Heinlein: Die Fußballfans zählen die Minuten. Heute Mittag um 13:30 Uhr, die Stunde der Wahrheit für die Völler-Elf. Gegner ist Afrika-Meister Kamerun, und dort sitzt ein Trainer auf der Bank, der den deutschen Fußball gut kennt: Winfried Schäfer, der ehemalige Karlsruher Bundesligacoach. Deutsche Trainer afrikanischer Nationalmannschaften, das ist kein Novum, und einer der ersten, der sich auf dem Kontinent vorwagte ist Peter Schnittger, seit 1968 Trainer in Afrika, unter anderem Nationalcoach von Kamerun und dem Senegal. Mit ihm habe ich vor dieser Sendung gesprochen und ihn zunächst gefragt, für wen er heute Mittag die Daumen drückt.
Schnittger: Das ist gar nicht so einfach, denn ich bin mit verbunden mit Kamerun, mit Afrika und natürlich auch mit Deutschland. Ich denke, das Deutsche kommt doch noch ein bisschen mehr durch.
Heinlein: Blicken wir auf den Gegner, auf Kamerun. Bisher ein Unentschieden, ein 1:1 gegen Irland und ein Zittersieg gegen die Saudis. Muss denn Rudi Völler Angst haben, von den Löwen gefressen zu werden?
Schnittger: Er braucht nicht Angst zu haben, aber trotzdem sollte er sie nicht unterbewerten. Die Kameruner haben einen gewissen Stolz, und sie sind jetzt doch ein bisschen angegriffen, weil die Ergebnisse nicht so ausgefallen sind, wie man sich das insgeheim erhofft hat. Und deshalb glaube ich, dass sie gegen Deutschland doch sehr viele Kräfte mobilisieren werden, um ein achtbares Ergebnis zu erzielen.
Heinlein: Was sind denn die besonderen Qualitäten dieser Truppe von Winfried Schäfer?
Schnittger: An und für sich sind sie sehr willenstark. Sie wissen, was sie wollen. Es ist eine sehr ausgeglichene Mannschaft, die über die Jahre hinweg organisch gewachsen ist, die doch sehr viel Erfolg im afrikanischen und internationalen Fußball verzeichnet hat. Sie haben mit Mboma und Eto'o zwei gute Stürmer, und im Mittelfeld haben sie den Foe, auch ein routinierter Spieler, und in der Abwehr Kalla und Rigobert Song. Also es ist eine Mannschaft, die wirklich eine Überraschung kreieren kann.
Heinlein: Ist denn Deutschland ein Gegner, der Kamerun mit seiner Spielweise besonders liegt?
Schnittger: Die Deutschen haben sich immer schwer getan gegen die sogenannten schwächeren Nationen, und ich weiß nicht, ob das in der deutschen Mannschaft noch in den Köpfen spukt, jedenfalls sollte man frühzeitig da versuchen, das Spiel zu bestimmen und die Kameruner nicht ins Spiel kommen zu lassen.
Heinlein: Und wie ist es für Kamerun? Hat Kamerun noch Respekt vor Deutschland, immerhin der dreimalige Weltmeister?
Schnittger: Das glaube ich nicht. Im Gegenteil. Es ist für sie eine zusätzliche Motivation, um zu zeigen, dass sie genau so gut sind. Insgeheim spricht man immer darüber, dass Kamerun die erste Mannschaft in Afrika werden könnte, die mal Weltmeister wird. Aber das ist sicher ein bisschen zu hochgegriffen; der Zeitpunkt ist zu früh. Das wird nicht in den nächsten Jahren sein. Aber Kamerun ist doch eine Mannschaft, die eine gewisse Gefahr aufbringen kann.
Heinlein: Sie sagen, in Kamerun hat die Nationalmannschaft sowohl für die Spieler als auch für die Zuschauer eine besondere Qualität, einen besonderen Stellenwert. Was passiert denn, wenn die Löwen heute gegen Deutschland verlieren und die Mannschaft dann nach Hause fahren muss?
Schnittger: Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es irgendwelche Ausschreitungen geben würde. Für sie ist es wahrscheinlich auch nur ein Spiel. Man wird enttäuscht sein. Man wird den Trainer wechseln.
Heinlein: Also Winfried Schäfer muss sich einen Job dann suchen?
Schnittger: Das ist klar. Wenn er es nicht schafft, ins Achtelfinale zu kommen, dann kann er sich sicherlich einen neuen Job suchen.
Heinlein: Blicken wir insgesamt auf das Abschneiden der afrikanischen Mannschaften bei dieser Fußballweltmeisterschaft. Nigeria, durchaus ein Geheimfavorit, ist bereits ausgeschieden. Tunesien wahrscheinlich auch. Dagegen Südafrika, Kamerun und der Senegal durchaus noch mit Chancen auf die nächste Runde. Wie bewerten Sie das Abschneiden der bisherigen fünf Afrika-Vertreter in Japan?
Schnittger: Vielleicht hat man ein bisschen mehr von Nigeria erwartet. Tunesien war auch schon im Vorfeld nicht so beeindruckend. Man hat auch nicht geglaubt, dass Senegal sich so weit nach vorne kämpfen kann, und ich bin der Überzeugung, dass sie das Achtelfinale durchaus erreichen können. Und jetzt ist abzuwarten. Wenn Kamerun ein Unentschieden gegen Deutschland spielt und die Iren gegen Saudi-Arabien ein schlechtes Ergebnis erzielen, ist Kamerun im Achtelfinale. Alles ist noch offen.
Heinlein: Sie sagen es, Senegal bisher die Überraschungsmannschaft aus afrikanischer Sicht, ein Sieg unter anderem gegen den Weltmeister Frankreich, das Achtelfinale ist möglich. Was ist denn noch drin für den Senegal oder eine andere afrikanische Mannschaft bei dieser Fußballweltmeisterschaft?
Schnittger: Es kommt auf den Gegner im Achtelfinale an. So vermessen sind sie ja nicht. Ich meine, von den elf Spielern, die gegen Frankreich gespielt haben, sind neun noch aus meiner alten Mannschaft. Wenn sie ins Achtelfinale kommen und dann ausscheiden müssten, wäre das schon ein riesiger Erfolg.
Heinlein: Woran mangelt es denn den afrikanischen Mannschaften, unter anderem den Senegal, um ganz vorne, an der Weltspitze mitspielen zu können?
Schnittger: Da fehlt die Konfrontation mit Europa, mit Südamerika. Dann haben sie eben Schwierigkeiten, die Spieler ins Land zu bekommen, so dass jede Vorbereitung für ein Spiel etwa über drei Tage läuft, und da hat man nicht die Möglichkeit, den Zusammenhang der Mannschaft zu erarbeiten.
Heinlein: Glauben Sie, dass es in den nächsten Jahren gelingen wird, diese Lücke zwischen internationaler Klasse und Weltspitze für die afrikanischen Mannschaften zu schließen, wenn man diese Fehler abstellt, die Sie gerade beschrieben haben?
Schnittger: Ich glaube schon. Schauen Sie, die besten Afrikaner gehen alle nach Europa. Und wenn sie es schaffen, sich dort durchzusetzen, in den großen Clubs zu spielen, und dann Erfahrung gesammelt haben, dann können sie schon eine große Überraschung liefern. Das kann man jetzt nicht in Zeit ausdrücken. Jedenfalls stellt Afrika immer eine potentielle Gefahr dar.
Heinlein: Ihr persönlicher Tipp für heute, für das Match Kamerun - Deutschland?
Schnittger: Mit einem Unentschieden für die deutsche Mannschaft wäre ich zufrieden. Dann würden sie weiterkommen.
Heinlein: Vielen Dank für das Gespräch.
Link: Interview als RealAudio
Schnittger: Das ist gar nicht so einfach, denn ich bin mit verbunden mit Kamerun, mit Afrika und natürlich auch mit Deutschland. Ich denke, das Deutsche kommt doch noch ein bisschen mehr durch.
Heinlein: Blicken wir auf den Gegner, auf Kamerun. Bisher ein Unentschieden, ein 1:1 gegen Irland und ein Zittersieg gegen die Saudis. Muss denn Rudi Völler Angst haben, von den Löwen gefressen zu werden?
Schnittger: Er braucht nicht Angst zu haben, aber trotzdem sollte er sie nicht unterbewerten. Die Kameruner haben einen gewissen Stolz, und sie sind jetzt doch ein bisschen angegriffen, weil die Ergebnisse nicht so ausgefallen sind, wie man sich das insgeheim erhofft hat. Und deshalb glaube ich, dass sie gegen Deutschland doch sehr viele Kräfte mobilisieren werden, um ein achtbares Ergebnis zu erzielen.
Heinlein: Was sind denn die besonderen Qualitäten dieser Truppe von Winfried Schäfer?
Schnittger: An und für sich sind sie sehr willenstark. Sie wissen, was sie wollen. Es ist eine sehr ausgeglichene Mannschaft, die über die Jahre hinweg organisch gewachsen ist, die doch sehr viel Erfolg im afrikanischen und internationalen Fußball verzeichnet hat. Sie haben mit Mboma und Eto'o zwei gute Stürmer, und im Mittelfeld haben sie den Foe, auch ein routinierter Spieler, und in der Abwehr Kalla und Rigobert Song. Also es ist eine Mannschaft, die wirklich eine Überraschung kreieren kann.
Heinlein: Ist denn Deutschland ein Gegner, der Kamerun mit seiner Spielweise besonders liegt?
Schnittger: Die Deutschen haben sich immer schwer getan gegen die sogenannten schwächeren Nationen, und ich weiß nicht, ob das in der deutschen Mannschaft noch in den Köpfen spukt, jedenfalls sollte man frühzeitig da versuchen, das Spiel zu bestimmen und die Kameruner nicht ins Spiel kommen zu lassen.
Heinlein: Und wie ist es für Kamerun? Hat Kamerun noch Respekt vor Deutschland, immerhin der dreimalige Weltmeister?
Schnittger: Das glaube ich nicht. Im Gegenteil. Es ist für sie eine zusätzliche Motivation, um zu zeigen, dass sie genau so gut sind. Insgeheim spricht man immer darüber, dass Kamerun die erste Mannschaft in Afrika werden könnte, die mal Weltmeister wird. Aber das ist sicher ein bisschen zu hochgegriffen; der Zeitpunkt ist zu früh. Das wird nicht in den nächsten Jahren sein. Aber Kamerun ist doch eine Mannschaft, die eine gewisse Gefahr aufbringen kann.
Heinlein: Sie sagen, in Kamerun hat die Nationalmannschaft sowohl für die Spieler als auch für die Zuschauer eine besondere Qualität, einen besonderen Stellenwert. Was passiert denn, wenn die Löwen heute gegen Deutschland verlieren und die Mannschaft dann nach Hause fahren muss?
Schnittger: Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es irgendwelche Ausschreitungen geben würde. Für sie ist es wahrscheinlich auch nur ein Spiel. Man wird enttäuscht sein. Man wird den Trainer wechseln.
Heinlein: Also Winfried Schäfer muss sich einen Job dann suchen?
Schnittger: Das ist klar. Wenn er es nicht schafft, ins Achtelfinale zu kommen, dann kann er sich sicherlich einen neuen Job suchen.
Heinlein: Blicken wir insgesamt auf das Abschneiden der afrikanischen Mannschaften bei dieser Fußballweltmeisterschaft. Nigeria, durchaus ein Geheimfavorit, ist bereits ausgeschieden. Tunesien wahrscheinlich auch. Dagegen Südafrika, Kamerun und der Senegal durchaus noch mit Chancen auf die nächste Runde. Wie bewerten Sie das Abschneiden der bisherigen fünf Afrika-Vertreter in Japan?
Schnittger: Vielleicht hat man ein bisschen mehr von Nigeria erwartet. Tunesien war auch schon im Vorfeld nicht so beeindruckend. Man hat auch nicht geglaubt, dass Senegal sich so weit nach vorne kämpfen kann, und ich bin der Überzeugung, dass sie das Achtelfinale durchaus erreichen können. Und jetzt ist abzuwarten. Wenn Kamerun ein Unentschieden gegen Deutschland spielt und die Iren gegen Saudi-Arabien ein schlechtes Ergebnis erzielen, ist Kamerun im Achtelfinale. Alles ist noch offen.
Heinlein: Sie sagen es, Senegal bisher die Überraschungsmannschaft aus afrikanischer Sicht, ein Sieg unter anderem gegen den Weltmeister Frankreich, das Achtelfinale ist möglich. Was ist denn noch drin für den Senegal oder eine andere afrikanische Mannschaft bei dieser Fußballweltmeisterschaft?
Schnittger: Es kommt auf den Gegner im Achtelfinale an. So vermessen sind sie ja nicht. Ich meine, von den elf Spielern, die gegen Frankreich gespielt haben, sind neun noch aus meiner alten Mannschaft. Wenn sie ins Achtelfinale kommen und dann ausscheiden müssten, wäre das schon ein riesiger Erfolg.
Heinlein: Woran mangelt es denn den afrikanischen Mannschaften, unter anderem den Senegal, um ganz vorne, an der Weltspitze mitspielen zu können?
Schnittger: Da fehlt die Konfrontation mit Europa, mit Südamerika. Dann haben sie eben Schwierigkeiten, die Spieler ins Land zu bekommen, so dass jede Vorbereitung für ein Spiel etwa über drei Tage läuft, und da hat man nicht die Möglichkeit, den Zusammenhang der Mannschaft zu erarbeiten.
Heinlein: Glauben Sie, dass es in den nächsten Jahren gelingen wird, diese Lücke zwischen internationaler Klasse und Weltspitze für die afrikanischen Mannschaften zu schließen, wenn man diese Fehler abstellt, die Sie gerade beschrieben haben?
Schnittger: Ich glaube schon. Schauen Sie, die besten Afrikaner gehen alle nach Europa. Und wenn sie es schaffen, sich dort durchzusetzen, in den großen Clubs zu spielen, und dann Erfahrung gesammelt haben, dann können sie schon eine große Überraschung liefern. Das kann man jetzt nicht in Zeit ausdrücken. Jedenfalls stellt Afrika immer eine potentielle Gefahr dar.
Heinlein: Ihr persönlicher Tipp für heute, für das Match Kamerun - Deutschland?
Schnittger: Mit einem Unentschieden für die deutsche Mannschaft wäre ich zufrieden. Dann würden sie weiterkommen.
Heinlein: Vielen Dank für das Gespräch.
Link: Interview als RealAudio