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"Hier und da gibt es dann auch Zusatzinformationen"

Sinnvolle Zusatzinformation oder Schnüffelei hinter dem Rücken des Bewerbers? In England oder den USA ist es längst gang und gäbe, den früheren Arbeitgeber anzurufen. In Deutschland ist man sich über den Nutzen sogenannter Referenzgespräche noch uneins.

Arnulf Weuster im Gespräch mit Ulrike Burgwinkel | 09.08.2010
    Ulrike Burgwinkel: Bewerbungen muss man richtig lesen können. Floskeln, Ungenauigkeiten oder auch so kleine Schönfärbereien, also nicht alles, was dort schwarz auf weiß geschrieben steht, kann man getrost glauben. Manchmal zumindest. Zur Verifikation bieten sich Referenzgespräche an mit ehemaligen Arbeitgebern des potenziellen Mitarbeiters. Professor Arnulf Weuster kümmert sich als Autor und als Lehrender an der Fachhochschule Offenburg um Personalwirtschaft. Guten Tag, Herr Weuster!

    Arnulf Weuster: Guten Tag, Frau Burgwinkel!

    Burgwinkel: Herr Weuster, welche Rolle spielen denn Referenzgespräche bei der Personalauswahl heute?

    Weuster: Ja, sie haben schon eine gewisse Bedeutung. Nicht die Bedeutung wie im angelsächsischen Bereich, da es in Deutschland Arbeitszeugnisse gibt, wo man ja auch schon Urteile früherer Arbeitgeber nachlesen kann, aber immerhin, sie spielen auch in Deutschland eine Rolle, insbesondere im Mittel- und im Topmanagement.

    Burgwinkel: Und welche Informationen erhofft man sich von solchen Referenzgesprächen jetzt erst mal vonseiten des potenziellen Arbeitgebers?

    Weuster: Also, ich darf mal sagen, dass es weithin üblich ist, nur Referenzen für die Finalisten der Auswahl, also für den letzten Kandidaten oder die Kandidatin oder für die letzten zwei einzuholen. Die Referenzeinholung hat häufig eine absichernde Funktion, also man möchte die eigenen Eindrücke noch mal bestätigt bekommen. Hier und da gibt es dann auch Zusatzinformationen.

    Burgwinkel: Und was bedeutet so was für den Bewerber selbst?

    Weuster: Manche Bewerber neigen dazu, die Referenzeinholung so als eine Schnüffelei hinter ihrem Rücken anzusehen. Man muss aber sehen, dass die Referenz durchaus auch helfen kann. Die Entscheidungsträger, die Arbeitgeber, die Führungskräfte, die einen neuen Mitarbeiter einstellen wollen, sind ja manchmal halt unsicher. Wenn dann aber ein Eindruck bestätigt wird, ist man dann auch zur Einstellung bereit. Also noch mal: Es kann durchaus auch im Sinne eines Bewerbers sein, wenn er mit Referenzen für sich werben kann.

    Burgwinkel: Sind denn solche Referenzgespräche in erster Linie sagen wir mal jetzt informell und laufen auf interner Ebene ab?

    Weuster: Diese Gespräche laufen ja meistens telefonisch ab. In der Regel kennen sich die beiden Gesprächspartner auch nicht persönlich. Ein üblicher Weg übrigens, den Referenzgeber zu ermitteln aus der Sicht des suchenden Arbeitgebers, besteht ja darin, dass man die Bewerber bittet, Referenzpersonen zu benennen. Und die ruft man dann ab. Und das ist in der Regel ein Telefongespräch.

    Burgwinkel: Ist es eigentlich sinnvoll, externe Berater damit zu beauftragen?

    Weuster: Es ist soweit ich das einschätzen kann nicht üblich, wenn ein Unternehmen den Auswahlprozess insgesamt selbst geführt hat, dann nur diese Auskunftseinholung an externe Stellen zu geben. Aber viele Unternehmen arbeiten ja auch bei der Besetzung von Managementstellen mit Personalberatungen zusammen und dann ist es eine typische Aufgabe natürlich auch des Personalberaters, diese Referenzeinholung zu machen.

    Burgwinkel: Haben Sie auch Erfahrung damit – ja, ich denke doch, das macht mittlerweile eigentlich jeder, der mit Personal zu tun hat –, dass man einfach mal den Namen desjenigen googelt, der sich da beworben hat?

    Weuster: Ja, soweit ich das verfolgen kann, selbst in der Wissenschaft beschäftigt man sich mittlerweile damit. Also, es scheint insbesondere auch in Großunternehmen - ich nenne jetzt mal eine Daumenzahl -, knapp die Hälfte der Unternehmen hat angegeben, dass sie das macht. Also, von daher gibt es in letzter Zeit auch die Empfehlung, dass man in den üblichen Datenbanken - Facebook, Xing und was es da so gibt - na ja, also darauf achtet, was über einen selbst da drin steht.

    Burgwinkel: Ja, oder eine Agentur beauftragt, die dann das Ganze wieder löschen muss, was man leichtsinnigerweise reingestellt hat.

    Weuster: Richtig, also die normalen technischen Angaben, die man über sich machen kann, das ist ja kein Problem. Aber irgendwelche verfänglichen Fotos oder was auch immer, das sollte man, wenn es ums Bewerben geht, doch löschen.

    Burgwinkel: Wir sprachen über Bewerbungen und Referenzgespräche. Professor Arnulf Weuster, ich danke Ihnen für das Gespräch!

    Weuster: Vielen Dank!

    Burgwinkel: Wer sich weiterhin mit Kriterien der Personalauswahl beschäftigen möchte: "Personalauswahl", so heißt ganz einfach das Buch von Arnulf Weuster und es ist im Gabler Verlag erschienen.