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Hessen
Für Schwarz-Grün wird es ernst

Nach dem Okay der Parteigremien von CDU und Grünen soll am Montag der schwarz-grüne Koalitionsvertrag unterzeichnet werden. Nun also müssen tatsächlich diejenigen zusammenarbeiten, die sich bislang auf den Barrikaden gegenüberstanden.

22.12.2013
    Die CDU-Funktionsträger in Fraktion, Landes- und Kreisverbänden ließen sich eventuelle Bauchschmerzen nicht anmerken. Mit hundertprozentiger Zustimmung auf dem Kleinen Parteitag demonstrierten sie noch mal die alten Kampfverbands-Qualitäten der Hessen-CDU. Ein Ergebnis, in dem sich auch Anerkennung für Parteichef Volker Bouffier und seine Vermittlerfähigkeiten widerspiegelt. Das Zweckbündnis sichert Bouffier die Wiederwahl am 18. Januar. In der neuartigen Allianz erkennt der Ministerpräsident Chancen und Risiken:
    "Wir sind uns der Chancen bewusst, die wollen wir ergreifen und die Risiken vermeiden. Fünf Jahre ist eine lange Zeit, und vieles von dem, was sicherlich auf uns zukommt, kann man nicht in einen Koalitionsvertrag aufnehmen, weil man’s gar nicht weiß."
    Angst habe er nicht vor dem unvorhersehbaren Anteil der neuen Koalition, aber Respekt, bekundet der bisherige Grünen-Chef Tarek Al-Wazir. Zu Dreivierteln stimmte die Grüne Mitgliederversammlung mit über Tausend Teilnehmern dem historischen Bündnis mit dem Erzfeind zu. So viel Ja - bei dieser diskussionsfreudigen Partei eine kleine Sensation.
    Al-Wazir wird, was sein Nachname verspricht
    Al-Wazir atmet auf. Nach anderthalb Jahrzehnten in der Opposition wird der Offenbacher Politologe nun, was sein arabischer Nachname verspricht: der Minister, für Wirtschaft und Verkehr nämlich – als solcher auch zuständig für den umstrittenen Ausbau des Frankfurter Flughafens. Den will er bremsen und mit einem neuen Vorstoß zu mehr Fluglärmschutz begleiten. Mögen manche die Grünen vor einer langen Zerreißprobe wähnen – Al-Wazir sieht die Partei hinter sich beim Kurs auf Schwarz-Grün:
    "So eine große Landesmitgliederversammlung hat es noch nie gegeben, wenn es um einen Koalitionsvertrag in den letzten zwanzig Jahren ging. Das zeigt auch, dass die Debattenfreude bei den Grünen ungebrochen ist, dass Beteiligungskultur bei den Grünen groß ist, im wahrsten Sinne des Wortes, und das Ergebnis – in geheimer Abstimmung übrigens – dass diese Koalition von der großen Mehrheit der Partei auch getragen wird."
    Das Umweltministerium fällt an die grüne Bundestagsabgeordnete Priska Hinz, sie will das Ressort auch nutzen, um Energie- und Agrarwende anzustoßen. Nun also müssen in Hessen diejenigen zusammenarbeiten, die sich bislang auf den Barrikaden gegenüberstanden – morgen wollen sie den Koalitionsvertrag unterzeichnen. „Grüne Konturlosigkeit“ besiegelt, höhnt die hessische SPD, und die Linke konstatiert: "Politikwechsel abgesagt".