulationen jetzt anzustellen, was wäre wenn wie. Wir wollen jetzt mal in Ruhe miteinander reden, und ich bin nach wie vor zuversichtlich, dass wir vernünftige Lösungen finden werden.

    Durak: Eins verstehe ich auch noch nicht ganz, Herr Herrmann. Sie haben es vorhin auch gesagt, Sie möchten nicht über Machtkampf sprechen. Viele scheuen dieses Wort. Weshalb eigentlich? Das wäre doch eine faire Auseinandersetzung: der Bessere setzt sich durch. Ist das nicht vernünftig?

    Herrmann: Es ist so, dass diese Worte einfach falsche Assoziationen wecken. Von Kampf kann ja zum Beispiel im Moment jedenfalls noch gar nicht die Rede sein. Es ist jetzt gerade die Entwicklung von drei Tagen. Und es haben lediglich am Donnerstag zwei Persönlichkeiten wie Erwin Huber und Horst Seehofer angekündigt, dass sie willens sind, sich um diese Position zu bewerben. Wo ist da ein Kampf? Lediglich stehen jetzt mal zwei Ankündigungen im Raum. Ich denke, und das ist ja auch eine Erfahrung aus dieser Klausurtagung in Kreuth, es wird hier, Sie nehmen mir das bitte persönlich nicht übel , von den Medien auch ständig das in einer Art und Weise dramatisiert und überspitzt, die der realen Diskussionsbasis auch bei uns in der Christlich-Sozialen Union überhaupt nicht entspricht. Da erlaube ich mir dann schon, ab und zu das ganze zu versuchen, wieder ein, zwei Stufen runterzuhängen.

    Durak Dankeschön, Joachim Herrmann war das, Vorsitzender der CSU-Landtagsfraktion. Auf Wiederhören Herr Herrmann.

    Herrmann: Auf Wiederhören, einen schönen Tag.

    Durak: Dankeschön, Ihnen auch.