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Hilary Mantel: "Spiegel und Licht"
Die Pranke des Löwen trifft den Fuchs

Thomas Cromwell war der Sohn eines Hufschmieds und wurde zum zweitmächtigsten Mann im England seiner Zeit. Hilary Mantel hat Cromwell, der zur rechten Hand Heinrichs VIII wurde und auf dem Schafott endete, eine Romantrilogie gewidmet, die sie nun furios abgeschlossen hat.

Von Julia Schröder | 03.05.2020
Buchcover: Hilary Mantel: "Spiegel und Licht“ / "Wölfe" und "Falken"
Nach "Wölfe" und "Falken" erscheint Hilary Mantels dritter Cromwell-Roman: "Spiegel und Licht" (Buchcover: DuMont Verlag, Hintergrund: Gerda Bergs)
Was für ein Aufstieg: Vor fünfhundert Jahren brachte der Sohn eines trunksüchtigen, gewalttätigen Hufschmieds es gegen jede Wahrscheinlichkeit zum "Spindoctor" Heinrichs VIII. und zum zweitmächtigsten Mann in England. Thomas Cromwell war Lordsiegelbewahrer mit absoluter Vollmacht in den weltlichen Angelegenheiten und Vicegerent, also Stellvertreter des Herrschers in Fragen der Kirchenreform. Das bedeutete nicht zuletzt, Klöster aufzulösen und deren reiche Besitztümer für den König und seine Getreuen einzukassieren. Zu Beginn des dritten Bandes der Cromwell-Trilogie von Hilary Mantel, "Spiegel und Licht", scheint er auf dem Höhepunkt seiner Macht. Aber er steigt noch höher auf. Bis er schließlich fällt. Ende Juli 1540 besteigt Thomas Cromwell das Schafott.
"Er senkt den Körper, um zu sterben. Er denkt, andere können es, also kann ich es auch. (…) Aus dem Augenwinkel sieht er eine Bewegung: wie sich die Zuschauer hinknien und den Blick abwenden. Sein Mund ist trocken, aber er denkt, solange ich atme, bete ich. 'Meine ganze Zuversicht, meine Hoffnung und mein Vertrauen ruhen in Deiner gnadenreichen Güte …' Er spürt etwas über sich am Himmel. Ein Schatten überdeckt seinen Blick. Sein Vater Walter ist da, seine Stimme in der Luft. (…) 'Und jetzt steh auf, steh auf!'"
Sympathie mit dem Strippenzieher des Königs
Und dann spürt Thomas Cromwell das Beil des Henkers. Die Szene ist herzzerreißend - obwohl die Leser von Hilary Mantels Cromwell-Romanen zuvor mehr als 2000 Seiten lang Zeugen wurden, wie Cromwell selbst Männer und Frauen dem Beil, dem Schwert oder dem Strick des Scharfrichters überantwortet hatte.
All das verschweigt Hilary Mantel nicht. Dennoch weckt ihr Thomas Cromwell Sympathie, Bewunderung und Anteilnahme.
Wie kann das sein?
Zunächst einmal ist ihre Sicht auf die historische Figur Cromwell durchaus unorthodox. Sie zeichnet ihn als einfallsreichen Selfmade-Mann und rundum gebildeten Renaissancemenschen. Ihr Cromwell ist ein polyglotter Kosmopolit, einst Schmied, Koch, Söldner für die Franzosen und Agent in Italien, Tuchhändler in Antwerpen, Anwalt in London, der sich nach dem Tod seines Förderers, des einflussreichen Kardinal Wolsey, mit allem, was er hat und kann (und das ist viel), in den Dienst seines Herrschers stellt. Weil er glaubt, Heinrich VIII. – Henry - könnte ein guter Regent werden und das Land aufbauen nach den Schrecken der Rosenkriege. Denn ein geborener Aufsteiger kann ja gar nicht anders, als nach oben streben - obwohl das Wissen um die Gefahr, die mit der Nähe zur Macht einhergeht, Cromwell nie verlässt.
In den ersten beiden Bänden, auf Deutsch erschienen 2010 und 2013, ist Thomas Cromwell auch zu einer Art Freund des Königs geworden. Wenn Könige Freunde hätten. Henry hat eher so etwas wie nützliche Spielgefährten auf Zeit.
"Er denkt, das erste Mal, da ich Henry begegnete, waren wir wie Fuchs und Löwe. Sein Anblick ließ mich erzittern. Beim zweiten Mal schlich ich etwas näher und betrachtete ihn genauer. Und was sah ich? Ich sah seine Einsamkeit. Und wie der Fuchs trat ich zum Löwen, sprach mit ihm und sah nicht zurück."
Bestechung, Bespitzelung, Erpressung – alles für den guten Zweck
Szenen wie diese entsprechen so gar nicht dem Bild, das die Nachwelt sich von Thomas Cromwell gemacht hat. Ihr gilt er gemeinhin als mörderischer Gegenspieler des hingerichteten Humanisten Thomas Morus und als sinistrer Strippenzieher, der seinem König half, dessen erste beide Ehefrauen loszuwerden, als sie lästig fielen, weil sie ihm keinen männlichen Nachkommen gebären konnten. Bei der ersten, Katharina von Aragon, bewirkte eine ausdauernde Pendeldiplomatie mit dem Machtdreieck zwischen Kaiser, Papst und französischem König die Annullierung der Ehe. Die zweite Ehe - mit Anne Boleyn – wurde 1536 vom Schwert des Henkers beendet. In beiden Fällen war es Thomas Cromwell, der das fast Unmögliche erreichte – weil der König es so wollte.
Auch im dritten Band der Trilogie geht Cromwell skrupellos gegen alles vor, was Henrys dynastisch, politisch, ökonomisch und militärisch prekäre Macht gefährden könnte: Aufständische, Ketzer, Konkurrenten mit älteren Ansprüchen auf den Thron, fremde Mächte und die kleinen Tricks von Hofdamen und Prinzessinnen. Seine Mittel sind juristische Winkelzüge, ausgefeilte Verhörmethoden, geschickte Kontaktpflege, ein Netz von Hilfskräften, Bestechung, Bespitzelung, Erpressung – und unendlicher Fleiß. Bei all dem lässt Hilary Mantel eins nicht vergessen: dass es Cromwell tatsächlich darum geht, den christlichen Glauben zu erneuern, die Kirche zu reformieren, den Einfluss des römischen Papsttums zurückzudrängen und den Engländern eine Bibel in ihrer Sprache zu verschaffen:
"Auch nach Henrys Tod, denkt er, ist unser Werk gesichert. Nach einer Generation wird selbst der Name des Papstes aus dem Gedächtnis gelöscht sein, und niemand wird glauben, dass wir uns vor Holzstücken verbeugt und Gips angebetet haben. Die Engländer werden Gott im hellen Tageslicht sehen und nicht in einer Weihrauchwolke."
Bekanntlich kam es anders, aber das kann Cromwell im Roman nicht vorhersehen. Ebenso wenig wie seine Erhebung in den Adelsstand und seinen bald folgenden tiefen Sturz, der ihn 1540 den Kopf kostet, wie so viele seiner Zeitgenossen davor und danach. Und der Leser dieser Romane sieht es auch nicht vorher, obwohl er das Ende vom Lied ja kennt. Er bangt mit Cromwell und hofft, es möge vielleicht doch gut für ihn ausgehen – wider besseres Wissen.
Erzählen auf Augenhöhe mit dem Protagonisten
Hilary Mantel erreicht dies mittels zweier vergleichsweise einfacher, in ihrer Wirkung aber verblüffender Techniken, die tatsächlich über ein Werk von insgesamt nicht weniger als 2300 Seiten tragen. Erstens verwendet sie konsequent das Präsens, abgesehen von Rückblenden. Zweitens erzählt sie alles, wirklich alles aus Cromwells Perspektive, von den ersten Sätzen des ersten Bandes an:
"'Und jetzt steh auf.' Niedergestreckt, benommen, stumm; er ist gefallen, der Länge nach hingeschlagen auf die Kopfsteine des Hofes. (…) Ein einziger gut platzierter Schlag könnte ihn jetzt töten. Blut aus der Wunde an seinem Kopf rinnt ihm über das Gesicht – Ergebnis der ersten Anstrengung seines Vaters. (…) Wenn er zur Seite blinzelt, erkennt er mit dem rechten Auge, dass sich die Naht am Stiefel seines Vaters auflöst und ein harter Knoten darin hat seine Augenbraue erwischt, die dadurch aufgeplatzt ist. ‚Und jetzt steh auf!‘ Walter brüllt ihn von oben herab an und überlegt sich, wohin er als nächstes treten kann."
Was da von allem Anfang an sichtbar wird, ist der Kern von Hilary Mantels literarischem Verfahren. Die Autorin hat schon oft erzählt, wie es dazu kam:
"Ich hatte keine Ahnung, wie das Buch anfangen sollte, bis ich eines Morgens aufwachte und diese Worte in meinem Kopf waren: 'Und jetzt steh auf!' Und da wusste ich, das sind die ersten Worte, die Thomas hört. Es sind zugleich die letzten Worte, die er hört, aber als er stirbt, hat er die Stimme seines Vaters in seinem Kopf."
Sie habe, sagt Mantel, die Stiefelnaht des Vaters vor Augen gehabt – eine folgenreiche Wahrnehmung, prägend für das ganze Projekt:
"Als ich das gesehen hatte, musste ich mich natürlich fragen, wo bin ich? Die Antwort ist: Ich bin hinter seinen Augen. Und wann geschieht das alles? Nun, es geschieht jetzt."
Wie viel Nähe ist möglich, wie viel Distanz nötig?
Die Nähe zum eigenen Protagonisten zieht fast zwangsläufig die Entscheidung für eine gewisse Parteilichkeit nach sich. Das unterscheidet Mantels Schreiben, so sehr es sich auf historische Zeugnisse stützt, von dem eines Historikers. Bei ihrem Versuch, Cromwell als prägende Figur seines Zeitalters sichtbar zu machen, bezieht sie sich zwar auf den Tudor-Experten Geoffrey Elton und seine These vom verdienstvollen Modernisierer Cromwell. Aber Mantel macht es so, dass wir Leser das Gefühl haben, im Roman nicht etwas 'über' diesen Mann zu erfahren, sondern immer gleichzeitig 'mit' ihm. Sie bringt ihn uns nahe – ohne den "garstigen, breiten Graben der Geschichte", von dem Lessing sprach, zu überdecken.
Im Fall von Thomas Cromwell ist dieser Graben fünfhundert Jahre breit. Können Menschen des 21. Jahrhundert sich überhaupt in einen Zeitgenossen von Renaissance, Reformation und absoluter Monarchie hineinversetzen? Mantel gibt die Antwort in diesen Romanen. Die Ideen und Axiome der Zeit und der unhinterfragte Glaube daran mögen heutigen Lesern und Leserinnen fremd scheinen, die Bedürfnisse ihrer Vorfahren sind es nicht. Sie glauben an das Fegefeuer, Amulette, Reliquien, Geister und an das Gottesgnadentum, sie laufen zusammen, um Ketzerinnen brennen und Verräter erhängt und ausgeweidet zu sehen. Aber sie wollen eben auch ein sicheres Leben für ihre Kinder, sie fühlen sich einsam oder geborgen, sie haben ihre Eitelkeiten und sie wollen geliebt werden, glaubt Hilary Mantel:
"Wenn man diese Dinge entdeckt, wirken sie gar nicht mehr so fremd. Aber man darf nicht vergessen: sie sind nicht wie wir. Viele Autoren historischer Romane versuchen, das glattzubügeln. Ich glaube, das ist ganz verkehrt. Wir sollten es aufrauen! Schließlich wird es bei den Unterschieden erst interessant."
Dass Mantel mit der Form ihrer Romane andauernde Gegenwärtigkeit und größtmögliche Nähe herstellt, steht dazu nicht im Widerspruch. Lesend gehen wir auf Cromwells Beinen, mit seinen Augen, seiner Nase, seinen Ohren und Händen durch seine Welt und sein Leben, seine Träume und Triumphe, Skrupel, Ängste und Erinnerungen - bis sein Herz zu schlagen aufhört. Und gerade dadurch wird die Differenz zwischen dem Damals und dem Heute offensichtlich, der Unterschied in der Art, auf sich selbst, auf seine Taten und aufs eigene Ende zu schauen.
"Um neun Uhr abends am siebenundzwanzigsten Juli kniet er nieder und betet. Er hatte sich gefragt, wie man seine Toten erkennt, wenn man selbst vor seinen Richter tritt. Und während er seine letzte Nacht durchwacht, erkennt er, wie man sie sieht und wie sie leuchten. Sie sind in einen Funken destilliert, einen Moment. Da ist Luft zwischen ihren Rippen, durch ihr Fleisch bricht Licht, und ihre Knochen sind mit Gottes Gnade verschmolzen."
Vom mächtigen Aufsteiger zum tragischen Helden
Augenblicke wie dieser, in denen die Realität durchscheinend wird und das Jenseits herumgeistert, sind in "Spiegel und Licht" häufiger als in den ersten beiden Teilen. In "Wölfe" wie in "Falken" hatte Hilary Mantel einen Mann im scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg gezeigt, in "Spiegel und Licht" wird er zum tragischen Helden, der sieht und zugleich nicht sieht. Zwar füllen seine überraschende Verhaftung, der anschließende Prozess, die Haft im Tower und die Hinrichtung nur die letzten hundert Seiten des Romans. Aber von den ersten Seiten an, als Anne Boleyns Blut vom Schafott gewischt, ihr Leichnam von verhüllten Frauen fortgebracht wird, mehren sich die Vorzeichen.
Immer waren in diesen Romanen die Interieurs von Schlössern und Stadtpalästen, die Stoffe, Schnitte und Farben der Kleider mindestens so vielsagend wie der Inhalt von Briefen und Dekreten. Jetzt werden die edelsteinbesetzten Roben aus Samt und Seide, eben noch Verstärker von Macht und Ambition, nach Wiederverwendbarkeit taxiert. Heraldische Stickereien offenbaren Kabale, Freundschaftsringe und Bekundungen der Huld verlieren ihre Bedeutung. Selbst Henrys Flirts wirken nurmehr wie gespenstische Schatten der vergangenen Jugend. Alles schmeckt nach Abschied, lang bevor er auf der Tagesordnung steht. Entsprechend mehren sich die Momente der Introspektion, der Selbstprüfung – worauf es nicht zuletzt zurückzuführen ist, dass dieser dritte Teil, obwohl er nur vier Jahre umfasst, annähernd so umfangreich ist wie die beiden ersten zusammen.
"Sieh nicht zurück, hat er dem König gesagt. Dabei ist er so schuldig wie jeder andere, schuldig, Rückschau zu halten, wenn das Licht verblasst: in den Stunden, winters wie sommers, bevor sie die Kerzen bringen, wenn Himmel und Erde verschmelzen, sich das aufgeregte Herz des Vogels im Geäst des Baumes beruhigt und langsamer wird, (…) die Farbe in der dunkelnden Luft aus Ärmel und Kleid weicht, die Seiten verdüstern und die Buchstaben sich zu neuen Formen verbinden, sodass die alte Geschichte beim Umblättern aus dem Blick gerät und ein seltsamer, glatter Tintenstrom zu fließen beginnt. Und du siehst zurück in deine Vergangenheit und fragst: Ist das meine Geschichte, mein Land? Diese dahingeisternde Gestalt, bin das ich, dieser Umriss, der da über Wege und Pfade eilt? (…) Träume ich mich, widerrufe ich mich, vergesse ich zu schnell? (…) Selbst noch, als ich in Schlaf falle, tappst meine Vergangenheit hinter mir her, Pfoten auf Steinfliesen, tipp-tapp."
Der Geist der Autorin spukt der Erzählmaschine
Es ist ja nicht so, als verbiete der historische Roman es per se, dass sein Autor, seine Autorin gelegentlich selbst als Schemen erscheint, den eigenen Geist in die Erzählmaschine schickt. Hilary Mantel gestattet sich in "Spiegel und Licht" einige solche Momente, mit der gebotenen Dezenz. Aber sie vergisst nie, was sie als die Verantwortung der Romanautorin gegenüber der Geschichte definiert:
"Die historischen Aufzeichnungen sind immer viel besser als alles, was man erfinden könnte. Ich mogle nicht, ich schiebe die Geschichte nicht herum, um einen besseren Plot herauszubekommen. Aber natürlich führen Dokumente nur bis an einen bestimmten Punkt (…) und dann fangen die Lücken und die weißen Stellen an. Das ist frustrierend und sehr ärgerlich für den Historiker – aber eine Herausforderung und eine Gelegenheit für mich."
An historischem Material herrscht kein Mangel. Zwar liegt Thomas Cromwells Jugend weitgehend im Dunkel, aber das Jahrzehnt seiner Tätigkeit für den König ist überreich dokumentiert. Und gerade in den letzten vier Lebensjahren bekommt Cromwells Fleiß etwas Rastloses. Überall im Land flackern Aufstände der Bauern, angeführt von Rom-treuen Priestern. Schottland im Norden und Frankreich im Süden des Königreichs lauern auf einen Augenblick der Schwäche. Cromwell möchte einen Bund mit den deutschen Fürsten schließen, die der Reformation anhängen und sich von Kaiser und Papst losgesagt haben, aber der König zaudert.
Nachdem Henrys dritte Frau Jane Seymour im Kindbett gestorben ist, wendet sich alles gegen den Strippenzieher Cromwell. Henry fühlt sich alt, dick und krank, alles zu Recht. Der königliche Appetit auf Frauen, einst eine zusätzliche Komplikation beim Versuch, eine geostrategisch gewichtige und zugleich gebärfreudige Gattin für ihn zu gewinnen, bricht nur allzu leicht in sich zusammen. Als Cromwell Anna von Kleve als Braut herbeischafft, gefällt sie Henry nicht. Gerüchte werden geschürt, Cromwell in seiner Hybris wolle des Königs eigene Tochter aus der annullierten ersten Ehe heiraten, die junge Lady Mary, und strebe selbst auf den Thron. Seine Feinde aus den adeligen Familien rotten sich mit alten Konkurrenten und untreuen Parteigängern zusammen. Ein Verratsvorwurf ist ebenso schnell konstruiert wie tödlich … Als es nur noch darum geht, den König um Gnade zu bitten, macht Cromwell sich keine Illusionen:
"Er hat nach den Gesetzen gelebt, die er gemacht hat, und muss nun zufrieden damit sein, nach ihnen zu sterben. (…) Es scheint in dieser Welt keine Gnade zu geben, nur eine Art willkürlicher Gerechtigkeit: Männer bezahlen für Verbrechen, aber nicht notwendigerweise für die eigenen."
Wenn der Roman die Toten zum Leben erweckt
Der englische Löwe versetzt dem Fuchs am Ende den tödlichen Prankenhieb. So geht ein brillanter Staatsmann in den Orkus und mit ihm ein Zeitalter, das golden hätte werden können. So schließt aber auch ein großes Werk, dessen Schöpferin die literarische Potenz des vielstrapazierten historischen Genres glanzvoll vorführt. Und sie weiß, zu welchem Ende für ihren Helden Thomas Cromwell:
"Er ist jetzt lebendiger in der Geschichte und in der Fantasie der Menschen als je zuvor seit 1540, wage ich zu behaupten. (…) Er war viele Jahre in einem Moder von Missverständnis und Vergessen versunken. Jetzt habe ich das Gefühl, eine Auferstehung finde statt."
Die Toten zu neuem Leben erwecken: Das ist ein denkbar großer Anspruch. Aber der Roman kann das. Jedenfalls können es die Cromwell-Romane von Hilary Mantel.
Hilary Mantel: "Spiegel und Licht"
Teil 3 der Trilogie
aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence
DuMont Verlag, Köln. 1104 Seiten, 32 Euro.
Hilary Mantel: "Wölfe", Teil 1
übersetzt von Christiane Trabant
DuMont Verlag, Köln. 767 Seiten.
Hilary Mantel: "Falken", Teil 2
übersetzt von Werner Löcher-Lawrence
DuMont Verlag, Köln. 480 Seiten.