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Hier kommt die Maut

Der Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe am vergangenen Mittwoch in Berlin:

Von Helmut Frei | 19.12.2004
    Ich komme heute mit einer guten Nachricht: Wir sind jetzt ein Stück weiter nach zehn Wochen der Generalprobe, das alles unter Volllast und zwei weiteren Wochen der sorgfältigen Auswertung und Überprüfung ist heute früh die vorläufige Betriebserlaubnis erteilt worden für die Maut.

    Keine zwei Wochen mehr bis zum geplanten Start der deutschen LKW-Maut am 1. Januar 2005. Ein schwerer Brummi fährt in die Halle einer MAN-Werkstatt bei Stuttgart. Dort soll ein Mautgerät eingebaut werden, eine so genannte On-Board-Unit, kurz Obu. Die Installation dauert knapp vier Stunden. Kostenpunkt bei MAN: 260 Euro, ein Festpreis.

    Wer jetzt für seinen Laster noch keinen Termin mit der Werkstatt vereinbart hat, muss sich ab dem Jahreswechsel entweder übers Internet einbuchen oder an einem der autobahnnahen Automaten. In den ersten Wochen nach dem Tag X - dem 1. Januar - sollen rund 5000 Maut-Berater behilflich sein. Sie schwärmen aus und postieren sich an neuralgischen Punkten wie Grenzübergängen und großen Parkplätzen, um mit mobilen Geräten Brummi-Kapitänen ohne Obus den Schritt ins deutsche Mautzeitalter zu erleichtern.

    Bei Toll Collect herrscht Zuversicht, dass es klappt. Das Betreiber-Konsortium der Lkw-Maut listet regelmäßig auf, wie viele mautpflichtige LKW aus dem In- und Ausland mit Obu-Einheiten ausgerüstet sind. Hinter Toll Collect stehen die Firmen DaimlerChrysler Services, also letztlich DaimlerChrysler, die Deutsche Telekom und - als kleiner Partner - der französische Autobahnbetreiber Cofiroute.

    Anfang Dezember war die Hälfte der 500.000 mautpflichtigen Laster aus dem In- und Ausland, die bei Toll Collect registriert sind, mit Obus ausgestattet. Der Einbau der Mautgeräte empfiehlt sich vor allem für LKW, die regelmäßig auf deutschen Autobahnen unterwegs sind. Die anderen müssen sich von Fall zu Fall einbuchen, wenn sie gerade eine Autobahn befahren. Von den 300.000 inländischen Brummis, die bei Toll Collect als mautpflichtig gespeichert sind, haben bis jetzt keine 200.000 ihr Obu-Kästchen. Weitere 65.000 Mautgeräte sind bestellt, um noch montiert zu werden. Auf die Werkstätten kommt also viel Arbeit zu in den nächsten Wochen. Doch Klaus Schmid von der MAN-Niederlassung bei Stuttgart bleibt gelassen:

    Es war, denk ich einmal, Skepsis da vom Kunden, ja. Jeder hat gewartet: Es läuft ja sowieso nicht. Und deswegen hat auch jeder gewartet. Aber so wie es im Moment ausschaut, gibt es mit Sicherheit keine Probleme.

    Ein großes Getränkelager der Stuttgarter Firma DSL. "D" steht für Dinkelacker und "S" für Schwabenbräu, zwei Biermarken unterm Dach einer Stuttgarter Großbrauerei. Sie setzt 36 schwere Lastzüge ein, in denen On-Board-Units installiert sind, erklärt Wolf-Rüdiger Bischoff, der Chef von DSL:

    Wir haben vor, in den letzten zwei Wochen dieses Jahres die Fahrer detailliert zu schulen, zu sagen, wie sie sich zu verhalten haben, was sie zu tun haben, auch im Hinblick auf die Kontrolle, was die Abrechnung betrifft. Da sind ja noch sehr große Unwägbarkeiten da.

    Auch Wolfgang Heuchele von der schwäbischen Spedition Wackler bleibt etwas misstrauisch:

    Das bedeutet, wir bekommen da eine relativ große Abrechnung, die dann schlussendlich zu kontrollieren, weil man doch die Befürchtung hat, dass das doch nicht so ordentlich abgerechnet wird, wie es eigentlich gehört, ja. Wir werden da auch relativ viel Manpower installieren müssen, um das ganze einfach zu verfolgen.

    Vielleicht sind diese Befürchtungen übertrieben, verständlich sind sie. Erst vor wenigen Monaten liefen große Speditionen wie Schenker gegen Vorauszahlungen Sturm, die Toll Collect für mautpflichtige LKW kassieren wollte. Jetzt sollen die Fuhrleute Toll Collect eine Einzugsermächtigung erteilen. Aber viele sträuben sich gegen diese Art von Blankovollmacht, zumal Toll Collect nicht gerade als Inbegriff der Zuverlässigkeit gilt. Denn bislang war die Geschichte der deutschen LKW-Maut kein Ruhmesblatt für die Konzerne DaimlerChrysler und Deutsche Telekom, denen Toll Collect zu 90 Prozent gehört. Genauso wenig für die Bundesregierung.

    Eine kleine Chronologie: Im August 2001 beschließt das Bundeskabinett die Einführung einer LKW-Maut. Im Juni 2002 bekommt Toll Collect den Zuschlag, im September desselben Jahres unterzeichnet der damalige Bundesverkehrsminister Klaus Bodewig den Mautvertrag mit Toll Collect. Starttermin für die Maut soll der 31. August 2003 sein. Im Juli 2003 wird er auf den 2. November verschoben. Der Grund: technische Probleme. Oktober 2003: Verschiebung auf unbestimmte Zeit. Die Führungsspitze von Toll Collect wird ausgewechselt, der Bundesverkehrsminister muss gehen. Das Amt übernimmt Manfred Stolpe. Der setzt Toll Collect im Dezember 2003 mehrere Ultimaten, die immer wieder verstreichen.

    Es folgen mühselige Verhandlungen zwischen dem Bundesverkehrsministerium und Toll Collect. Sie scheitern im Februar 2004. Dem Bund gehen mehrere Milliarden Euro verloren. Sie fehlen bei Verkehrsinvestitionen. Nicht nur Straßenbauprojekte werden abgeblasen, auch die Deutsche Bahn muss ihre Pläne zusammenstreichen. Bereits im März raufen sich die Kontrahenten wieder zusammen und nehmen einen neuen Anlauf zur Maut. DaimlerChrysler und die Deutsche Telekom versuchen Zeit zu schinden und dem Bund eine abgespeckte technische Variante anzudrehen.

    Trotzig, als sei nichts geschehen, stellt Ralf Nagel, Staatsekretär im Bundesverkehrsministerium, Mitte Oktober fest:

    Die Maut kommt. Sie startet am 1. Januar. Die schwarzen Kisten funktionieren und wer nicht einbaut, muss buchen. Das heißt, es liegt im Interesse des Speditionsgewerbes die vorhandenen Möglichkeiten jetzt in eigenem unternehmerischen Interesse zu nutzen.

    Die Politik ist also schnell zur Tagesordnung übergegangen. Anfang Dezember feiert Bundeskanzler Gerhard Schröder mit Bossen von DaimlerChrysler die Gründung einer neuen Mercedes-Fabrik in China. Vergessen, wie er noch Mitte Februar seinem Ärger über die drohende Maut-Pleite Luft machte.

    Das ist nicht gescheitert an der Politik, das muss man mal sehr deutlich sagen, sondern gescheitert an den technologischen Schwierigkeiten, die die Unternehmen zu verantworten haben, die das Konsortium zu verantworten hat. Und erst recht können wir nicht akzeptieren, dass vor dem Hintergrund der nicht erfüllten Verpflichtungen, die das Konsortium übernommen hat, nun eine so einseitige Lastenverteilung vom Konsortium vorgeschlagen worden ist. Das ist kein Umgang.

    Industriepoltisch gesehen offenbart das Maut-Desaster eine gefährliche deutsche Krankheit: Es erinnert fatal an altbekannte Schwierigkeiten der deutschen Bahnindustrie und ihr Fiasko mit der Neigetechnik für Züge. Sie wollte das Rad neu erfinden. Doch im Alltag funktionierte die vermeintliche Supertechnik nicht. Zum Zug kommt deshalb nach wie vor die bewährte Neigetechnik aus Italien, die deutschen Super-Neigezüge stehen auf dem Abstellgleis.

    Heute hofft Toll Collect, die Technologie der satelliten- und mobilfunkgestützten Mauterhebung bald in andere Länder zu verkaufen. Ob sie wirklich störungsfrei funktioniert, muss sich im Alltag erst noch erweisen.

    Unterdessen ist das österreichische Mautsystem schon seit einem Jahr in Betrieb. Zuständig dafür ist die Gesellschaft "Asfinag". Die Österreicher entschieden sich für die bewährte Mikrowellentechnik; nun will die Slowakei das österreichische System einführen. Mit Tschechien, Ungarn, einigen Balkanstaaten und sogar mit Russland ist Asfinag im Gespräch. Und auch zwischen der Betreibergesellschaft der italienischen Autobahnen und der österreichischen Mautgesellschaft bahnt sich eine Kooperation großen Stils an.

    Und: Die Maut-Geräte in österreichischen Fahrzeugen können auch in der Schweiz genutzt werden - und umgekehrt. Die Einnahmen der österreichischen LKW-Maut liegen somit höher als erwartet. Wo bleibt da noch der Platz für Toll Collect?

    Tatsächlich tut sich in der europäischen Szene der Straßenbenutzungsgebühren ein neues Politikfeld auf, das man bislang vor allem mit den europäischen Staatsbahnen in Verbindung brachte: die Harmonisierung technischer Standards. Handlungsbedarf sieht Gerhard Zeitler von der Dekra, einem Großunternehmen der technischen Überwachung, vor allem bei Fahrzeugen und Industrieanlagen:

    Alle Systeme, die bislang eingeführt sind, sind Inselsysteme. Die Systeme sind auf ihr Land beschränkt. Und längerfristig müssen entweder alle auf ein System wechseln, aber das wird ökonomisch nicht so leicht sein. Vermutlich ist es leichter, elektronisch es möglich zu machen, dass man von einem System ins andere und damit - ohne dass es der Fahrer merkt - von einem Land ins andere fahren kann. Das wird am Anfang natürlich überhaupt nicht einfach gehen. Es gibt ja auch Länder dazwischen, die haben wieder gar nichts. Und deswegen wird es Hilfssysteme geben, die helfen, diese Mautsysteme erst mal richtig einzuführen.

    Die Vergleiche mit anderen Ländern sind für Wolfgang Heuchele von der württembergischen Spedition Wackler derzeit nicht so interessant. Er ist gespannt, ob es nun endlich mit der LKW-Maut im eigenen Land klappt. Normalerweise arbeitet Wolfgang Heuchele im Büro, aber gelegentlich steigt er ins Führerhaus eines LKW. Auf der Konsole zwischen Fahrer und Scheibe, etwas rechts vom Lenkrad, ein kleines Gerät mit Leuchtanzeige. Etwa so große wie ein DIN-A-4-Blatt. Das Gerät wird aktiviert, wenn der Fahrer seinen Brummi startet.

    Da kommt jetzt die Achszahl, wie viel Achsen im Moment. Und das ist also das einzige, was man an sich eingeben muss. Und da oben, das ist die Kontrollleuchte und die sagt: Okay, es ist funktionsbereit. Der Rest, des wird eigentlich von dem Gerät gemacht. Also ich brauche eigentlich nur die Achszahl verändern.

    Die Zahl der Achsen hängt unter anderem davon ab, ob ein LKW einen Anhänger mitführt oder nicht. Weitere Kriterien für die Berechnung der Maut sind das zulässige Gesamtgewicht des LKW sowie dessen Schadstoffklasse. Je weniger Schadstoffe aus dem Auspuff strömen, desto preisgünstiger wird die Maut. Schadstoffklasse, Fahrgestellnummer und Kennzeichen gehören zu den Daten, die der Besitzer eines mautpflichtigen Lasters an Toll Collect melden muss, um ein Obu-Gerät zu bekommen. Eigentlich sollte es im elektronischen Zeitalter der Bordcomputer und Satellitennavigation wohl möglich sein, einfach eine neue Chipkarte in die On-Board-Unit zu stecken, wenn der LKW den Besitzer wechselt - denkt man. Dem ist jedoch nicht so.

    Das ist ja auch das Problem: Diese Geräte werden personalisiert, also sprich auf dieses Fahrzeug bezogen gemacht. Wir haben Autos in der Zwischenzeit ausgestattet, die wir jetzt im Dezember noch verkaufen, dann kann ich diese tollen Teile wieder ausbauen und die sind eigentlich gar nie gelaufen. Das ist das Widersinnige an dem ganzen System.

    Später Nachmittag im Bierdepot einer Stuttgarter Brauerei. Laster fahren vor, warten auf Ladung. Nicht nur die großen brauereieigenen Brummis. Auch etwas kleinere der Händler aus der Region, die ihre Bierfässer und Bierkisten lieber selber abholen, um so Kosten zu sparen. Der LKW eines Getränkehändlers aus der Heilbronner Gegend ist bereits mit einem Mautapparat ausgerüstet. Keine Klagen, sagt der Fahrer. Was ihn denn die Maut kosten werde für die Autobahnstrecke zwischen seiner Getränkehandlung und dem Logistikzentrum der Brauerei und all die anderen Abschnitte Autobahn auf dem Weg von und zu seinen Kunden? Rund 3000 Euro pro Jahr können da schon zusammenkommen, rechnet der LKW-Fahrer.

    3000 Euro - eine ganz nette Summe für einen LKW, der nicht gerade Riesentouren auf der Autobahn zurücklegt. Die Verbandsvertreter der Spediteure und der Unternehmen des Straßengüterverkehrs kämpfen seit Monaten dafür, dass die Mehrkosten durch die Maut einfach an die Kunden weitergereicht werden. In der Konsequenz müsste unser Getränkehändler ein paar Cents auf den Bierpreis draufschlagen. Bei einem ausgewachsenen 40-Tonner, der im Jahr an die 120.000 Kilometer auf deutschen Autobahnen zurücklegt und den höchsten Mautwert von 12,4 Cents pro Kilometer zu berappen hat, schlägt die Maut jährlich mit etwa 15.000 Euro zu Buche. Ob diese Mehrkosten immer der verladenden Wirtschaft und letztlich dem Endverbraucher angelastet werden können, bleibt fraglich. Der Hauptverband des deutschen Einzelhandels jedenfalls hat einmal durchgerechnet, dass die Verbraucherpreise im deutschen Einzelhandel wegen der Maut um ein bis zwei Prozent angehoben werden müssten. Doch zweifeln die Spezialisten des Verbandes selber daran, angesichts des scharfen Preiswettbewerbs.

    Die Firma Gerolsteiner etwa möchte trotz Maut die Kosten für ihre Produkte stabil halten. . Auch Gerolsteiner Mineralwasser, das bundesweit vertrieben wird, muss sich vermehrt gegen die Konkurrenz regionaler Brunnen wehren. Sie vermarkten ihre Getränke in einem überschaubaren Umkreis der Brunnenbetriebe und können deshalb mit geringeren Transportkosten kalkulieren. Aus ökologischer Sicht ein durchaus wünschenswerter Effekt also.

    Also suchen Transportspezialisten wie Wolf-Rüdiger Bischoff von der Dinkelacker-Schwabenbräu-Logisitk nach Möglichkeiten, die Ausgaben für die Maut zu senken. Denn die muss ja nur für Autobahnen bezahlt werden.

    Da, wo wir lange Strecken haben, werden wir natürlich auch aus Kostengründen über die Autobahn weiterhin fahren, weil es da einfach schneller geht, als wenn wir über Land fahren. Aber da, wo es vermeidbar ist, werden wir auf Bundes- oder Landstraßen ausweichen.

    Die Folge: Auf vielen Ausweichstrecken könnte es gefährlich eng werden und die Pläne, die Maut auch auf Bundesfernstraßen zu erheben, sie liegen bereits im Verkehrsministerium. Das wäre dann nur logisch, meint der Verkehrswissenschaftler Werner Rothengatter von der Universität Karlsruhe. Er plädiert außerdem dafür, dass nicht erst LKW ab 12 Tonnen mautpflichtig sind, sondern auch Kleinlaster. Denn derzeit tüfteln viele Spediteure an Konzepten, wie sie Touren mit schweren Brummis durch den Einsatz von kleineren Fahrzeugen ersetzen können:

    Denn es wird ja mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht bei der Maut für den schweren LKW bleiben. Es wird nach gewisser Zeit so sein, dass auch der leichte LKW mit einbezogen werden muss - und da ist der Übergang zum PKW sehr fließend. Das heißt: Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden wir in eine gesamte Bemautung der Autobahnen übergehen. Und dann können sich die Autobahnen auch selbst aus den Gebühreneinnahmen refinanzieren. Das ist der Übergang in eine neue Finanzierungsform der Straßen.

    Möglicherweise ist die LKW-Maut ein Einstieg in eine Maut für alle Fahrzeuge, PKW eingeschlossen. Erst beim jüngsten Landesparteitag der CDU Baden-Württembergs vor einer Woche hat Günther Oettinger, der designierte Nachfolger von Ministerpräsident Teufel, eine PKW-Maut zur Diskussion gestellt. Allerdings kann er sich eine PKW-Maut nur dann vorstellen, wenn die Mittel in den Straßenbau fließen und Erfahrungen mit der LKW-Maut vorliegen.

    Gelder für den Straßenbau locker zu machen - das allein kann der Sinn einer umweltverträglichen Verkehrspolitik nicht sein. Der Verkehrswissenschaftler Werner Rothengatter verknüpft mit der LKW-Maut auch die Hoffnung, dass die Fuhrunternehmen ihre LKW-Flotten noch wirtschaftlicher einsetzen. Das kann nach seiner Auffassung der Umwelt durchaus zugute kommen.

    Bis jetzt sind ja die Lohnkosten der beherrschende Kostenfaktor im LKW-Gewerbe. Sobald die Maut kommt, wird das anders sein. Da wird die Straßenbenutzung ein Kosten dominierender Faktor sein. Und darauf werden sich die Unternehmen einstellen. Sie werden versuchen, mit weniger Fahrleistung die gleichen Transporte durchzuführen. Das heißt: es wird Bündelungseffekte geben. Die Auslastungsgrade werden sich verbessern. Und die Unternehmen werden versuchen, so wenig Fahrzeuge wie möglich einzusetzen. Das sehen wir in der Schweiz, wo wir ungefähr zehn Prozent weniger schweren LKW-Verkehr jetzt auf den Straßen haben, aber eine wesentlich bessere Auslastung dieser LKW, also eine bessere Beladung im Durchschnitt.

    Beispiel Schweiz, wo die Zuständigkeiten für die LKW-Maut bei der Eidgenössischen Zollverwaltung zusammenlaufen. Hans Häusler leitet die Abteilung für die "leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe", die LSVA. Sie wurde 1997 beschlossen und 2001 eingeführt. Im Unterschied zu Deutschland ist sie nicht auf Autobahnen beschränkt, sondern gilt für alle Straßen. Im Unterschied zu Deutschland sind in der Schweiz Fahrzeuge nicht erst ab 12 Tonnen Gesamtgewicht mautpflichtig, sondern schon ab 3,5 Tonnen. Zur Kasse gebeten werden also auch die gefürchteten Kleinlaster, die mit Höchstgeschwindigkeit über die Autobahnen brettern. Schließlich hat die Schweizer Politik die Abwicklung der LKW-Maut - anders als in Deutschland - nicht an ein privatwirtschaftliches Konsortium mit eigenen wirtschaftlichen Interessen abgegeben. Zuständig blieb eine staatlichen Einrichtung, eben die Zollverwaltung in Bern, wo auch Hans Häusler sei Büro hat:

    Es sind so Unternehmen, kleinere, die früher vielleicht eben noch so Fuhren machen konnten irgendwo innerhalb der Schweiz mit zwei, drei Paletten, das rechnet sich heute nicht mehr, also ganz eindeutig nicht. Also große Firmen, mittlere, die eben auch neben dem Transport auch noch Umschlag, Lagerung usw. anbieten können, die haben sicher profitiert von der Einführung der LSVA; andere, die eben früher schlecht ausgelastet herumgefahren sind, die mussten aufgeben. Man hat auch festgestellt, dass eben für kleinere Transporte und kleinere Gewichte plötzlich auch kleinere Lastwagen gefahren sind, also nicht Lieferwagen, aber eben zum Beispiel ein Zwölftonner und nicht immer unbedingt der Größte mit der größten Führerkabine. Also ich würde sagen: ökologisch, von der Verschmutzung her, hatte das doch einen wesentlichen Einfluss. Oder .

    Oensingen, eine kleine Schweizer Gemeinde. Geschickt gelegen im Dreieck, das die Städte Zürich, Basel und Bern bilden. Der Bahnhof ziemlich provinziell. Direkt neben den Bahnsteigen ein Stück Strasse mit eingelassenen Gleisen. Ein LKW ist vorgefahren und verlädt mit bordeigenem Ladegeschirr einen Container, den er huckepack mitgebracht hat, auf einen der bereit stehenden Eisenbahnwaggons. Auf dem knallroten Container das leuchtend gelbe "M" für McDonalds. Der LKW pendelt zwischen dem Oensinger Bahnhof und einer nahen Fabrikhalle des Logistikunternehmens HLS, das für die Fast-Food-Kette arbeitet. Im Nachtsprung erreichen die mit Burgern, Salatportionen und all den anderen McDonalds-Spezialitäten beladenen Container die Knotenpunkte der Alpenrepublik und werden von dort auf der Straße den Fastfood-Restaurants zugestellt.

    Seit den ersten Überlegungen zur Einführung der Schweizer Maut, der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe, kurz LSVA, haben sich die Gewichte etwas zu Gunsten der Bahn verschoben. McDonalds sei nur ein Beispiel, sagt Manfred Steinlechner von der Spedition HLS:

    Wir haben begonnen 1997 mit den ersten Bahntransporten aufgrund des Wunsches unseres Kunden McDonalds, die ökologischen Gesichtspunkte der Bahn auszunutzen. Mit der Einführung der "leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe" wurde die Konkurrenzfähigkeit der Bahn etwa gleich zur Straße gestellt. Es rechnete sich noch nicht ganz, aber wenn man dann den Ökologiefaktor noch dazu nahm, musste man sagen, war man eins zu eins mit der Straße.

    Nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland könnte die Maut bei findigen und umweltbewussten Transporteuren das Umsteigen auf die Bahn erleichtern.

    Vielleicht kann die Maut auch einen kühlen Rechner wie Wolf-Rüdiger Bischoff, den Chef der Stuttgarter Firma DSL, davon überzeugen, dass man Bier nicht nur auf der Straße transportieren kann, sondern auch mit der Bahn.

    Über den Einsatz der Bahn haben wir auch schon seit Jahren nachgedacht, insbesondere natürlich bei weiten Strecken. Der scheiterte bisher in der Regel immer daran, dass der Zeitbedarf zu hoch war zum einen und die Kosten deutlich höher waren. Die Kosten werden sicherlich jetzt über die Straße sich der Bahn annähern. Nichts desto trotz hat die Bahn aus meiner Sicht immer noch Nachteile. Aber wir werden es rechnen wieder. Ich könnte mir durchaus vorstellen, wenn wir so nach Nordrhein-Westfalen fahren, oder insbesondere nach Norden oder auch über die Alpen natürlich, dass da die Bahn ein interessanter Faktor sein wird.

    Eine Perspektive, immerhin. Ob sie sich mit der LKW-Maut leichter verwirklichen lässt, wird sich zeigen. Nach einer ziemlich blamablen Vorgeschichte startet Deutschland am 1. Januar in das Zeitalter der Maut.