Simon: Fast 70.000 Tote, zehn Tausende Flüchtlinge und Emigranten, das war die Bilanz von 20 Jahren Bürgerkrieg in Sri Lanka. 2002 dann einigten sich die Regierung in Colombo und die tamilischen Rebellen auf einen Waffenstillstand, aber mit der zunehmenden Normalisierung scheint es nun vorbei zu sein. Seit Beginn des Jahres sind 700 Menschen bei Anschlägen auf Sri Lanka umgebracht worden. Die Regierung beschuldigt die Rebellen, für die Gewalt verantwortlich zu sein. Die Gewalt trifft wie immer vor allem zivile Opfer und immer mehr Kinder. Darauf machte gestern auch eine Sondergesandte der Vereinten Nationen in Sri Lanka aufmerksam. Sie klagte Regierung und Rebellen an, beide würden Verbrechen an Kindern begehen.
Ruben Wedel arbeitet für die Organisation Kindernothilfe in Sri Lanka. Er ist derzeit in Deutschland und jetzt bei mir im Studio. Guten Morgen!
Wedel: Guten Morgen!
Simon: Herr Wedel, was droht den Kindern im Konflikt in Sri Lanka, da wo Sie es erleben?
Wedel: Kinder sind natürlich immer sehr angreifbar und das macht sich halt auch bemerkbar in so einer Konfliktsituation in Sri Lanka. Kinder sind immer zwischen den Fronten. Das heißt, wenn es Angriffe gibt, wenn es Anschläge gibt, geraten Kinder und natürlich auch zivile Opfer immer in die Schusslinie.
Simon: Wie gefährdet sind denn Kinder durch Überfälle? Kindersoldaten haben ja leider in Sri Lanka eine lange Tradition.
Wedel: Ja. Durch Überfälle ist natürlich die Gefahr, dass die Kinder dann zur falschen Zeit am falschen Ort sind. Es geht mehr die Gefahr davon aus, dass Kinder entführt werden und zu Kindersoldaten ausgebildet werden.
Simon: Erleben Sie das dort wo Sie tätig sind, im Osten der Insel?
Wedel: Ja. Ich bin im Osten stationiert und das ist leider zur Tagesordnung geworden. Das läuft dann meistens so ab, dass die Kinder nach der Schule abgefangen werden, und zwar fahren dann kleine Busse vor und schnappen sich die Kinder einfach nach der Schule. Auf dem Weg von der Schule nach Hause, das ist die gefährlichste Zeit für Kinder.
Simon: Wenn Eltern zu Ihnen kommen und ihr Kind fehlt, gibt es irgendetwas, was die Eltern oder was Sie tun können?
Wedel: Ja. Es gibt natürlich den Weg, die Regierung oder die Polizei davon zu benachrichtigen, was nicht sehr effektiv ist. Wir als Kindernothilfe unterstützen an die 6000 Kinder in Sri Lanka in Form von Heimen, die wir haben, Day-Care-Center und Ausbildungsstätten. In diesen Ausbildungsstätten kriegen die Kinder zu Essen, werden medizinisch versorgt und bekommen halt meistens auch eine handwerkliche Ausbildung. In diesen Zentren hat sich bis jetzt seit 30 Jahren noch keiner getraut, ein einziges Kind zu entführen. Das ist das, was man machen kann!
Simon: Aber es ist natürlich keine Lösung für die Eltern, alle ihre Kinder in solche Center zu geben. Es gäbe ja auch gar nicht genug davon.
Wedel: Genau. Natürlich sind die Kinder und auch die Eltern dieser Situation einfach ausgeliefert.
Simon: Ist denn für die Eltern, ist für Sie nachvollziehbar, wer verantwortlich ist für diese Verschleppung, um aus den Kindern Kindersoldaten zu machen?
Wedel: Dazu kann ich keine Stellung beziehen, einfach aus dem Grund: ich würde sonst unsere Wiederaufbaumaßnahmen gefährden.
Simon: Das heißt aber, die Leute wissen schon, von welcher Seite es kommt, aber sie können nichts tun?
Wedel: Klar! Es wird vermutet. Es stehen verschiedene Vermutungen im Raum. Ich kann dazu aber keine Stellung beziehen.
Simon: Ist das Klima auch für Sie in Ihrer Hilfe für Kinder, die ja nun gar nichts mit dem Konflikt zu tun haben, der aktuell zwischen Regierung und Rebellen ausgefochten wird, schwieriger geworden, die Arbeit mühsamer?
Wedel: Die Arbeit ist auf jeden Fall mühsamer geworden, einfach durch diesen ansteigenden Konflikt, durch tägliche Anschläge, durch seit zwei Monaten auch Luftangriffe der Armee auf Stellungen der Rebellen. Natürlich kommen Hilfslieferungen durch diesen ständigen Konflikt auch ins Stocken. Weil es unsicher ist, in manche Regionen zu gehen, kommen Hilfslieferungen dadurch schon ins Stocken.
Simon: Sie dürfen sich mit keiner Seite in diesem Konflikt anlegen. Geht das überhaupt?
Wedel: Man muss das immer wieder versuchen und es ist natürlich eine ständige Aufgabe, die Hilfslieferungen oder die Hilfe, die man eigentlich leisten will, nicht durch irgendwelche Aussagen und durch irgendwelche Aktionen zu gefährden.
Simon: Sie haben die Menschen seit einiger Zeit dort erlebt. Sie sind seit eineinhalb Jahren im Osten von Sri Lanka. Jetzt mit der Zunahme der Gewalt, dem scheinbaren Abgleiten in einen Bürgerkrieg, wie nehmen das die Menschen auf, dass dies alles anscheinend nur eine kurze Periode der Ruhe war?
Wedel: Es ist wirklich unglaublich, wie abgebrüht doch die Menschen schon sind. Die haben 20 Jahre Bürgerkrieg hinter sich und wenn ich mit den Leuten spreche sagen die, dieser Zustand, wie er jetzt ist, dass wieder Krieg herrscht, ist eigentlich normal. Diese Zwischenzeit dazwischen, diese kurze Periode des Friedens, das war eigentlich nicht normal für hier. Die sind ziemlich abgebrüht. Der Alltag geht weiter, auch wenn es Bombenangriffe gibt, wenn es Anschläge gibt. Die Leute haben sich damit abgefunden und es ist auch eine gewisse Resignation bei den Leuten zu sehen.
Simon: Das heißt von dieser Seite ist auch nicht zu erwarten, dass irgendwie die Gewalt aufhört, weil die Menschen einfach sagen, da können wir eh nichts machen, das müssen wir akzeptieren?
Wedel: In gewisser Weise schon. Daran sieht man auch die Hilflosigkeit der einzelnen Leute vor Ort, besonders im Norden und Osten, die einfach diese Situation schon so lange kennen und sich wie gesagt schon in gewisser Weise damit abgefunden haben.
Simon: Aber Ihre Hilfsorganisation, die Kindernothilfe wird weiterhin, auch wenn der Konflikt bestehen bleibt, in Sri Lanka tätig sein?
Wedel: Ja. Die Kindernothilfe ist seit 30 Jahren vor Ort und auch während der Zeiten des Bürgerkrieges und wird auch weiterhin vor Ort sein, weil es einfach die Aufgabe ist, Leid so gut es halt geht zu mindern.
Simon: Haben Sie, wenn Sie jetzt hier auf Heimaturlaub hier in Deutschland sind, den Eindruck, dass man hier überhaupt genug mitbekommt von dem Bürgerkrieg in Sri Lanka?
Wedel: Nein. Ich habe bis jetzt kaum etwas in den Medien gesehen. Es ist eine komplett andere Welt hier. In den meisten Gesprächen muss man erst mal erklären, wo Sri Lanka überhaupt liegt. Vom Konflikt wissen die wenigsten hier.
Simon: Das war Ruben Wedel. Er arbeitet für die Organisation Kindernothilfe in Sri Lanka und ist zurzeit auf Heimaturlaub in Deutschland. Vielen Dank Herr Wedel für das Gespräch!
Wedel: Danke!
Ruben Wedel arbeitet für die Organisation Kindernothilfe in Sri Lanka. Er ist derzeit in Deutschland und jetzt bei mir im Studio. Guten Morgen!
Wedel: Guten Morgen!
Simon: Herr Wedel, was droht den Kindern im Konflikt in Sri Lanka, da wo Sie es erleben?
Wedel: Kinder sind natürlich immer sehr angreifbar und das macht sich halt auch bemerkbar in so einer Konfliktsituation in Sri Lanka. Kinder sind immer zwischen den Fronten. Das heißt, wenn es Angriffe gibt, wenn es Anschläge gibt, geraten Kinder und natürlich auch zivile Opfer immer in die Schusslinie.
Simon: Wie gefährdet sind denn Kinder durch Überfälle? Kindersoldaten haben ja leider in Sri Lanka eine lange Tradition.
Wedel: Ja. Durch Überfälle ist natürlich die Gefahr, dass die Kinder dann zur falschen Zeit am falschen Ort sind. Es geht mehr die Gefahr davon aus, dass Kinder entführt werden und zu Kindersoldaten ausgebildet werden.
Simon: Erleben Sie das dort wo Sie tätig sind, im Osten der Insel?
Wedel: Ja. Ich bin im Osten stationiert und das ist leider zur Tagesordnung geworden. Das läuft dann meistens so ab, dass die Kinder nach der Schule abgefangen werden, und zwar fahren dann kleine Busse vor und schnappen sich die Kinder einfach nach der Schule. Auf dem Weg von der Schule nach Hause, das ist die gefährlichste Zeit für Kinder.
Simon: Wenn Eltern zu Ihnen kommen und ihr Kind fehlt, gibt es irgendetwas, was die Eltern oder was Sie tun können?
Wedel: Ja. Es gibt natürlich den Weg, die Regierung oder die Polizei davon zu benachrichtigen, was nicht sehr effektiv ist. Wir als Kindernothilfe unterstützen an die 6000 Kinder in Sri Lanka in Form von Heimen, die wir haben, Day-Care-Center und Ausbildungsstätten. In diesen Ausbildungsstätten kriegen die Kinder zu Essen, werden medizinisch versorgt und bekommen halt meistens auch eine handwerkliche Ausbildung. In diesen Zentren hat sich bis jetzt seit 30 Jahren noch keiner getraut, ein einziges Kind zu entführen. Das ist das, was man machen kann!
Simon: Aber es ist natürlich keine Lösung für die Eltern, alle ihre Kinder in solche Center zu geben. Es gäbe ja auch gar nicht genug davon.
Wedel: Genau. Natürlich sind die Kinder und auch die Eltern dieser Situation einfach ausgeliefert.
Simon: Ist denn für die Eltern, ist für Sie nachvollziehbar, wer verantwortlich ist für diese Verschleppung, um aus den Kindern Kindersoldaten zu machen?
Wedel: Dazu kann ich keine Stellung beziehen, einfach aus dem Grund: ich würde sonst unsere Wiederaufbaumaßnahmen gefährden.
Simon: Das heißt aber, die Leute wissen schon, von welcher Seite es kommt, aber sie können nichts tun?
Wedel: Klar! Es wird vermutet. Es stehen verschiedene Vermutungen im Raum. Ich kann dazu aber keine Stellung beziehen.
Simon: Ist das Klima auch für Sie in Ihrer Hilfe für Kinder, die ja nun gar nichts mit dem Konflikt zu tun haben, der aktuell zwischen Regierung und Rebellen ausgefochten wird, schwieriger geworden, die Arbeit mühsamer?
Wedel: Die Arbeit ist auf jeden Fall mühsamer geworden, einfach durch diesen ansteigenden Konflikt, durch tägliche Anschläge, durch seit zwei Monaten auch Luftangriffe der Armee auf Stellungen der Rebellen. Natürlich kommen Hilfslieferungen durch diesen ständigen Konflikt auch ins Stocken. Weil es unsicher ist, in manche Regionen zu gehen, kommen Hilfslieferungen dadurch schon ins Stocken.
Simon: Sie dürfen sich mit keiner Seite in diesem Konflikt anlegen. Geht das überhaupt?
Wedel: Man muss das immer wieder versuchen und es ist natürlich eine ständige Aufgabe, die Hilfslieferungen oder die Hilfe, die man eigentlich leisten will, nicht durch irgendwelche Aussagen und durch irgendwelche Aktionen zu gefährden.
Simon: Sie haben die Menschen seit einiger Zeit dort erlebt. Sie sind seit eineinhalb Jahren im Osten von Sri Lanka. Jetzt mit der Zunahme der Gewalt, dem scheinbaren Abgleiten in einen Bürgerkrieg, wie nehmen das die Menschen auf, dass dies alles anscheinend nur eine kurze Periode der Ruhe war?
Wedel: Es ist wirklich unglaublich, wie abgebrüht doch die Menschen schon sind. Die haben 20 Jahre Bürgerkrieg hinter sich und wenn ich mit den Leuten spreche sagen die, dieser Zustand, wie er jetzt ist, dass wieder Krieg herrscht, ist eigentlich normal. Diese Zwischenzeit dazwischen, diese kurze Periode des Friedens, das war eigentlich nicht normal für hier. Die sind ziemlich abgebrüht. Der Alltag geht weiter, auch wenn es Bombenangriffe gibt, wenn es Anschläge gibt. Die Leute haben sich damit abgefunden und es ist auch eine gewisse Resignation bei den Leuten zu sehen.
Simon: Das heißt von dieser Seite ist auch nicht zu erwarten, dass irgendwie die Gewalt aufhört, weil die Menschen einfach sagen, da können wir eh nichts machen, das müssen wir akzeptieren?
Wedel: In gewisser Weise schon. Daran sieht man auch die Hilflosigkeit der einzelnen Leute vor Ort, besonders im Norden und Osten, die einfach diese Situation schon so lange kennen und sich wie gesagt schon in gewisser Weise damit abgefunden haben.
Simon: Aber Ihre Hilfsorganisation, die Kindernothilfe wird weiterhin, auch wenn der Konflikt bestehen bleibt, in Sri Lanka tätig sein?
Wedel: Ja. Die Kindernothilfe ist seit 30 Jahren vor Ort und auch während der Zeiten des Bürgerkrieges und wird auch weiterhin vor Ort sein, weil es einfach die Aufgabe ist, Leid so gut es halt geht zu mindern.
Simon: Haben Sie, wenn Sie jetzt hier auf Heimaturlaub hier in Deutschland sind, den Eindruck, dass man hier überhaupt genug mitbekommt von dem Bürgerkrieg in Sri Lanka?
Wedel: Nein. Ich habe bis jetzt kaum etwas in den Medien gesehen. Es ist eine komplett andere Welt hier. In den meisten Gesprächen muss man erst mal erklären, wo Sri Lanka überhaupt liegt. Vom Konflikt wissen die wenigsten hier.
Simon: Das war Ruben Wedel. Er arbeitet für die Organisation Kindernothilfe in Sri Lanka und ist zurzeit auf Heimaturlaub in Deutschland. Vielen Dank Herr Wedel für das Gespräch!
Wedel: Danke!